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Altenheim: Riesen-Echo

Sie machen sich Luft: Die Äußerungen von Altenpflegerin Angelika Vogel aus dem städtischen Seniorenheim Weiße Taube haben eine Welle in Gang gesetzt, die vielen Betroffenen wie ein Befreiungsschlag vorkommt. Einhelliger Tenor: Es sei mindestens so schlimm in den Altenheimen, wie Vogel beschreibt.

Die Frau am anderen Ende der Telefonleitung weint: Psychopharmaka nehme sie seit Jahren, um den Job überhaupt leisten zu können „Von Hartz IV kann man nicht leben.“ Da ist die Rede von Arbeitsverdichtung, Mobbing und der Angst, ständig mit einem Bein im Gefängnis zu stehen. Dann nämlich, wenn eine Nachtpflege, zuständig für 42 Heimbewohner, nicht gleichzeitig beim Herzinfarkt und beim Bettunfall sein kann.

Anonym bleiben

Anonymität ist das Stichwort, denn anonym bleiben wollen fast alle Anrufer. Ein Gewerkschaftsvertreter nannte auch den Grund der Angst. Sie hätte etwas mit der Justiz in Deutschland zu tun. Nach dem Gesetz nämlich müssten Missstände und schon gar eine Straftat angezeigt werden, Arbeitnehmer verletzten damit aber gleichzeitig ihre Treuepflicht und spürten dann die arbeitsrechtlichen Konsequenzen.

Zeche zahlen

Letztlich zahlten sowohl Bewohner als auch Pfleger die Zeche. Gängige Praxis, so der Tenor unter den Anrufern: Als examinierte Fachkraft muss man erkennen können, wann gefährliche Pflege einsetzt und dann alles unternehmen, um dies abzuschaffen. Wer dabei Überlastungsanzeigen schaltet, für den hagelt es Abmahnungen. Unternimmt die Fachkraft nichts, steht sie mit einem Bein im Gefängnis.

Positive Erfahrungen

Nächster Anruf: „Mein Vater ist dort gut aufgehoben“, meint Rolf-Rainer Lenz. Der alte Herr, der im Juli 93 Jahre alt wird, habe im Seniorenheim Weiße Taube ein schönes Zimmer. „Ich habe nur positive Erfahrungen gemacht. Die machen einen besorgten Eindruck auf mich.“

Beschwerde

Anderes Heim, andere Erfahrungen: Klaus-Dieter Hankes Mutter Käthe, inzwischen verstorben, war in einem nicht-städtischen Haus untergebracht. Für ihn gab es massenhaft Gründe zur Beschwerde, weshalb er den privaten Träger des Vereins mit Sitz in Berlin anschrieb.

Rausgeschmissen

Danach sollten er und seine Frau Hausverbot bekommen. Hanke: „Wir wurden rausgeschmissen.“ Und: „Wir hatten auch die Heimaufsicht da. Die hat zugehört, unternommen hat sie nichts.“ Seiner Mutter hätten Pfleger angedroht, wenn sie nicht brav sei, würde sie eben drei Tage im Bett bleiben.“ Und als die alte Dame nachts zur Toilette wollte, habe man sie angeherrscht: „Machen Sie doch einfach in ihre Pampers.“

Quelle: Ruhr Nachrichten vom 14.03.08

 

Weiße Taube: Angehörige vor Ort

Beim Angehörigen-Treffen im städtischen Seniorenheim Weiße Taube war nicht alles eitel Sonnenschein. Während zwar viele Verwandte betonten, sie seien zufrieden mit den dortigen Pflegebedingungen, wurden auch andere Stimmen laut: Mehr Personal wäre wünschenswert und mehr Zeit für menschliche Zuwendung.

„Die Angelika ist beliebt“ – finden die Bewohner im städtischen Seniorenheim Weiße Taube. „Sie ist sehr nett“, sagt auch der 93-jährige Vater von Rolf-Rainer Lenz. Nur: Angelika Vogel hat Hausverbot, ist vom Dienst suspendiert, seitdem sie öffentlich von Missständen sprach. Vor Ort waren am Montagabend dafür die Angehörigen. Eine Tochter sparte nicht mit Kritik und prangerte an: Als ihre Mutter gefallen sei, wäre erst am nächsten Tag festgestellt worden, dass sie dabei einen Oberschenkelhalsbruch erlitten hatte. Außerdem beanstandete sie die Qualität des Abendessens.

Rund 40 kamen

Die Diskussion sei aber, so Rolf-Rainer Lenz, eher von Zufriedenheit gekennzeichnet gewesen. Zur Aussprache eingeladen hatten Pflegedienstleiterin Petra Ungewitter und Martin Kaiser, der Geschäftsführer der städtischen Seniorenheime – die letzte Heimleiterin verließ Ende Februar die Weiße Taube. Etwa 40 Angehörige kamen in die Einrichtung, in der 84 Bewohner in zwei Wohnbereichen leben. Grundsätzlich beklagt wurde, dass nicht mehr Personal beschäftigt wird. Aber nach dem Vorfall mit dem Oberschenkelhalsbruch hätten im ganzen Haus Zettel gehangen, dass sofort ein Arzt zu rufen sei, sobald jemand stürzt, hörte Lenz beim Angehörigen-Treffen. Ob die Heimbewohner Angelika noch einmal wiedersehen werden? Seit 16 Jahren ist die heute 38-Jährige Altenpflegerin in der Weißen Taube. Gestern hatte sie mit ihrem Anwalt ein Gespräch bei der Geschäftsführung.

Kurzes Gespräch

Nur kurz war das Gespräch zwischen Altenpflegerin Angelika Vogel und der Geschäftsführung der Städt. Seniorenheime. Ihrem Anwalt und ihr saßen Geschäftsführer Martin Kaiser, Pflegedienstleitung, die Qualitätssicherungsbeauftragte, Personalleitung, Betriebsrat und der Anwalt des Arbeitgebers gegenüber. Vogel: „Die Arbeitgeberseite hat nicht eingelenkt. Sie dementiert die Mängel.“

Quelle: Ruhr Nachrichten vom 18.03.08

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