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Der letzte Ausweg: Energiesperre

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Kein Strom, kein Wasser, kein Gas. Nein, dies sind nicht südseetraumhafte Zustände auf einer einsamen Insel. ...

... Rund 6000 Dortmunder Haushalte waren im Jahr 2007 von einer Strom-, Gas- oder Wassersperre betroffen, weil sie ihre Rechnungen nicht zahlten, Mahnungen nicht nachkamen.Kommentar: 2. Lokalseite Der Bildschirm bleibt schwarz, die Kochplatte kalt. Knapp 6000 Dortmunder Haushalte wurden im vergangenen Jahr vom Versorgungsnetz der Dortmunder Energie- und Wasserversorgung GmbH (DEW21) getrennt, bezogen keinen Strom, kein Wasser oder mussten ohne Gas auskommen. Den Hauptteil der Zwangsmaßnahmen bilden die Stromsperrungen: Rund 4500 Dortmunder Haushalte waren 2007 alleine davon betroffen. Für Klaus Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale, ist dies ein Unding: "Das Kappen der Stromversorgung darf nicht länger Realität für Kunden sein, die einer Zahlungsaufforderung nicht mehr nachkommen können."

Zahl der Sperrungen seit 2000 stabil

Auch wenn die Fälle von Zahlungsschwierigkeiten bei Stromkunden in Dortmund laut DEW21 zunimmt, so liegt die Stadt mit knapp einem Prozent der zwangsweise abgeklemmten Haushalte noch unterm NRW-Durchschnitt von zwei Prozent, den die Verbraucherzentrale NRW jüngst in einer Umfrage bei 24 Versorgungsunternehmen ermittelte. Demnach wurde im vergangenen Jahr 59 000 Haushalten der Strom von den örtlichen Energieversorgern abgeklemmt, weil die Rechnungen nicht beglichen wurden. Zum Vergleich: Duisburg ist mit knapp 500 000 Einwohnern kleiner als Dortmund, kommt mit 8300 stromlosen Haushalten allerdings auf 3,5 Prozent.

Steigende Energiekosten, kleine Gehälter, Unternehmenspleiten, Arbeitslosigkeit, Zahlungsunfähigkeit - pure Not verhindert bei einem Teil der 600 000 DEW21-Kunden die Rechnungstilgung. Bei der Schuldenhöhe bestehen große Unterschiede. Privat- und Firmenkunden stehen mit einigen 100 bis zu mehreren 1000 Euro in den Miesen. "Mit der Sperrung wird ja nicht sofort gedroht. Erst kommen die Mahnungen. Und es besteht für die Kunden jederzeit die Möglichkeit, mit uns in Kontakt zu treten und eine Lösung für das Problem zu finden", sagt DEW21-Pressesprecherin Gabriele Dobovisek.

Rund 85 Prozent der Haushalte werden ein bis zu zwei Werktage nach der Sperre wieder mit Energie versorgt. Dobovisek: "Sie sind aus eigener Kraft oder durch die Hilfe aus dem privaten Umfeld wieder zahlungsfähig, haben oft auch die Sozialbehörden oder die Arge kontaktiert."

Seit dem Jahr 2000 ist die Zahl der Sperrungen laut DEW21 stabil geblieben. "Ein Grund dafür sind sicher die Hilfsmaßnahmen, die wir unseren Kunden ans Herz legen", glaubt Dobovisek. So bietet DEW21 eine Schuldenberatung in Kooperation mit dem Katholischen Verein für soziale Dienste an, sucht über eine Schiedsstelle zusammen mit Sozialbehörden und verschuldeten Kunden Kompromisse, unterstützt bei der Vermittlung zu Sozialämtern und informiert im Kundencenter am Ostwall über Energiesparmaßnahmen. Auch eine Kooperation mit der Caritas zu Energiesparberatungen bei ALG II-Haushalten sei für die Zukunft geplant.

Die Abschaltung des Stroms sei immer der letzte Ausweg. Dobovisek: "Die Kunden können sich jederzeit an uns wenden und wir suchen gemeinsam nach Lösungen. Viele reagieren auf Mahnungen und die angedrohte Stromabsperrung allerdings überhaupt nicht."

Kommentar: Nicht abklemmen

Man kann der Dortmunder Energie- und Wasserversorgung GmbH (DEW21) nicht einmal einen Vorwurf machen: Säumigen Zahlern nach mehrfacher Zahlungsaufforderungen und einem langen Mahnverfahren Strom, Wasser oder Gas abzustellen, ist aus unternehmerischer Sicht eine logische Konsequenz. Moralisch bleibt ein solcher Schritt nach wie vor sehr fraglich. Haushalten den Saft abzudrehen, grenzt diese vom normalen Leben aus.

Doch deshalb alle Schuld und Unmut alleine auf die DEW21 abzuladen, wäre zu einfach und würde das Problem kaum lösen. Sicher wäre ein Billigtarif für sozial schwache Familien nicht nur wünschenswert, sondern auch erforderlich. Doch ist hier zunächst die Politik gefordert. Sie muss die Grundlage schaffen, damit nicht nur die sozial-schwachen Dortmunder wieder Strom und Wasser bezahlen können. Denn auch so mancher im Beruf stehende Mensch hat Schwierigkeiten, seinen Alltag finanziell zu bewältigen. Wie soll da ein Hartz-IV-Empfänger mit einem Regelsatz von 347 Euro im Monat über die Runden kommen?

Wie gesagt, die Politiker sind gefordert. Die Preisspirale bei den Energieversorgern dreht sich munter weiter, doch die Sozialhilfesätze werden dem nicht angepasst. Doch das muss geschehen, um nicht noch mehr Menschen vom normalen Leben abzuklemmen. Genau das bewirkt ein Leben ohne Strom, Gas und Wasser - es grenzt sozial-schwache Menschen aus.

Quelle: WAZ vom 25.03.08

 

Ein Leser hat nachgerechnet und kommt zu erstaunlichen Ergebnissen. Wer die Zahlenspiele der WAZ-Redaktion nicht selber nachrechnen möchte, der sollte diesen Artikel lesen:

Taschenspielertrick der WAZ zugunsten der DEW

 

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