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Studie zu Arbeitsbedingungen: Fast jeder Vierte verdient zu wenig

Die Arbeitsbedingungen in Dortmund haben sich in den letzten Jahren stark verschlechtert. Das ist das Ergebnis einer Studie, die die Kooperationsstelle Wissenschaft und Arbeitswelt der Sozialforschungsstelle Dortmund vorgelegt hat.

„Fast jeder Vierte ist inzwischen im Niedriglohnsektor beschäftigt”, so der DGB-Vorsitzende Eberhard Weber. Und erreiche mit seinem Verdienst gerade 60 Prozent des durchschnittlichen Einkommens in Deutschland.

„Prekäre Beschäftigung und lokale Gewerkschaftsarbeit” ist sie überschrieben, und Verfasser Dr. Klaus Kock hat darin Tendenzen beschrieben, die zur zunehmenden Verunsicherung der Arbeitnehmer geführt haben. Nach einer offiziellen Statistik der Stadt Dortmund waren 2007 nur noch 58 Prozent der Erwerbstätigen in einer sozialversicherungspflichtigen Vollzeitstelle beschäftigt. Die Tendenzen:

»Tarifliche Vereinbarungen gelten oft nichts mehr.«

Vom Tarifvertrag zur freien Aushandlung. „Tarifliche Vereinbarungen gelten oft nichts mehr”, so Kock. Er weiß von einem Beispiel zu berichten, dass ein Arbeitsplatz in einer Bäckerei schlicht versteigert worden ist - nur nicht an die Höchstbietende. „Der Chef wollte jemanden einstellen, fünf Frauen kamen. Er sagt, er könne keinen Tarif zahlen, aber für sechs Euro würde er jemanden nehmen. Da sind zwei Frauen gegangen. Dann hat er gefragt, wer es denn für 5,50 machen würde. Da waren es nur noch zwei. Und dann hat eine - sie war ungelernt - gesagt, dass sie auch für 4,50 arbeiten würde. Die hat dann den Job gekriegt.”

Vom Personal zum Subunternehmen. Dadurch, dass Betriebe an Subunternehmer Arbeit abgäben, die ihr Personal unter schlechteren Bedingungen arbeiten ließen, würde die Stammbelegschaft unter Druck gesetzt.

Von der Vollzeitstelle zum Teilzeitjob. „Das nimmt zu”, so Kock, „und zwar, ohne dass die Belegschaft vorher gefragt wird.”

Vom Regeleinkommen zum Honorar. Ob in Gaststätten, in Weiterbildungsinstituten oder der Kulturwirtschaft - die Unternehmen würden zunehmend weniger Leute einstellen, sondern sie über Honorare beschäftigen. „Dadurch wird das Einkommen immer unkalkulierbarer”, sagt der Wissenschaftler.

Vom internen Aufstieg zur Arbeit auf Probe. Kock: „Heute verharren viele Mitarbeiter in Bewährungsschleifen. Leiharbeiter zum Beispiel, die sich ständig fragen, ob sie jetzt übernommen werden oder nicht. Viele Unternehmer halten die Leute absichtlich in der Schwebe.”

Vom Miteinander zum Gegeneinander. Es gibt feste Mitarbeiter und Teilzeitkräfte, befristete und unbefristete - also immer irgendwie konkurrierende Kollegen. „Das hat Folgen für den Zusammenhalt der Belegschaft”, meint er. Die Stammbelegschaft fürchte, sie könne ersetzt werden von denen, die alles dafür tun, um genommen zu werden. „Das sind dann die, die stillhalten und viel leisten.”

Von Beschäftigungsgarantien zum Heuern und Feuern. Banken zum Beispiel bezeichneten manche Mitarbeiter als Schwachleister, wenn sie bestimmten Kriterien nicht entsprächen. Ein ständiges Gefühl der Unsicherheit sei bei ihnen die Folge - „die befürchten dann, dass sie mit der nächsten Rationalisierungswelle 'rausgespült werden.”

Der DGB will der Entwicklung mit dem Leitbild „Gute Arbeit in Würde und Stolz” entgegentreten. Ansiedlungspolitik müsse mit Qualitätsstandards gekoppelt werden. Die Wirtschaftsförderung müsse das begleiten, um Niedrigstandards zu verhindern.

Quelle: WR vom 17.05.09

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