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Flughafen: Stilllegung würde 170 Millionen Euro kosten

Würde man den Dortmunder Flughafen stilllegen, entstünden Einmalkosten von rund 170 Millionen Euro und eine zusätzliche Dauerbelastung von jährlich rund 1,75 Mio. Euro. Pikant: Nach nur sieben Jahren hätte sich die auf den ersten Blick teure Totalaufgabe des Airports gerechnet.

Einem Tabubruch gleich kamen die jüngsten Äußerungen von Signal-Iduna-Chef Reinhold Schulte zum Flughafen. Dortmunds mächtiger Wirtschaftsboss - Top-Manager eines der größten deutschen Versicherungskonzerne und Vorgesetzter von rund 13.000 Mitarbeitern - hatte vor kurzem den Wickeder Landeplatz provokant als Investitionsruine bezeichnet und indirekt einer Schließung des Airports das Wort geredet.

So weit waren bisher selbst eingefleischte Flughafen-Gegner nicht gegangen. Sogar Ursula Wirtz, Vorsitzende der Schutzgemeinschaft gegen Fluglärm und bekanntestes Gesicht aller Dortmunder Airport-Kritiker, verschlug es die Sprache. Eine Schließung des Flughafens sei wohl politisch derzeit nicht durchsetzbar, gestand Wirtz der WAZ. Dafür gehe es der Stadt finanziell noch nicht schlecht genug.

Volkswirtschaftliche Bedeutung?

Was aber ist dran an Schultes Vorschlag? Ist die Einschätzung des Mannes, der täglich mit Millionen-Bilanzen jongliert, tatsächlich nur „kurzsichtig”? Blendet er „die volkswirtschaftliche Bedeutung des Flughafens für die Region aus”, wie die Airportleitung tags drauf auf Nachfrage widersprach?

Was genau eine Totalaufgabe des dauerdefizitären Flughafens kosten würde und wie diese Zahl ins Verhältnis zur der Schuldenlast des Flughafens zu setzen ist, das wollten auch viele unserer Leser wissen. Die WAZ recherchierte - und wurde ausgerechnet beim Airport selbst fündig. Der hatte die Frage der Stilllegungskosten nämlich in einem Schreiben an die EU-Kommission beantwortet, die 2007 ein Prüfverfahren gegen den Flughafen einleitete. Das Schreiben liegt der WAZ vor.

Einmalkosten bei Stilllegung

Damals - also Ende 2007 - rechnete der Flughafen Einmalkosten der Stilllegung von rund 170 Mio Euro vor. Darin enthalten: die Kosten für die Sonderabschreibung des Anlagevermögens (187 Mio), für Flächenentsiegelung und Umweltrisiken (8,5 Mio) und für Personalabbau inklusive Abfindungen (14 Mio). Ebenso enthalten: die gegengerechneten Erlöse aus dem Verkauf der Grundstücke, der Gebäude und deren Ausstattung in Höhe von knapp 39 Mio Euro. Darüberhinaus schlügen Dauerkosten von jährlich rund 1,75 Mio Euro für die Übernahme unkündbarer Mitarbeiter und Sicherungsmaßnahmen von Gebäuden zu Buche.

Schaut man sich die Verluste an, die der Flughafen Jahr für Jahr einfährt, liegt Signal-Iduna-Chef Schulte zumindest den nackten Zahlen nach goldrichtig mit seiner Einschätzung. Denn allein seit 2002 flog der Airport rund 175 Mio Euro Miese ein - also fast genau die Summe, die die Stilllegung kosten würde. Und: Ein Ende der Minus-Serie ist nicht absehbar. Selbst bei günstigsten Prognosen kommt der durch hohe Kredite belastete Landeplatz nicht aus den roten Zahlen heraus. Im Gegenteil: Sollte die Startbahn, wie von der Flughafenleitung immer wieder gefordert, auf 2300 Meter verlängert werden, würde sich der Schuldendienst trotz der dann angenommenen gestiegenen Passagierzahlen zunächst erhöhen. Fazit: Schon 2017 hätte sich eine Totalaufgabe des Flughafens gerechnet.

Betriebszeiten, nicht Landebahn verlängern

Das gilt auch für den von der SPD favorisierten und politisch als mehrheitsfähig geltenden Plan, nur die Betriebszeiten, nicht aber die Landebahn zu verlängern. Wie man die Sache auch rechnet: Auf absehbare Zeit müssen die Stadtwerke als Konzernmutter jährlich zweistellige Millionenbeträge für die Schulden ihrer Tochter zuschießen. Ein Faß ohne Boden.

Nicht unterschlagen darf man freilich, dass der Flughafen als Verkehrsinfrastrukturprojekt nicht nur Schulden produziert, sondern auch Rendite abseits nüchterner Bilanzen. Im Kampf um die Lufthoheit in der Flughafen-Diskussion operiert das Airport-Management daher gern so: Knapp 1700 Beschäftigte arbeiten direkt am Flughafen#

Wertschöpfung

und den angegliederten Unternehmen, insgesamt 3100 Arbeitsplätze in der Region habe der Flughafen geschaffen. Im Falle einer Erweiterung kämen noch einmal 3000 hinzu. Insgesamt erziele man eine Wertschöpfung von jährlich 200 Mio Euro - durch Arbeitsplätze, Kaufkraft und Investitionen.

Der Flughafen als Jobmaschine also? Zumindest aktuell gerät dieses Modell vom Wachstum durch mehr Investionen ins Wanken. Denn wie berichtet, plant die Dortmunder Eurowings - einst die Triebfeder für den Aufstieg Wickedes - einen massiven Arbeitsplatz-Abbau. Und zwar ganz unabhängig davon, ob sich Startbahnlänge oder Landezeiten verändern.

Quelle: WAZ vom 06.02.10

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