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Gasversorger frei wählen

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Die explodierenden Gaspreise haben in den vergangenen Monaten für jede Menge Ärger gesorgt. Rund 4500 Widersprüche sind allein bei der Dortmunder Energie und Wasser (DEW 21) eingegangen, rund 4000 bei der RWE Westfalen-Weser-Ems. Ab heute - kein Aprilscherz - können die Dortmunder Verbraucher ihren Gasversorger frei wählen. Formal.

Während bei der RWE Westfalen-Weser-Ems mit Sitz in Dortmund laut Vorstands-Chef Dr. Knut Zschiedrich  bereits die Wettbewerber auf der Matte stehen und um Durchleitungskapazitäten nachfragen, gibt es bei der DEW noch keine einzige Anfrage. "Falls jemand unsere Netze nutzen will, werden wir das diskriminierungsfrei ermöglichen", betont Gabi Dobovisek von der DEW Unternehmenskommunikation. Die Netznutzungsgebühren seien bereits seit längerem auf der Internetseite von DEW einzusehen.

Mehr Flexibilität

DEW-Chef Helmut Engelhardt hatte schon in der Vergangenheit gegenüber den Ruhr Nachrichten die Marktöffnung begrüßt, "denn sie erhöht die Flexibilität, Gas günstig zu beziehen". Allerdings gebe es auf dem Markt bereits Freiräume, doch kaum günstigere Angebote als die von Ruhrgas, wo DEW sich eindeckt. Bei einem langfristigen Preisvergleich habe er nicht den Eindruck, "dass andere Anbieter günstigere Bezugskonditionen haben als wir". Aus Sicht von Engelhardt kuriert das Bundeskartellamt mit seinen Entscheidungen nur an Symptomen herum. Das Grundproblem in Deutschland sei, "dass wir ein Importland sind". Deutschland beziehe sein Erdgas aus Russland und Norwegen und "die sind sich völlig einig, dass sie nehmen, was der Weltmarkt hergibt. Auf diesen Ebenen werden die Konditionen gemacht".

Wie auch immer: Die Öffnung des Strommarktes hat jedenfalls, wenn schon nicht bei den Privatkunden so doch bei den gewerblichen Kunden, für Bewegung gesorgt. Zwischen 10 und 15 % der Firmen sind von DEW zu einem anderen Anbieter gewechselt. Das liegt nach Ansicht von Gabi Dobovisek auch daran, dass große Unternehmen überregional ausschreiben und DEW bisher die Stromlieferung über Dortmund hinaus noch nicht im Fokus gehabt habe. Das packe der heimische Versorger jetzt an, "aber das steckt noch in den Kinderschuhen". RWE Westfalen-Weser-Ems beliefert jedenfalls nur noch rund 60% der gewerblichen Kunden, die einst von VEW versorgt wurden, mit Strom, berichtet Zschiedrich.

Prozess startet

Am Donnerstag (6. April) startet am Landgericht Dortmund ein hoch brisanter Prozess. DEW hatte wie berichtet zwei Kunden verklagt, die nach der Gaspreiserhöhung im November 2004 eigenmächtig ihre Rechnungen gekürzt hatten. DEW-Sprecher Albert Herzmann hatte sich bereits früher überzeugt gezeigt, dass das letzte Wort in Sachen Rechtmäßigkeit der Gaspreiserhöhung vom Bundesgerichtshof gesprochen werden wird.

Spielraum entscheidet

Die Dortmunder Verbraucher sollten nicht blauäugig darauf vertrauen, dass mit der freien Wahl des Gasanbieters nun die Preise in den Keller gehen. Denn der Verbraucher kann seinen Anbieter jetzt zwar wechseln, doch der kann das Gas wiederum nur über die Netze des alten Anbieters ausliefern, in Dortmund also über DEW. Dafür muss er dann die so genannten Durchleitungsgebühren zahlen, deren Höhe wiederum DEW festlegt. Da bleibt also erst einmal abzuwarten, wie viel Spielraum bei der Preisgestaltung den neuen Mitspielern auf dem Gasmarkt überhaupt bleibt. - Bettina Kiwitt

Quelle: RN vom 31. März 2006


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