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Zivilcourage mit Fausthieb bezahlt: Nur einer half, als Neonazi pöbelte

Er würde es wieder tun. Wieder mutig einschreiten, wenn alle anderen wegsehen. Wieder den Mund aufmachen. Weil Zivilcourage für Eser A. selbstverständlich ist - ebenso wie gegenseitiger Respekt und Toleranz. Daher zögerte der Designer (37) keine Minute, als ein Rechtsradikaler zwei Farbige anpöbelte. Eser A. stellte den Mann zur Rede. Was er bitter bezahlte.

"Er sagte nur: Was willst Du? Dann hatte ich auch schon die Faust im Gesicht, ging zu Boden", erzählt Eser A. auf dem Flur des Amtsgerichtes. Damals trug er Schädelprellungen davon, wie aus dem Arztbericht hervorgeht.

Vorbestrafter Rechter steht unter Bewährung

"Ich hätte diese Geschichte heute gerne hinter mich gebracht", sagt Eser A. etwas enttäuscht. Denn der Prozess gegen den einschlägig vorbestraften Neonazi musste gestern ausfallen: Der Angeklagte, der unter laufender Bewährung steht, ist untergetaucht, wird nun polizeilich gesucht. "Die Staatsanwaltschaft wollte das Verfahren zunächst im Vorfeld einstellen. Erst, als ich auf den rechtsradikalen Hintergrund und die erheblichen Vorstrafen des Mannes hinwies, wurde es wieder aufgenommen", erklärt Rechtsanwalt Dr. Patrick Gau, der die Interessen des Opfers vertritt.

Noch heute wird sein Mandant Eser A. wütend, wenn er an den späten Abend des 27. Juni 2008 denkt: Damals, als er zusammen mit seiner Freundin an der Münsterstraße aus der U-Bahn ausstieg und hörte, wie ein Betrunkener abscheuliche Lieder der rechtsradikalen, verbotenen Band "Lanzer" gröhlte. "Darin hieß es auch: Afrika den Affen." Dann habe der Neonazi die beiden Farbigen, die ebenfalls ausstiegen, angerempelt. "Die beiden waren total eingeschüchtert, sagten immer: Bitte, keine Probleme. Und da war es bei mir vorbei."

Eser A. ging dazwischen. "Ich habe gerufen: Lassen Sie das." Sekunden später lag der 38-Jährige am Boden. Und nicht nur das. Als er sich wieder aufrappelte, sei der stark angetrunkene Rechte hinter ihm hergelaufen. "Das war die reinste Hetzjagd. Ich hatte vor allem Angst um meine Freundin." Das Paar wurde weiter verfolgt, eine Bierflasche sei nur knapp an ihnen vorbeigeflogen. "Blöderweise hatte ich mein Handy nicht dabei. Ein Passant rief dann die Polizei."

Jene Nacht, sie hat den in der Türkei geborenen Eser A. nachdenklich gemacht. Nicht nur wegen des Angriffs eines betrunkenen Rechten. "Als ich einschritt, da waren noch sechs Leute um mich herum." Sechs Leute, die wegsahen. Noch später hätten sie an der Haltestelle gestanden, keinen habe er als Zeuge gewinnen können. "Die sagten alle: Bringt nichts, gibt nur Ärger."

Quelle: WR vom 05.03.09

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