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Stromtarife: Der Standard ist am teuersten

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Wer bei DEW21 nach dem so genannten Standardtarif Strom bezieht, zahlt mehr als er müsste. Das behauptet Heiko Holtgrave. Er gehört zu einer Gruppe von Kritikern des kommunalen Energieversorgers, die sich jüngst unter der Bezeichnung "DEW kommunal" gegründet hat.

Ab heute werden Gas (15 Prozent) und Strom (5 Prozent) erneut teurer. Die zweite Preisrunde in diesem Jahr. "Da lohnt es sich, genauer hinzusehen", sagte sich Heiko Holtgrave - und tat es. Seine Feststellung: Bei allen Verbrauchsmengen zwischen 800 und 8000 Kilowattstunden im Jahr ist nicht der Strom-Standardtarif der günstigste, sondern einer der beiden Alternativtarife "mini" oder "maxi". Bei einem Jahresverbrauch von 6000 Kilowattstunden beispielsweise liegen die Kosten nach dem "maxi"-Tarif bei 1196,38 Euro und so 109,42 Euro günstiger als der Standardtarif.

Alle Neukunden, sagt Holtgrave, landeten erst einmal beim Standardtarif. Die so genannte Bestabrechnung, mit der die Verbraucher immer in den für sie günstigsten Tarif eingestuft wurden, ist vor Jahren abgeschafft worden. "Wir halten diese Praxis für skandalös", sagt Holtgrave. "Es wird Zeit, sich mit der Geschäftspolitik der DEW21 und ihrer unseligen Verquickung mit den Interessen der RWE zu beschäftigen."

Und genau da will die erst vor zwei Monaten gegründete "DEW kommunal", der u. a. die Globalisierungsgegner Attac, die Grünen, Die Linke und das Linke Bündnis angehören, ansetzen. RWE gehören 49 Prozent von DEW21. Nicht nur, dass DEW21 fast die Hälfte des Gewinnes 2007: 41,4 Millionen Euro) an RWE überweisen müsse, sagt Holtgrave. Der Konzern bestimme weitgehend die Preise. DEW bezieht von RWE den Strom. Innerhalb von acht Jahren habe er sich um 50 % verteuert.

Albert Herzmann, Leiter der DEW21-Unternehmenskommunikation, teilte mit, das Unternehmen sei "gesetzlich verpflichtet, einen Grundversorgungstarif anzubieten" ("Unser Strom.standard"). Unter www.dew21.de stehe ein Tarifrechner zur Verfügung, mit dem sich der günstigste Tarif problemlos ermitteln lasse. Im Übrigen stimme es nicht, dass Strompreise "einseitig von einem Anbieter erpresserisch bestimmt" würde. Die Preise bildeten sich am Markt. Die Preiserhöhung sei auf Mehrkosten beim Einkauf zurückzuführen.

Quelle: WR vom 30.09.08

Leserbrief

zu den Äußerungen von A. Herzmann, dew21, im obigen Artikel
Albert Herzmann soll uns nicht ein X für ein U vormachen. Als Leiter der dew-Unternehmens­kommunikation, die nicht zuletzt für Pressearbeit des Unternehmens zuständig ist, dürfte auch ihm geläufig sein, dass

  • mindestens 80 Prozent des dew-Stroms von den RWE kommen
  • der RWE-Konzern - als einer der ganz Großen, und Unersättlichen, auf dem Strommarkt – selbst auch beträchtlich an der Preisschraube dreht.


Standen die RWE nicht noch im vergangenen Jahr öffentlich wegen illegaler Preisabsprachen auf der Leipziger Strombörse erheblich unter Druck? [1]

Und sind die RWE nicht erst vor wenigen Tagen von der EU-Kommission zu einer Strafe von 37,4 Mio. € verurteilt worden, weil sie zusammen mit den Ölriesen Shell und Exxon sowie weiteren über 13 Jahre die Preise für Paraffinwachs künstlich hochgehalten hatten? Die EU-Wettbewerbs­kommissarin sprach in diesem Zusammenhang bezeichnenderweise von „Diebstahl“ zu Lasten der Verbraucher und Verbraucherinnen. [2] Einen feinen Geschäftspartner haben sich die Stadtwerke da ausgesucht!

Und weiter verhält es sich doch auch so, dass die rd. 2.200 Mio. kWh, die die dew21 jährlich an Strom verkaufen, ganz überwiegend aus RWE-Großkraftwerksanlagen (auf Kohle- und Atombasis) stammen, mit erschreckend niedrigem Energie-Ausnutzungsgrad. Während sich die dew-Spitze in einer der jüngsten dew-Mitarbeiterzeitungen damit brüstete, ein(!) Blockheizkraftwerk errichtet zu haben. [3] Ein Klein-Kraftwerk, auf dem Gelände der Zinkhütte gelegen, das – nach eigenen Angaben – gerade mal 1000 Haushalte mit Strom und 400 Haushalte mit Wärme versorgen könnte...

Nichts gegen diese Anlage. Aber wir brauchen 10, oder besser: 100 solcher energieeffizienten Blockheizkraftwerke, allein in Dortmund, wenn wir etwas für Klimaschutz und Sicherheit (vor atomaren Unfällen) sowie für die Schonung der Primärenergie-Ressourcen tun wollen! Selbstverständlich nicht alle auf Frischholz-Basis – woher sollte man all die Holzhackschnitzel nehmen?

Und schließlich, Herr Herzmann: Niemand hat die dew21 gezwungen, vom Prinzip der Bestab­rechnung abzurücken, auch der Gesetzgeber nicht. Was nützen die ganzen „passgenauen Angebote“, wenn diese vor den VerbraucherInnen so hübsch versteckt werden?

Bündnis DEW kommunal
Dortmund, den 8.10.2008


P.S.
Der vollständige Wortlaut der Stellungnahme von A. Herzmann ist nachzulesen unter:
http://www.dew21.de/Default.aspx/g/621/l/1031/r/-1/t/11015/on/11015/a/11/id/671853/P/0/LK/-1

In der Anlage zu der Pressemitteilung des Bündnisses v. 30.9.08 befanden sich u.a. auch Vergleichsrechnungen zu den aktuellen Strompreisen der dew21

 

1 - siehe stellvertretend für zahlreiche Meldungen:. „Geheime Daten deuten auf Preistreiberei durch Stromkonzerne hin“, in: Spiegel Online v. 10.3.2007

2 - s. „Brüssel verhängt Millionenstrafe gegen Wachskartell“, Berliner Zeitung v. 2./3.10.2008 auch: WE, WR, Westfalenpost und NRZ, jeweils Ausgabe vom 2.10.08 (Wirtschaftsnachrichten)

3 - „Gut Holz“, in: fragezeichen, Mitarbeiterjournal von dew21 und dew21-netz, Ausgabe 4/2008 (August)

 

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