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Dokumentiert: Beiträge von PDS-OL und Linkes Bündnis zum Dortmund-Pass/Sozialticket zu den Ratssitzungen am 17.03. und 19.05.05

Die Ratssitzung am 17. März verlief turbulent. Schon vor Beginn hatten sich vor dem Rathaus einige Dutzend Menschen von Sozialforum und Dortmunder Montagsdemo eingefunden, um für ein "Goldticket - Freie Fahrt zur Suppenküche" zu demonstrieren. Nachdem die Ratsfraktionen den PDS-Antrag auf Erweiterung des Dortmund-Passes um einen Nulltarif für Busse und Bahnen der Stadtwerke und ebenso einen weitergehenden Antrag des Linken Bündnisses (siehe unten) mit fadenscheinigen Ausreden abgelehnt hatten, regte sich auf der gut besetzten Tribüne heftiger Protest. Inzwischen zeitigt die Kampagne für freie Fahrt auf Dortmund-Pass erste Erfolge ... und ähnliche Initiativen laufen in mindestens sechs weiteren Ruhrgebietsstädten.

Der Kreisvorstand der Grünen hat die grüne Ratsfraktion aufgefordert, sich für ein Sozialticket für Alg-II- und Sozialhilfe-EmpfägerInnen stark zu machen. Die Fraktionen von SPD und Grünen werden nun auf der Ratssitzung am 19. Mai einen gemeinsamen Antrag für ein "Sozialticket" einbringen. Nach ihrer Ablehnung der Anträge von PDS/OL und "Linkes Bündnis Dortmund" (LiBüDo) im März (siehe unten) beantragen sie, der Rat möge die VRR bitten, ein verbilligtes Ticket an die Betroffenen auszugeben.
Das reicht noch nicht, aber es kommt Bewegung in die Sache. Ratsvertreter Wolfgang Richter (LiBüDo) hat zum Thema eine Anfrage gestellt, die der OB in der Ratssitzung am 19. Mai schriftlich beantworten wird (siehe unten) und eine Wortmeldung zur Beschlussvorlage "Sozialticket" im Rat am 19.05.05 - zu Protokoll - vorbereitet, die wir hier ebenfalls dokumentieren.



Wortbeiträge der PDS/OL-Ratsmitglieder zur Beschlussvorlage "Sozialticket" im Dortmunder Rat am 19.05.2005:

Nursel Konak:   "Ich begrüße diesen Tagesordnungspunkt Sozialticket, der eigentlich in einer anderen Form durch die PDS-OL bei der vorletzten Ratssitzung gestellt und bedauerlicherweise abgelehnt wurde. Dies war ein Fehler. Es freut mich sehr, daß der Rat den Fehler rechtzeitig gemerkt und den fast ähnlichen Antrag nochmal als Tagesordnungspunkt genommen hat. Wir können als PDS-OL dem Antrag von SPD und Grünen nur zustimmen. Es wäre schön, wenn wir in Zukunft auf solche übereinstimmende Meinungen öfter treffen."

Wolf Stammnitz:   "Wenn Sie gewollt hätten, wäre unser Antrag vor zwei Monaten durchaus so abzuändern gewesen, daß Sie ihm hätten zustimmen können. Aber wir sind nicht nachtragend. Wir bieten Ihnen sogar ausdrücklich an, es ab jetzt immer so zu machen: Die PDS-OL macht einen vernünftigen Vorschlag, Sie lehnen ihn ab, bringen ihn als eigenen Antrag wieder ein, und er wird angenommen. Wenn Sie dann noch so fair sind, dazuzusagen, wo er herkam, sind wir vollauf zufrieden - jedenfalls solange bis Herr Müntefering die anatomische Tatsache neu entdeckt, daß das menschliche Herz links schlägt, und in diesem Land auch Sozialdemokraten wieder offen aussprechen dürfen, daß die Linken mitunter ganz brauchbare Ideen haben.
Damit Ihr Antrag keine Wahlkampfrakete bleibt, erwarten wir natürlich von unseren Vertretern in der Verbandsversammlung des VRR und insbesondere von unserem Bürgermeister, Herrn Miksch, daß Sie sich für diesen Dortmunder Beschluß - damit meine ich die Kombination aus beiden Anträgen, die halte ich durchaus für möglich und sinnvoll - da wüßte ich doch sehr gerne von Ihnen, ob Sie sich dann auch aktiv dafür einsetzen wollen.
Zur Finanzierung: Jetzt schon vorab irgendwelche Preise für das Sozialticket zu nennen, Herr Miksch sprach von 25 Euro, in der Presse stand "um die 30 Euro", das halte ich für völlig aus der Luft gegriffen, solange die Verhandlungen noch gar nicht angefangen haben. Schon das stinknormale Ticket 1000/9-Uhr kostet weniger als 30 Euro, und da ginge ja zumindest der übliche Großkundenrabatt runter, den jede private Firma vom VRR kriegt, da ist noch gar nichts sozial dran. Bedenken Sie, daß im ALG-II-Regelsatz gerade mal 20,40 Euro für sämtliche Verkehrsaufwendungen vorgesehen sind, was darüber ist, müßten sich die Armen auch nach offizieller Lesart buchstäblich vom Mund absparen.
Schließlich geht es, gerade auf dem Hintergrund jetzt wieder der aktuellen Feinstaubdiskussion, auch nicht nur um Sozialpolitik, sondern auch verkehrspolitisch, umweltpolitisch ist eine allgemeine, fortlaufende Senkung der Tarife im öffentlichen Nahverkehr dringend notwendig, damit sollten wir jetzt anfangen.
Ich meine, da sind alle in der Pflicht: der VRR; die Arbeitsagentur, die ja Mobilität der Arbeitsuchenden verlangt; das Land, das ja auch andere Tickets sozial bezuschusst; wenn die Stadtwerke 30 Millionen Euro Defizitausgleich für den Flughafen übrig haben, müßten sie als städtische Tochter auch ein paar Millionen für sozialere Zwecke übrig haben; und auch die Stadt selbst steht hier in der Verantwortung. - Ich weiß, die Haushaltslage läßt das momentan nicht zu, aber das soll ja nicht so bleiben, und anderen Kommunen geht es jetzt schon anders, deshalb ist es taktisch unklug, im letzten Satz Ihres Antrags als Stadt Dortmund sich von vorn herein aus der Verantwortung zu stehlen. Deshalb stelle ich den Änderungsantrag, daß dieser Satz gestrichen werden muß.
Als wir Ihren Antrag bekamen, haben wir sofort unsere Freunde in den anderen VRR-Kommunen informiert und gebeten, bei sich auf ähnliche Beschlüsse hinzuwirken. Das möchte ich auch Ihnen mit Ihren Fraktionskollegen in den anderen Kommunen nahelegen. Dann sollte es doch möglich sein, daß das nicht nur ein isolierter Dortmunder Vorstoß bleibt, sondern wir in der VRR-Versammlung eine Mehrheit dafür bekommen."

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Wortmeldung von Wolfgang Richter (LiBüDo) zur Beschlussvorlage "Sozialticket" im Rat am 19.05.2005 - zu Protokoll:

Ich bin froh, dass das massive Eintreten des Sozialforums Dortmund und mit ihm gemeinsam auftretender Sozialverbände und Initiativen heute eine Folgerung findet. Die Empore in diesem Raum wurde auf Geheiß des OB zwar geräumt, aber der Protest hat es geschafft, heute eine Debatte und einen Beschluss in der Sache zu erzwingen.

Ich bin auch froh, mit meiner Eingabe zum "Dortmund-Pass" für das "Linke Bündnis Dortmund – Parteilose Linke, DKP und SDAJ" einen Maßstab gesetzt zu haben. Unsere Forderung heißt und bleibt natürlich ohne wenn und aber "freie Fahrt in Dortmund für Inhaber/innen des Dortmund-Passes" – ich muss die Argumente hier nicht wiederholen, sie sind zu Protokoll gegeben.

Die Fraktionen SPD/Grüne machen nun einen billigen Vorschlag. Es erstaunt schon sehr, wie kalkuliert Sie Ihre Verantwortung in dieser Frage wegschieben – wenn Sie selbst nur nicht angegangen werden! Weg mit dem Bezug zum "Dortmund-Pass" - wie befreiend wirkt da eine Bitte an den Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR), ein "Sozial-Ticket" einzuführen. Es soll für die Betroffenen möglichst billig sein und ihnen möglichst viel bieten. Und es soll keine direkten Auswirkungen auf den städtischen Haushalt haben. Eine schöne Bitte.

In der VRR haben SPD/Grüne keine Mehrheit. Aber was dort auch immer beraten und beschlossen wird – erst einmal sind SPD/Grüne in Dortmund raus. Die Verantwortung liegt jetzt woanders. Das ist das Kalkül. Proteste mögen sich nun bitteschön dorthin richten.

Wie wird ein VRR-Angebot an die Betroffenen im besten Fall aussehen? Verhandlungsgeschick? Wer wird da verhandeln? Wird die Arbeitsgemeinschaft der ARGE'n ein "Firmen-Ticket" für ihre Kund/innen abschließen? Wird die Versammlung der Kommunen und Kreise so etwas für "ihre" Anspruchsberechtigten abschließen?

Wenn es solche Tickets eines Tages gibt - wer zahlt sie konkret? Doch nicht die Betroffenen selbst, oder? Mir scheint, Sie denken tatsächlich: Wenn es etwas billiger wird, wird der Markt es doch richten können! Die Freiheit der Bewegung im öffentlichen Raum soll aber gerade keine Frage des Marktzugangs sein. Deshalb bleibt mein Vorschlag als Änderungsvorschlag zu Ihrer Beschlußvorlage:

"ÖPNV-Tickets zum Nulltarif im Stadtgebiet Dortmund für Inhaber/innen des Dortmund-Passes und alle sonst Anspruchsberechtigten. Die Verwaltung wird beauftragt, ein verbilligtes Ticket mit dem VRR auszuhandeln und nach Möglichkeit zusätzlich Sponsoren einzuwerben (vgl. meine Anfrage zu den Dortmunder Stadtwerken). Die noch verbleibenden Kosten übernimmt der städtische Haushalt. Die kostenlose Ausgabe der Tickets erfolgt umgehend und unabhängig vom Erfolg der Verhandlungen."



Anfrage von Wolfgang Richter (LiBüDo) zum ÖPNV-Ticket zum Nulltarif für Nutzer/innen des Dortmund-Passes

Dortmund, den 4. Mai 2005

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Langemeyer,

der Presse ist zu entnehmen, dass die Dortmunder Stadtwerke sich darin engagieren, kommunal wirksame Defizite aus dem Betrieb des Flughafens und des ÖPNV zu dämpfen und Entwicklungsvorhaben im privaten Sektor zu sponsern – Entwicklungsgebiete Dortmund-Ost, BVB-Übungsflächen usw.

Der Beschluss des Rates zum Dortmund-Pass am 17. März hat es nicht vermocht, die erforderlichen Kosten dafür zu finden, dem Dortmund-Pass ein ÖPNV-Ticket zum Nulltarif hinzuzufügen. In der Debatte wurden unwidersprochen vermutete Kosten in Höhe von 7 Millionen Euro genannt.

Angesichts des gesellschaftlich unerträglichen Defizits in diesem sozialpolitisch gedachten Beschluss frage ich Sie namens des "Linken Bündnis Dortmund – Parteilose Linke, DKP und SDAJ":

1. Mit welchen Summen engagieren sich die Dortmunder Stadtwerke jeweils in den o.a. kommunalen und privaten Bereichen?
2. Haben Sie ihren Einfluss geltend gemacht, das ÖPNV-Ticket zum Nulltarif für den bedürftigen Personenkreis in diese Förderungsmöglichkeiten einzubringen?
3. Wenn vergeblich, was waren die Argumente der Abwehr?
4. Wenn nein, werden Sie dies in Zukunft tun?
5. Sehen Sie inzwischen andere Möglichkeiten der Finanzierung?

Mit freundlichem Gruß (Prof. Wolfgang Richter)

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Im folgenden die Stellungnahmen von PDS und LiBüDo in der Ratssitzung am 17. März in der zeitlichen Abfolge der Beiträge:



Stellungnahme und Wortbeitrag des Ratsvertreters der PDS Wolf Stammnitz zum PDS-Antrag zum Dortmund-Pass

Quelle:   e-mail vom 18.03.05

Um der durch Hartz IV bedingten Verdoppelung der Zahl der Dortmundpass-Berechtigten auszuweichen, wollte die Verwaltung im letzten Herbst den Dortmundpass zunächst ganz abschaffen. Das ließ sich nach Protesten von Sozialverbänden aber auch mit den Mehrheitsfraktionen im Rat nicht durchziehen, und man einigte sich darauf, daß ab 2005 auch ALG-II-Berechtigte einen Dortmundpass bekommen können. Zum entsprechenden Beschlußvorschlag der Verwaltung brachte die PDS-OL ... folgenden Ergänzungsantrag ein:

" Der "Dortmund-Pass" berechtigt auch zur unentgeltlichen Benutzung der von den Dortmunder Stadtwerken betriebenen Busse und Bahnen in verkehrsarmen Tageszeiten. Die Verwaltung wird beauftragt, entsprechende kostenneutrale Vereinbarungen mit der DSW AG zu treffen.

Begründung:
Gerade in der Flächenstadt Dortmund ist die räumliche Mobilität Voraussetzung zur Teilnahme am gesellschaftlichen und kulturellen Leben der Stadt. Der überwiegende Teil der Zielgruppen des Dortmund-Passes, insbesondere Familien mit Kindern können heute die ermäßigten kulturellen und Freizeitangebote kaum noch nutzen, weil sie sich das Fahrgeld dorthin nicht mehr leisten können. Selbst die vorhandenen Angebote von warmen Mahlzeiten und verbilligten Einkäufen sind so für viele unerreichbar.
Für die finanziellen Auswirkungen dieser zusätzlichen Vergünstigung gelten die Ausführungen der Verwaltungsvorlage entsprechend: Rein theoretisch verursacht die Beförderung jedes Fahrgastes kalkulatorische Kosten, praktisch jedoch entstehen diese immer dann nicht, wenn Busse und Bahnen in den Zeiten mit geringer Auslastung ohnehin verkehren müssen. Vor dem Hintergrund, dass der Dortmund-Pass seine gewollte sozialpolitische Wirkung überhaupt nur entfalten kann, wenn die Anspruchsberechtigten die begünstigten Einrichtungen auch erreichen können, sind geringe Mehraufwände, soweit sie überhaupt entstehen, im Rahmen des gemeinwirtschaftlichen Auftrags der Dortmunder Stadtwerke hinnehmbar."

In der Ratssitzung am 17. 3. erläuterte Wolf Stammnitz den Antrag so:

" Vor kurzem sprach ich mit zwei leitenden Mitarbeitern der Dortmunder Tafel über ihre Pläne, in vier, fünf weiteren Stadtteilen Filialen aufzumachen. Sie sagten mir, ein Grund dafür sei nicht nur, daß die Tafel in der Haydnstraße aus allen Nähten platzt, sondern daß viele Menschen aus Hörde, Brackel, Lütgendortmund usw. es sich einfach nicht mehr leisten können, jede Woche in die Nordstadt zu fahren, um sich für 2 Euro Lebensmittel abzuholen, weil die Fahrt dorthin fast doppelt so teuer ist wie die Lebensmittel selbst. Zu einem menschenwürdigen Leben gehört nicht nur die Erreichbarkeit einer warmen Mahlzeit pro Tag, sondern auch die Erreichbarkeit von kulturellen und Gemeinschaftseinrichtungen. Was die Tafel kann, nämlich dahin gehen wo die Not am größten ist, das können Theater, Kinos, das Dietrich-Keuning-Haus, die Auslandsgesellschaft und der Westfalenpark nicht. Und jetzt stellen Sie sich bitte vor, wie oft eine vierköpfige Familie so einen Ort besuchen kann, wenn die Fahrt hin und zurück 14 Euro kostet und von 1.000 Euro im Monat vier Personen leben müssen.
Schon aus diesem Grund ist der Dortmundpass zwar gut gemeint, aber halbherzig, wenn er nicht die Erreichbarkeit der ermäßigten Angebote mit einschließt.

Mir ist vollkommen bewußt, daß es schon eine Diskriminierung, eine Ausgrenzung bedeutet, wenn wir hier beantragen, Arme dürften nur in verkehrsarmen Zeiten kostenlos mit Bus und Bahn fahren. Wir haben unseren Antrag trotzdem bewußt so eingeschränkt, um es Ihnen möglichst schwer zu machen, sich hinter scheinbaren Sachzwängen finanzieller Art zu verstecken. Dazu drei kurze Bemerkungen:

  1. halte ich das Kostenargument in diesem Fall für scheinheilig. Wenn Ihnen, mDuH, die Kosten der Stadtwerke so über alles gingen, hätten Sie sich niemals auf das Abenteuer Flughafen einlassen dürfen mit seiner Expansion in den Massentourismus, welche die Stadtwerke - das heißt uns alle - jetzt erheblich mehr kostet, als ein uneingeschränktes Sozialticket für Dortmundpass-Berechtigte kosten würde.
  2. Rein zufällig drei Tage nach der Eingabe unseres Antrags - unglaubliche Zufälle gibt es doch - fütterte Herr Heinze von den Stadtwerken die Medien mit Informationen über seine Schwierigkeiten, vergünstigte Tickets weiter zu finanzieren. Nun ja, als Kaufmann würde ich mich vielleicht auch dagegen sträuben, Leute zu befördern, die den marktüblichen Fahrpreis nicht bezahlen können. Aber als Sozialpolitiker mit dem klaren Ziel einer solidarischen Stadtpolitik vor Augen würde ich mich schon auf den Handel mit Herrn Heinze freuen, wenn er uns haarklein vorrechnen muß, wieviel eine halbvolle Straßenbahn mehr kostet als eine halbleere. Ich wage die Prognose: Der Nulltarif für 70.000 Dortmundpass-Berechtigte in verkehrsarmen Zeiten kostet weniger als der gesellschaftliche Aufwand für die Verfolgung von Schwarzfahrern. Ich denke, da würden wir uns mit Herrn Heinze schnell einig, wenn man das nur will. Ich biete meine bescheidenen Dienste ausdrücklich an, eine für die Stadt und die Stadtwerke kostenneutrale Regelung aufs Gleis zu schieben. Und ich wüßte auf Anhieb ein halbes Dutzend kompetenter Verkehrsfachleute in Dortmund, die uns dabei helfen würden.
  3. Die Kosten der Armutsbekämpfung verursachen ja nicht die Armen mit ihrem unverschämten Anspruchsdenken. Diese Kosten verursacht die Arbeitslosigkeit, und es gehört schon der Zynismus eines Peter Hartz und seiner politischen Freunde dazu, heute noch zu behaupten, die Opelaner oder die 52 Mitarbeiter der Schirm AG in Dortmund oder die 25 Leute, die Herr Materna letztes Jahr um ihre Arbeit gebracht hat, seien selbst schuld an ihrem Jobverlust und der anschließend drohenden Rutschpartie in die Armut.
    Wenn wir einen Deckungsvorschlag für unseren Antrag bräuchten - wir brauchen ihn nicht, weil er wie gesagt kostenneutral sein soll und sein kann - würde der folgerichtig das Geld zur Armutsbekämpfung bei denen abholen, die ihre Kosten mithilfe der Arbeitslosigkeit und durch Vernichtung von Arbeitsplätzen senken und so ihre Gewinne steigern. Aber genau das scheut auch die Mehrheit in diesem Rat wie der Teufel das Weihwasser.
    Deshalb bin ich mir fast sicher, daß Sie sogar den vernünftigsten Antrag ablehnen, wenn er von der bösen sozialistischen PDS kommt. Deshalb haben wir den Antrag genau so gestellt, daß Sie eine ideologisch motivierte Ablehnung nicht mit scheinbar objektiv klingenden Sachargumenten tarnen können. Es gibt nämlich keine dagegen. Und das wissen Sie.

Wenn Sie aber auch nicht offen aussprechen wollen, daß Sie nur der PDS den Erfolg eines vernünftigen Beschlusses nicht gönnen, mache ich Ihnen einen Vorschlag: Heben Sie jetzt mal für diese eine Entscheidung Ihren Fraktionszwang auf, damit die Betroffenen da oben auf der Tribüne und draußen in der Stadt ein realistisches Bild bekommen, wieviele Mitglieder dieses Rates mehr im Kopf haben als ideologische Blockaden und den Egoismus der Oberen Zehntausend. Ich danke fürs Zuhören."

Der Antrag wurde wie erwartet abgelehnt. Gemeinsam mit Sozialverbänden und Verkehrsexperten werden wir aber an diesem Thema dran bleiben.



Wortbeitrag von Prof. Wolfgang Richter, "Linkes Bündnis Dortmund - Parteilose Linke, DKP und SDAJ", im Rat am 17. 03.2005

Quelle:   e-mail vom 18.03.05

Ich beantrage die Änderung der Beschlussvorlage "Dortmund-Pass" mit folgender Ergänzung: Der "Dortmund-Pass" berechtigt zur kostenfreien Benutzung des ÖPNV im Stadtgebiet Dortmund.
Diese Forderung wurde vor wenigen Tagen auch von wichtigen sozialpolitischen Vereinigungen und Initiativen in der Stadt aufgestellt - Sozialverband, Sozialforum, Mieterverein, Bodo. Sie haben auch weitere Forderungen zu freiem Eintritt in städtische Einrichtungen erhoben - diese übernehme ich in meinen Änderungsantrag.

Zur Begründung:

Die freie Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist ein Grundrecht. Arbeitslosigkeit und Armut dürfen es nicht einschränken. Kommunale Sozialpolitik hat den Auftrag, jede Diskriminierung in diesem Feld zu verhindern und alle Menschen in der Kommune in den Stand zu setzen, selbstbestimmt zu leben. Dies setzt die Fähigkeit voraus, sich uneingeschränkt bewegen zu können.

Zum kulturellen, zum Bildungs- und Weiterbildungsaspekt, zur Teilhabe an Freizeit- und Sportangeboten ist viel gesagt und geschrieben. Niedrige Nutzungszahlen werden genüsslich - "so schlimm scheint es doch gar nicht zu sein" - kolportiert. In Wahrheit treffen diese Aspekte nur einen Teil des Problems - im Alltag der Betroffenen sind die existentiellen Nöte viel gravierender geworden:

  1. Ein Teil der Unterstützungsempfänger/innen ist im Niedriglohnsektor prekär erwerbstätig. Das hier erzielbare Einkommen ist nicht hinreichend, um das Sozialhilfe/ALG-II-Niveau zu erreichen. Für die Gruppe der erwerbsfähigen Leistungsbezieher/innen ist die Erreichbarkeit von Arbeitsplätzen bzw. Arbeitsgelegenheiten besonders wichtig.
  2. Die Infrastrukturrevision im Zuge der Krise der kommunalen Haushalte und der Debatte zum "schlanken Staat" baut seit längerem soziale Infrastruktur in den Stadtteilen zurück und ersetzt sie - wenn überhaupt - durch zentralisierte Angebote mit großen Einzugsbereichen. Diese Entwicklung hat zu immer mehr Wegeaufwand für die Nutzer/innen geführt, ein Ende ist nicht abzusehen. Ich habe darauf bereits in der Debatte um den neuen Flächennutzungsplan kritisch hingewiesen.
  3. Auch die anhaltende Konzentration des Einzelhandels bedeutet ständig erhöhten Wegeaufwand, um Angebote finden und nutzen zu können, die die Betroffenen bezahlen können.
  4. Flächen zur Subsistenzsicherung wie Gärten, Grabeland usw. werden in aller Regel nicht vor der Haustür vorgehalten, sondern sind oft nur in größeren Entfernungen zu erreichen.
  5. Die persönlichen und familialen Netzwerke in der Stadt und in der Region sind eine wichtige Quelle zur Unterstützung in Krisensituationen und nicht zuletzt Quelle persönlichen Glücks.

Die hohen Kosten für das Nutzen des öffentlichen Nahverkehrs verunmöglichen den Menschen mit der zugestandenen Berechtigung des Dortmund-Passes die Pflege sozialer Kontakte wie familiärer Beziehungen in der Stadt und in der Region und verursachen soziale Isolation. Das integrierte Dortmund-Ticket ist ein Erfordernis für die freie Beweglichkeit in der Stadt und mindert die hohen Kosten im Übergang zur regionalen Beweglichkeit.

Ich appelliere an die grundrechtliche, aber auch an die soziale und die ökologische Verantwortung, meinem Änderungsantrag zuzustimmen.

(Der Änderungsantrag wurde von allen Fraktionen abgelehnt, der "Dortmund-Pass" wurde mit der gleichen Mehrheit in der eingebrachten Fassung beschlossen)

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