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10 Jahre Planung und immer noch kein neuer Bahnhof

Anstatt einfach den Dortmunder Hauptbahnhof zu renovieren sollte vor 10 Jahren ein UFO den alten Bahnhof ersetzen. Nach Jahren der Planung stellte sich heraus - viel zu teuer. Neue Planungen, weitere Millionen für die Planungsbüros und als Ergebnis das "3do" - das sich Dortmund aber auch wieder nicht leisten kann. Dazu zwei Veröffentlichungen von Prof. Wolfgang Richter, Mitglied im Rat der Stadt Dortmund für das Linke Bündnis.

Betteln um noch mehr öffentliche Mittel für das "3do"?

Dortmund, den 21. Februar 2007

Seit mehr als zehn Jahren kreiselt ein millionenschweres Spekulationsobjekt über dem Hauptbahnhof. So lange ist bekannt, was das für eine funktional, bautechnisch, gestalterisch und städtebaulich misslungene Idee ohne jede ökonomische Vernunft ist.

So lange schon stopfen Politiker und Haushalter in Berlin, Düsseldorf und Dortmund viel Arbeit und Geld in Planungen, Gutachten und Genehmigungen und versprechen den wechselnden Finanzjongleuren in der Ferne riesige öffentliche Subventionen für die private Profit-Blase. So lange schon bleiben wichtige stadträumliche Flächen in der City liegen. Natürlich bleibt auch das Herzstück – der Hauptbahnhof – die ganze Zeit liegen.

"Plötzlich ist es zu teuer" – was Wunder angesichts des technisch und ökonomisch unsinnigen Projekts. Was für Fachleute haben da die ganze Zeit geplant und gerechnet? Was haben die Politiker und Haushälter die ganze Zeit gemacht? Haben sie nie bemerkt, dass das nicht solide zu finanzieren war? Ist ihnen nie aufgefallen, dass es keine anspruchsvollen Nutzer gab?

Jetzt eilen Oberbürgermeister und Dezernenten nach Düsseldorf und Berlin und versuchen, noch mehr Millionen öffentliches Geld für die Spekulanten und ihr Subventionsgrab loszueisen. Es sind die gleichen Lokalpolitiker, die die im Vergleich dazu wenigen Euros nirgends loseisen, die für Sozialtickets zum Nulltarif gebraucht werden, die kommunales Personal ohne Sinn und Verstand abbauen, die Arbeitslose in Ein-Euro-Jobs abschieben und die Ausgabesperren für den eben beschlossenen Haushalt beschließen.

  • Es ist genug: Schluss damit – keine weiteren Steuergelder für das "3do"!
  • Es scheint vollbracht: Das Monster wird abstürzen, das Begräbnis wird organisiert, die Leichenreden werden geschrieben, die Rücktritte werden akzeptiert. 
  • Der lange Alptraum wäre beendet, eine Stadt könnte aufatmen – lasst uns feiern!


Medien-Erklärung anlässlich des Scheiterns von "3do"

Dortmund, den 05. März 2007

Der Absturz des "3do" wird von Lokalpolitik und –medien als eine epochale Katastrophe für Dortmund behandelt, die als völlig unerwartbar und gänzlich unerklärlich anzusehen sei. Nach Gründen für die Katastrophe wird weit außerhalb der Stadtgrenzen, in Portugal, in Berlin und in Düsseldorf gesucht. In der Stadt selbst hatte offenbar niemand etwas Verantwortliches mit der Sache zu tun.

Auch drei Tage nach dem Debakel - das ein Bankrott der Dortmunder Planungs- und Stadtentwicklungspolitik ist – sind Lokalpolitik und –medien sich einig: Parteien, Oberbürgermeisteramt und Dezernate sind unbeschädigt. Sie wollten immer nur das Beste für Dortmund, sie konnten es nicht besser wissen, sie waren gut aufgestellt und sie würden es immer wieder so machen.

Der Absturz des "3do" muss auch als Debakel der lokalen Medien und ihrer redaktionellen Arbeit gesehen werden:

  • In jeder Phase der mehr als zehnjährigen Planungszeit des Projekts - in welcher Form und mit welchen Inhalten auch immer es vorgeführt wurde - wurde das Vorhaben bejubelt, erst in der letzten Runde wurde der Jubel verhaltener. Provinzialismus und Lokalpatriotismus prägten die Behandlung des Themas.
  • In keiner Phase der mehr als zehnjährigen Planungszeit des Projekts – in welchem Zustand auch immer es vorgeführt wurde -  wurde das Vorhaben politisch unabhängig und fachlich kritisch begleitet. "Sachzwang"logik, Autoritätsgläubigkeit und Kuschen vor der Obrigkeit prägten bis in die letzte Runde die Behandlung des Themas.
  • Die die Planungen jahrelang schönredeten und das Projekt als sensationell gut, richtig und realistisch darstellten – viele Gutachter und Vermarkter waren damit beauftragt – wurden medial stets vorbehaltlos gelobt und gepriesen.
  • Die begründete Zweifel zur Machbarkeit anmeldeten und das Projekt öffentlich beharrlich kritisierten – viele waren es nicht - wurden medial stets als ewig gestrige Bedenkenträger und als vaterstadtlose Gesellen abgekanzelt oder einfach verschwiegen.
  • Dass im Oktober 1997 die DKP Dortmund das "ufo" einen "Schiß auf den Hauptbahnhof" genannt hatte und in der Folge das Linke Bündnis Dortmund das "3do" in allen Belangen politisch und fachlich kritisierte, wurde in der Berichterstattung der Medien in der Regel ausgeblendet.
  • Dass ich als Mitglied des Rates das Abstürzen als unausweichlich und als gut für die Stadt bezeichnet und – bereits eine Woche vor dem "Event" - den Rücktritt der politisch Verantwortlichen gefordert hatte, wurde in den Medien verschwiegen.
  • Als es soweit war und der Absturz vollbracht war, leisteten die Medien eine dreitägige, viele Druckseiten und Hör- und Bildminuten umfassende Trauerarbeit. Die wirklich konträre Position war ihnen keine Meldung wert.

Bei allen feinen Unterschieden - die redaktionellen Leitlinien überdauern: tiefes Einssein mit den politischen "Eliten" vor Ort und Reproduzieren der herrschenden Meinung und auf der anderen Seite Missachten und Abwehren wirklich kritischer Opposition. Die mediale Verarbeitung der Geschichte des "3do" kann als Lehrbeispiel für die "Medienfreiheit" im Neoliberalismus gelesen werden.


Mehr dazu auf der Webseite des Linken Bündnisses Dortmund







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