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Im Selbstversuch sich selbst blockiert

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Christian Nähle verzichtete auf seine Monatskarte für Bus und Bahn und zieht daraus die Lehre: Mobilität ist eine tragende Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe!

Gesellschaftliche Teilhabe bedeutet Bewältigung des täglichen Lebens – wie zum Beispiel die mühelose Überwindung von Strecken als Mittel zum Zweck – ohne untypische körperliche Mühen und ohne den Geldbeutel gemessen am Einkommen untypisch zu belasten. Aber Einrichtungen und soziale Treffpunkte des individuellen Interesses sind innerhalb einer (Groß-) Stadt heutzutage weit verstreut und zu Fuß und selbst per Rad manchmal nur schwer zu erreichen – hier bedeutet ein Mangel an Mobilität einen Mangel an Teilhabe.

Ich bin in einer gefestigten Anstellung tätig und verfüge ungefähr über ein bundesdurchschnittliches Jahresbruttoeinkommen. Ich bin also weit entfernt von einer finanziell einengenden Situation. Bis vor knapp 2 Jahren verfügte ich über ein Aboticket der örtlichen Stadtwerke. Meine monatliche Ausgabe hierfür betrug ca. 45 Euro.

Dann entschied ich, mich das Ticket abzubestellen und den örtlichen ÖPNV mit einem monatlichen Budget von 50 Euro zu bestreiten. Dabei hoffte ich, am Ende des Monats den öffentlichen Verkehr günstiger als bisher mit dem Aboticket genutzt zu haben. Was in dem einen Monat übrig blieb, sollte als Mobilitätsüberschuss in die folgenden Monate Eingang finden. Im Endeffekt lief mein Selbstexperiment allerdings darauf hinaus, dass ich gewöhnlich zweimal überlegte, ob ich Bus und Bahn benutzen wollte. Häufig sagte ich sogar Termine ab, um mir Hin- und Rückfahrtkosten im tatsächlichen Sinne zu ersparen.

Positiv ist zwar, dass ich öfter mein Rad benutzt habe, als ich es gewöhnlich getan hätte, aber in der Gesamtbetrachtung habe ich viele Dinge nicht getan, die ich getan hätte, wenn ich über ein dauerndes Ticket verfügt hätte. Ich habe mich selbst eingeengt und blockiert.

Ich glaube, der Effekt, bekannte Fixkosten eines Dauertickets am Anfang des Monats aus einem Budget heraus zurechnen, um dann jederzeit in örtliche Bereiche des öffentlichen Lebens gelangen zu können, ist ein starker Ausdruck erfahrbarer gesellschaftlicher Freiheit. Ein Gefühl, welches offenkundig in hohem Maße von AutofahrerInnen geschätzt wird.

Für die Menschen, denen sich die Frage nach dem Bezug einem Abotickets zu üblichen Preisen aus Armutsgründen nicht stellt, bedeutet die Zahlung einzelner Fahrten, durch die sie noch merklicher als normal finanziell belastet werden, eine täglich erlebte Einschränkung ihrer innerstädtischen Beweglichkeit. Daher brauchen wir den Zugang zu einem Sozialticket, das diesen Namen auch verdient, um das heutige Bedürfnis nach Mobilität zu erfüllen und somit gesellschaftliche Teilhabe auch für die finanziell Schwachen zu ermöglichen.

von Christian Nähle, April 2010, kulturimpulsgrundeinkommen |ätt| gmx.de


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