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Nahverkehr: Besser als Berlin

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Die Akzeptanz von Bussen und Bahnen im Personenverkehr ist in Dortmund besser als im wegen seines ÖPNV vielgepriesenen Berlin. Das ist das Ergebnis einer WAZ-Recherche.

Wer oft mit Bussen und Bahnen im Ruhrgebiet unterwegs ist, weiß, wie weit der größte deutsche Ballungsraum im Nahverkehr Metropolen wie Hamburg oder Berlin hinterherhinkt. Auf dem jüngst zu Ende gegangenen Verkehrsgipfel des Vereins „Pro Ruhrgebiet” in Bochum hagelte es also wieder kräftig Kritik. Der Kongress drückte dem Revier den wenig schmeichelhaften Stempel einer „gelähmten Metropole” auf (WAZ berichtete). Und der Chef des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg, Hans-Werner Franz, gab dem Ruhr-Nahverkehr schlechte Noten. Denn nur elf Prozent des Personenverkehrs laufen in den Grenzen des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) über Bus und Bahnen. In Berlin sind es dagegen 25, in der Region Wien sogar 35 Prozent.

Nach Ansicht von Stadtwerke-Verkehrsvorstand Hubert Jung kommt dies jedoch einem Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen gleich. „Der Berliner Kollege unterschlägt die völlig unterschiedlichen Siedlungsstrukturen. Berlin ist ein relativ zentral organisierter Ballungsraum”, so Jung. Auch Städte wie Hamburg oder Frankfurt hätten einen viel höheren Pendleranteil als etwa Dortmund. Jung: „Das Ruhrgebiet dagegen ist eine Riesenfläche mit vielen Zentren, die selbst eine eigene Zentrenstruktur haben. Den Verkehr zwischen den Zentren aber übernimmt überwiegend die Bahn.”

Vergleicht man also die angeblichen Vorzeigeregionen des Nahverkehrs nicht mit dem lose zusammengewachsenen Ruhrgebiet, sondern mit einer Stadt wie Dortmund, sieht die Sache gleich anders aus. Zahlen der Stadtwerke belegen das. Der Anteil von Bussen und Bahnen am Personenverkehr in Dortmund kann nämlich durchaus bundesweit konkurrieren. 2005 lag er laut einer Erhebung bei 28 Prozent und damit schon damals deutlich über dem Berliner Referenzwert. „Wir gehen davon aus, dass es heute sogar 29 bis 30 Prozent sind”, so Stadtwerke-Sprecher Wolfgang Herbrand.

Auch die Fahrgastzahlen sprechen eine deutliche Sprache. Jahr für Jahr steigen immer mehr Menschen in die Busse, Stadt- und Straßenbahnen mit dem DSW21-Logo ein. Seit 1999 stieg die Zahl der Fahrten von 103,8 Mio um satte 35 Mio auf knapp 139 Mio im vergangenen Jahr. Allein der Zuwachs zwischen 2007 und 2008 machte 6,8 Prozent aus, zurückzuführen vor allem auf die im Juni 2008 eröffnete neue Ost-West-Strecke und die Einführung des Sozialtickets. Noch günstiger sieht die Entwicklung beim Innenstadtbesuch aus. Laut einer aktuellen Studie greift fast die Hälfte aller City-Besucher auf den ÖPNV zurück. Für Verkehrsvorstand Jung das Ergebnis konsequenter Nahverkehrsplanung: „Wir holen die Leute da ab, wo Nachfrage besteht.”

Jenseits der Stadtgrenzen endet das DSW-Verkehrsimperium dagegen schnell. Zwar treffen sich die Dortmunder in Castrop mit gleich drei weiteren VRR-Betrieben (Jung: „Das fluppt.”). Zwar bringt die U41 DSW-Kunden bis Lünen-Brambauer und es fährt auch einen Bus nach Schwerte. Doch städteübergreifende Linien wie bei der benachbarten Bogestra kennt Dortmund nicht. Mit Interesse blickt Hubert Jung derzeit ins westliche Ruhrgebiet. Die Städte Essen, Mülheim und Duisburg wollen noch in diesem Jahr ihren Nahverkehr gemeinsam organisieren. Mit über 580 000 Fahrgästen täglich rückte dieser Rhein-Ruhr-Partnerverkehr noch vor Rheinbahn und Bogestra an die Spitze der VRR-Betriebe. Die DSW (täglich 380 000 Fahrgäste) rangierte dann auf Platz vier, auch wenn sie mit der Kooperation Östliches Ruhrgebiet (KÖR) schon seit Jahren einen allerdings lockereren Verbund mit benachbarten Verkehrsunternehmen pflegt.

Dennoch betrachtet Jung die Entwicklung im Westen nicht mit Argwohn, wünscht den Kollegen dort sogar „viel Glück für ihr ambitioniertes Projekt.” Als Modellfall für die Stadtwerke sieht Jung die Rhein-Ruhr-Partnerschaft, durch die bis zu 28 Mio Euro eingespart werden sollen, jedoch nicht. Nur wenn ein gemeinsamer Verkehrsraum von verschiedenen Seiten aus bedient werden könne, mache solch ein Zusammengehen Sinn. Das sei im Falle Dortmunds aber nicht gegeben.

Quelle: WAZ vom 26.06.09

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