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Öffentlicher Nahverkehr für Alle

Script zum Beitrag in der monatlichen Bürgerfunksendung des Dortmunder Sozialforums

Anfang Dezember - da kann man schon mal ein wenig auf das vergangene Jahr zurückschauen. Aber auch nach vorne blicken - z.B. das Sozialticket.

Nachdem der Stadtrat die Konditionen des Sozialtickets geändert hat, ist das Ticket im Laufe des Jahres in der Bedeutungslosigkeit versunken.Die Zahl der Abonnenten sank seit Februar um rund 20.000. Gerade einmal 3.000 Menschen nutzen jetzt noch das vergünstigte Ticket. Dieses kostet 30 Euro und kann ab 9 Uhr genutzt werden - wer braucht das schon?

Von einem Sozialticket kann bei diesem Ticket sowieso nicht mehr gesprochen werden. Im Regelsatz der Hartz 4 Empfänger sind gerade einmal 14 euro und ein paar Cent für Mobilität vorgesehen. Die restlichen 16 Euro für das sog. Sozialticket müssen bei irgendeiner anderen der sog. Bedarfspositionen eingespart werden.

Als das Sozialticket für 15 Euro eingeführt wurde – das war im Februar 2008 - war es der Verkaufsschlager schlechthin. In kurzer Zeit stieg die Abonnentenzahl auf über 20.000. Und das ganz ohne Werbung.

Das Sozialticket wurde für 2 Jahre als Modellversuch eingeführt. Eine seriöse wissenschaftliche Begleitung des Modellversuchs fand allerdings nicht statt. Belastbare Zahlen, was das Sozialticket an Kosten verusacht gibt es bis heute nicht.

Mit der befristeten Einführung des Sozialtickets hat die Stadtpolitik aber zumindest 2 Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Zum einen wurde das Image der sozialen Stadt gefördert. Und dem Sozialforum wurde so nebenbei auch der Wind aus den Segeln genommen. Die hatten ja endlich was sie jahrelang gefordert hatten - wenn auch nur befristet auf 2 Jahre. Und nach den 2 Jahren war die Kampagne für bezahlbare Mobilität in Dortmund tatsächlich eingeschlafen. Relevanten Protest gegen die Streichung des Sozialtickets gab es nicht.

Ab nächsten Sommer könnte sich die Lage immerhin wieder etwas bessern. Der VRR verkündete Anfang Oktober dass er im Juni 2011 ein VRR weites Sozialticket einführen will. Es soll 22 euro 50 kosten. Ob es tatsächlich dazu kommt, bleibt abzuwarten. Der VRR will das Ticket nämlich nur einführen, wenn das Land die erwarteten Kosten übernimmt.

Und wie lange es dieses Sozialticket dann geben wird ist natürlich auch ungewiss. Vielleicht auch nur so lange, bis alle anderen Intitiativen für bezahlbaren ÖPNV ebenfalls eingeschlafen sind? Davon gibt es im ganzen Land nämlich immer noch etliche. Hoffentlich dauert es dann nicht wieder 20 Jahre bis sich in Sachen Öffentlicher Nahverkehr für alle etwas tut.

Mitte der 80iger Jahre gab es nämlich schon einmal eine ähnliche Initiative. Das Arbeitslosenzentrum und die Arbeitsloseninitiative Alido forderten damals einen Null-Tarif im öffentlichen Nahverkehr. Die Forderungen gingen damals also schon deutlich weiter, als es mit dem dortmunder Modellversuch 'Sozialticket' 20 Jahre später umgesetzt wurde.

Neben dem Null-Tarif im öffentlichen Nahverkehr forderte die Alido damals übrigens auch freien Eintritt in öffentliche Einrichtungen wie Schwimmbäder und Büchereien. Das führte 1987 zur Einführung des Dortmund Passes - den es ja heute immer noch gibt - obwohl es zwischendurch ja auch Bestrebungen gab den Dortmund Pass wieder abzuschaffen.

Wie kann es weitergehen?

Aktuell besinnen sich Initiativen in Berlin und Hamburg wieder auf die alte Forderung aus den 1980iger Jahren. Nämlich den Kostenlosen öffentlichen Nahverkehr für alle. Und das zu Recht. Die Belgische Stadt Hasselt beweist schon seit über 10 Jahren dass kostenloser ÖPNV möglich ist und sich auch lohnt.

Sinnvoll wäre das allemal. Zunächst einmal könnten etliche Ausgaben entfallen. Z.B. für Fahrkartenautomaten und Kontrolleure, der Verwaltungsaufwand für die Monatskarten, ebenso die Haftkosten für Schwarzfahrer die ins Gefängnis müssen.

Es ist unbestritten, dass viele Autofahrer auf Busse und Bahnen umsteigen würden. Weniger Autos in der Innenstadt bedeuten neben weniger Toten und Verletzten auch weniger Lärm und Abgase. Und damit eine erhebliche Verbesserung der Lebensqualität. Das lässt sich allerdings schlecht in Zahlen fassen.

Die Einnahmen durch Fahrkarten tragen aber sowieso nur einen kleinen Teil der Kosten für Busse und Bahnen. Der ÖPNV ist so oder so ein enormes Zuschussgeschäft. Dass es den Dortmunder Politikern auf ein paar Millionen mehr oder weniger nicht ankommt - egal was die Haushaltslage sagt - zeigen die Leuchtturmprojekte U-Turm, Flughafen und Phoenixsee. Diese Projekte - die unseren Lokalpolitikern am Herzen liegen - zeigen aber auch ganz klar wo die Reise hin geht - bzw. nicht hin geht.

Wäre der Slogan von einem sozialen, starken und lebenswerten Dortmund für alle ernst gemeint, wäre das Sozialticket nicht gestrichen worden. Der kostenlose öffentliche Nahverkehr könnte schon längst Alltag sein. Das wäre mal eine echte Innovation – aber so etwas ist in der Dortmunder Provinz wohl nicht zu erwarten.

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