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Nach Kritik: Stadt beurlaubt Pflegerin

Die städtische Seniorenheim gGmbH hat gestern ihre Mitarbeiterin Angelika Vogel vom Dienst suspendiert und ihr Hausverbot erteilt. Sie hatte schwerwiegende Kritik an Zuständen im Altenheim "Weiße Taube" erhoben.

Unterdessen vermehrt sich die Kritik. Für Montag hat die Seniorenheim gGmbH zu einem Angehörigentreffen eingeladen. Dabei dürfte es hoch hergehen. Viele Angehörige von Bewohnern "bewundern das mutige Vorgehen von Frau Vogel", halten sich selbst aber bedeckt, weil sie Repressalien für Bewohner fürchten. Unsere Redaktion führte gestern mit zwei Angehörigen ein Gespräch, die menschenverachtende Verhältnisse in dem Heim bestätigten. Keine Zuwendung für die Bewohner. Das Heim geize mit Lebensmitteln. "Das Essen ist eine Katastrophe." Es gebe keine Säfte, keinen Aufschnitt. Die medizinische Betreuung sei oberflächlich bis mangelhaft. Mehrfach sei ihre gehunfähige Mutter "fallen gelassen worden", erzählt eine der beiden Frauen. Sie habe sich dadurch Knochenbrüche zugezogen. Es gebe kotverschmiertes Bettzeug. "Es stinkt in den Zimmern." Wichtige Medikamente fehlten oft Wochen. Auch Pflegematerial etwa für inkontinente Bewohner.

Alle Kontrollen mit durchweg entlastenden Ergebnissen konzentrieren sich auf die Pflegedokumentation. Die beiden Angehörigen sagen dazu: "Die Dokumentation der Heimleitung dokumentiert, was getan werden soll, aber nicht, was getan worden ist."

3200 Euro zahlt ein Heimbewohner in der zweiten Pflegestufe im Monat für die Betreuung in der weißen Taube in Kirchhörde, in der knapp 90 alte Menschen leben. Was sie als Gegenleistung bekommen, nennen die beiden Angehörigen: "Respektlosigkeit, entwürdigend."

Sie glauben auch die Gründe für die "unmöglichen Zustände" zu kennen: "Zu wenig Pflegepersonal." Sie machen denn auch dem Personal keine Vorwürfe, wollen aber für eine Verbesserung der Verhältnisse eintreten. Deshalb ist eine Initiative der Angehörigen geplant. Wer Interesse hat, dort mitzumachen - unsere Redaktion vermittelt Kontakte (Tel: 95731244).

Indes hat der zuständige Sozialdezernent Siegfried Pogadl gestern in einem Pressebericht seinen "größten Respekt" für die 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der städtischen Seniorenheime GmbH ausgesprochen, die "eine schwere, belastende und sehr verantwortungsvolle Arbeit" zu leisten hätten.

Ansonsten fordert er "lückenlose und schnellstmögliche Aufklärung der erhobenen Vorwürfe". Sein Ziel, sagte Pogadl, "ist die hundertprozentige Transparenz". Deshalb sei "eine externe Prüfung in Auftrag" gegeben worden, die weit über die gesetzlichen Vorschriften hinaus ginge.

Martin Kaiser, Geschäftsführer der städtischen Seniorenheime gGmbH, kennt das Ergebnis bereits. In seiner Einladung zum "Angehörigenabend" am Montag schreibt er zusammen mit Heimleiterin Petra Ungewitter: Man habe die "Anwürfnisse sofort untersucht und gemeinsam mit der Heimaufsicht festgestellt, dass sie nicht der Wahrheit entsprechen".

Für Angelika Vogel, die seit gestern keinen Job mehr hat, kam die Entwicklung nicht überraschend. Schon Anfang der Woche, als die 38jährige Altenpflegerin mit ihren Vorwürfen in die Öffentlichkeit ging, rechnete sie mit personellen Konsequenzen durch ihren Arbeitgeber. Das aber sei ihr, sagte die Altenpflegerin, völlig egal, wenn sie nur dazu beitragen könne, die Verhältnisse in dem Heim zu verbessern.

Quelle: Westfälische Rundschau vom 13.03.08

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