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Polizei: "Klar gibt es No-Go-Areas"

Mehr Offenheit und Ehrlichkeit im Umgang mit Rechtsextremismus fordert Frank Richter, NRW-Vorsitzender der Polizeigewerkschaft GdP.

Dazu gehöre für ihn auch, dass Polizei vor Ort gesellschaftspolitisch Flagge zeigt und zu erkennen gibt: "Nein, wir wollen die Rechten nicht." Was Richter im Gespräch mit unserer Zeitung noch sagt: "Es ist Unsinn, so zu tun, als gebe es keine No-Go-Areas. Klar gibt es die!" Solche Gegenden, um die man allein und im Dunkeln und je nach Nationalität und Hautfarbe besser einen Bogen macht, seien Realität - "in Dortmund wie in anderen Großstädten auch".

"Man muss die Quartiere beim Namen nennen."

Die Polizei würde zu Einsätzen in No-Go-Areas "nur noch mit mindestens drei Streifenwagen ausrücken". Auch hier lautet Richters Forderung: "Man muss die Quartiere beim Namen nennen." Nur wenn die sozialen Probleme als solche erkannt und bekannt seien, könne man sie gesellschaftspolitisch bekämpfen.

Auch wenn der Vorsitzende der nordrhein-westfälischen Polizeigewerkschaft Dortmund nicht explizit nannte, kritisierte er indirekt doch das Verhalten der Kollegen vor Ort in der Diskussion um den Rechtsextremismus.

Dortmunds Polizeipräsident Hans Schulze steht bereits seit Jahren in der Kritik, weil er sich nach dem Geschmack vieler demokratischer Kräfte nicht entschieden genug gegen rechte Aktivitäten in der Stadt zur Wehr setze. Zudem, so der Vorwurf, spiele der Staatsschutz in Dortmund die Gefahr von Rechts herunter.

"Die Losung der Vergangenheit lautete: totschweigen. Doch die Entwicklung hat gezeigt, dass das nichts bringt", sagt Frank Richter. Zudem befinde sich die Polizei in der Zwickmühle. "Wir müssen genehmigte Neonazi-Aufmärsche schützen - ob wir wollen oder nicht - und glauben Sie mal nicht, dass uns das Spaß macht." Wenn man den Menschen verständlich machen wolle, "dass wir nicht die Rechten schützen, sondern das Demonstrationsrecht", sei "ein klares Bekenntnis gegen Rechtsextremismus auch eine Frage der Glaubwürdigkeit."

Dass die rechte Szene Dortmund ausgeguckt hat, um hier "eine ihrer Schaltzentralen zu etablieren", zuletzt sogar mit Verstärkung aus Holland und Belgien, sei offensichtlich, sagt Richter.

Positiv bewertet der NRW-Chef der GdP, "dass sie's bisher nicht geschafft haben". Die jahrzehntelange Tradition als "Schmelztiegel der Nationalitäten" festige das Ruhrgebiet stärker gegen Angriffe von Extremisten als viele andere Regionen gerade in Ostdeutschland.

Dennoch ist die Zahl der rechtsextremistischen Straftaten in Dortmund von 178 im Jahr 2006 auf 209 im vergangenen Jahr gestiegen. Ein Punkt, den Richter eher positiv bewertet - warum? "Die Menschen sind sensibler. Sowohl die Kollegen als auch die Bürger bringen mehr Fälle zur Anzeige."

Die Gefahr für die Gesellschaft hat sich verstärkt

Dennoch habe sich die Gefahr für die Gesellschaft verstärkt. "Die rechten Kräfte agieren nicht mehr dumpf mit 'Ausländer-raus-Parolen'. Sie besetzen inzwischen viele sozialpolitische Themen." Und zwar solche, "auf die Politik und Gesellschaft bis jetzt keine Antworten finden".

Quelle: WR vom 15.04.08

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