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Phoenix macht krank - Kalk oder Gift?

Eine Stinkgeschichte im Wortsinn: Zahlreiche Mitarbeiter des Westfalenparks klagen zunehmend über gesundheitliche Beschwerden. Starke Kopfschmerzen, Reizhusten, Augentränen, Juckreiz, Mundtrockenheit.

Auslöser könnten Krebs erregende Benzole und Naphtalin sein, die von der Phoenix-Baustelle stinkend herüber wehen - fürchten Personalrat und Gewerkschaft Verdi. Auslöser sei ungelöschter Kalk, der sich in Staubwolken über den Park legt - erklären Experten. Gestern fand ein eilig einberufener Krisengipfel statt. Anlass dafür war einerseits die Intervention durch den Arbeitsmedizinischen Dienst, zum anderen ein Brandbrief von Verdi-Sekretär Martin Steinmetz an Jörg Stüdemann, Dezernent für Kultur, Sport und Freizeit - und damit zuständig für den Westfalenpark.

"Wir erwarten unverzüglich Ihr Einschreiten im Interesse der Gesunderhaltung der Beschäftigten", heißt es in dem Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt. Stüdemann findet den "pampigen Tonfall" zwar befremdlich. Die Sorge aber teilt er. "Das ist eine ernste und ernst zu nehmende Geschichte."

Der Dezernent trommelte weitere Spitzen der Stadtverwaltung, Experten von Umwelt- und Gesundheitsamt sowie Toxikologen des Gelsenkirchener Hygieneinstituts zusammen. Und er holte die LEG dazu. Denn die habe nicht dafür gesorgt, so Stüdemanns Vorwurf, dass sich die ausführenden Baufirmen an klare Absprachen halten.

Zur Vorgeschichte: Seit eineinhalb Jahren sind Mitarbeiter, Anwohner und Besucher des Westfalenparks zum Teil massiver Geruchsbelästigung ausgesetzt. Verursacher, das ist kein Geheimnis, ist ein früherer Kokereistandort auf dem Phoenix-West-Gelände. Gleich gegenüber liegt der Betriebshof des Westfalenparks. Rund 4500 t hochgiftiges Erdreich lässt die Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) als Eigentümerin auf dem Areal auskoffern und ein Stück weiter in einem riesigen Betonsarg verkapseln. Bis zu 16 m tief wird gebuddelt, und weil das Erdreich extrem nass und weich ist, setzen die Bauarbeiter ungelöschten Kalk ein. Der bindet die Feuchtigkeit.

Erst im Januar, so Stüdemann, habe man auf einer "Konfliktkonferenz", initiiert vom Arbeitsmedizinischen Dienst, mit der LEG vereinbart, dass der Kalk nur noch bis maximal Windstärke drei ausgebracht werden darf. Doch daran halten sich die Bauunternehmen nicht. Am Montag dieser Woche wurde sogar während des Orkans "Emma" gestreut. Dichte Wolken wehten Richtung Park, legten sich als dicker Film auf Autos und Fenster. Dazu der, so Steinmetz in seinem Brandbrief, "bestialische Gestank, der erschreckend an den Geruch von in den 70er Jahren verbreiteten giftigen Holzschutzmitteln erinnerte".

So geht's nicht weiter - da waren sich gestern alle einig. Die LEG soll jetzt prüfen, ob sie das Gelände beim Kalken mit Wasser berieseln kann. "Technisch nicht machbar" kündigt Projektleiter Franz Große-Kreul aber schon an. Für Stüdemann ebenfalls denkbar: Die LEG lässt künftig nur noch abends und nachts arbeiteten.

Stadtverwaltung grübelt

Auch die Stadtverwaltung grübelt über eigene Maßnahmen. Am Montag, so die Vereinbarung, müsse man verbindliche Lösungen finden. Auch, weil der Start der Parksaison unmittelbar bevorstehe und Besucher auf keinen Fall einer Gefahr ausgesetzt werden dürften. Der Spielplatzbogen im Park ist nicht weit entfernt. . .

Bis Montag wird sich auch der Personalrat der Stadt "schlau machen". Dessen Vorsitzender Pit Meyer wurde erst gestern infomiert. "Schon das ist äußerst dubios. Als wolle jemand etwas totschweigen." Meyer informierte umgehend OB Gerhard Langemeyer - und kündigt - wie Steinmetz - an: "Wir werden unangenehme Fragen stellen. Sehr unangenehme."

Quelle: Westfälische Rundschau vom 13.03.08

 

Staubig, aber nicht gefährlich

Stadt und LEG haben sich auf Maßnahmen verständigt, um die Belastung von Bürgern durch Kalkungsarbeiten auf dem Gelände Phoenix West künftig so gering wie möglich zu halten.

Wie berichtet, klagten zuletzt Mitarbeiter des Westfalenparks über gesundheitliche Beschwerden wie Kopfschmerzen, Reizhusten, Augentränen, Juckreiz sowie Geruchsbelästigungen durch Napthalin, das bei den Sanierungsarbeiten freigesetzt wurde.

Beim gestern einberufenen Krisengipfel steckten Umweltamt, Arbeitsicherheitstechnischer Dienst, Personalrat, Westfalenpark, Wirtschaftsförderung, Tiefbauamt und EDG den Rahmen neu ab. Demnach erfolgen die Kalkungsarbeiten grundsätzlich nur noch von montags bis freitags ab 18 Uhr.

An Tagen mit Abendveranstaltungen im Park dürften die Arbeiten erst nach Veranstaltungsende aufgenommen werden.

Um Verwehungen zu vermeiden, dürfe der Kalk nur noch maximal bis zu einer Windstärke 3 verstreut werden. Die LEG sei gehalten, zusätzliche Messdosen am Betriebshof zu installieren.

Der Toxikologe des Hygieneinstitutes Gelsenkirchen, Prof. Dr. Uwe Ewers, hat im Auftrag der LEG eine medizinisch-toxikologische Stellungnahme verfasst. Was die Geruchsbelästigung anbelange, lägen die Messwerte im Bereich der Konzentration, die man üblicherweise in Stadtgebieten fände: "Gesundheitliche Balastungen durch Naphtalin oder Benzol sind nicht zu erwarten."

Was die Kalkstäube anbelangt, stellte der Toxikologe ebenfalls fest, dass "dauerhafte Schädigungen der Schleimhäute, der Nase, des Mundes, der Atemwege nicht zu erwarten seien".

Die durch Verwehungen von Kalk entstandenen Staubablagerungen auf Autos, Fensterbänken oder Möbeln stellten ebenfalls keine Gesundheitsgefahr dar.

Quelle: Westfälische Rundschau vom 17.03.08

 

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