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Nordstadt steckt tief im Schuldensumpf

Dortmund gehört zu den zehn deutschen Großstädten mit den meisten überschuldeten Einwohnern. Am schlimmsten betroffen: die Nordstadt.

Die Stadt profitiert zwar von dem landesweiten Trend, dass sich die Lage privater Überschuldungen insgesamt leicht entspannt hat. Doch im Vergleich aller 413 Kreise und kreisfreien Städte liegt Dortmund auf einem unrühmlichen 388. Platz. Unter den Großstädten mit mehr als 400 000 Einwohnern schneidet Dortmund sogar am drittschlechtesten ab. Nur in Bremen und Duisburg ist die Schuldnerquote noch höher.

Der gestern veröffentlichte Schuldneratlas 2009 der Creditreform kommt zu dem Ergebnis, dass in Dortmund im vergangenen Jahr im Schnitt 12,63 Prozent aller Erwachsenen überschuldet waren. Rund 56 800 der über 18-jährigen Einwohner können auf Dauer ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen und haben weder Vermögen noch Kreditmöglichkeiten zur Verfügung. Anders ausgedrückt: Jeder zehnte Dortmunder hat Schulden am Bein, die er aus eigener Kraft praktisch nicht mehr los wird. Zum Vergleich: Das bayrisches Eichstätt hat mit einer Quote von 3,7 Prozent die wenigsten überschuldeten Einwohner in Deutschland. Die Stadt mit der höchsten Schuldnerquote überhaupt dagegen ist Wuppertal (17,9 Prozent). Im Ruhrgebiet führt Gelsenkirchen mit 14,62 Prozent die Tabelle an.

Blickt man in einzelne Stadtteile, stellt sich die Lage aber auch in Dortmund als besonders dramatisch dar. So ist der Postleitzahlbereich 44145 - das entspricht der östlichen Nordstadt - der am stärksten von Privatverschuldung betroffene Bezirk im ganzen Ruhrgebiet. Hier sind fast 27 Prozent der erwachsenen Bewohner, also mehr als ein Viertel, überschuldet. Auch das Gefälle zwischen „armen” und „reichen” Stadtteilen ist in Dortmund besonders groß: Mit einer Quote von knapp 6,9 Prozent am wenigsten verschuldet sind die Höchstener - über 20 Prozentpunkte liegen zwischen dem Ortsteil im wohlhabenden Dortmunder Süden und der Nordstadt.

Die Gründe für die hohe Privatverschuldung besonders in den Städten des Ruhrgebietes sind die hinlänglich bekannten: Arbeitslosigkeit und niedrige Einkommen rangieren ganz weit oben auf der Liste der Hauptfaktoren. Die Creditreform-Studie zieht einen glasklaren Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Arbeitslosen- und der Schuldnerquote. Die eine folgt der anderen jeweils um zwei Jahre zeitversetzt. Außerdem lockt in den Städten das üppigere Konsumangebot gegenüber ländlichen Regionen.

Insgesamt zieht der Schuldneratlas 2009 eine gemischte Bilanz: Das zweite Jahr in Folge ist die Überschuldung rückläufig, und zwar nachdrücklicher als in Folge der Weltfinanzkrise befürchtet. Gleichzeitig stehe aber ein weiterer Rückgang nicht zu erwarten. Besorgniserregend: Die heutige Schuldner stecken tiefer als je zuvor im Schuldensumpf. Eine Entschuldung werde zunehmend schwerer.

Quelle: WAZ vom 23.02.10

Schulden-Statistik: Viele Sorgen – wenig in der Tasche

In Dortmund sitzen weniger Bürger in der Schuldenfalle als in den letzten sechs Jahren. Doch diese Nachricht ist so ziemlich die einzig gute, die sich aus dem Schuldneratlas 2009 ziehen lässt.

Denn: Wer hier und heute in den Schuldensumpf gerät, rutscht tiefer hinein als jemals zuvor. Und: In nächster Zeit werden immer mehr Dortmunder in Geldnot kommen.

Schuldner-Hochburg

Die aktuelle Creditreform-Analyse bildet die Überschuldung der Privathaushalte seit 2004 ab. Dortmund setzt in dem Ranking viele negative Marken: Bundesweit – nach Duisburg und Bremen – die Nummer 3 der Schuldner-Hochburgen über 400 000 Einwohner. Ruhrgebietsweit die höchste Verschuldung in einem Postleitzahlenbereich (44145). Revierweit – nach Essen – die zweitgrößte Spreizung zwischen Arm und Reich. Deutlich mehr Soll als Haben in der Westfalenmetropole.

Armer Norden

Schwarze Zahlen im Süden, rote im Norden – auch finanziell zieht sich ein tiefer Graben mitten durch die Stadt. Nur 6,9 Prozent der Bürger in den Postleitzahlbereichen 44267 (Höchsten, Holzen, Berghofen, Benninghofen-Loh) bzw. 44227 (Kirchhörde, Lücklemberg, Löttringhausen, Bittermark) haben Schulden. Aber 27 Prozent der Bürger in der Nordstadt bzw. in angrenzenden Teilen von Lindenhorst kommen mit ihrem Geld nicht über die Runden. 2007 lag die Verschuldung dort sogar noch höher: bei annähernd 30 Prozent. Die nächst größeren Sorgen macht man sich überraschenderweise in Hörde. Mehr als 17 Prozent drückt dort der Schulden-Schuh.

Scharnhorst baut ab

Entspannung herrscht in weiten Teilen von Wichlinghofen, Wellinghofen, Syburg, Buchholz und Hacheney (7,5 Prozent Schuldner) sowie in Schnee, Kruckel, Schönau, Barop und Menglinghausen (7,9 Prozent). Bemerkenswert: Auf sechs Jahre gesehen, wurden in Scharnhorst die meisten Verbindlichkeiten abgebaut. Dort sank die Schuldenquote von 13,8 auf 12,25 Prozent. Positiv auch die Kurven in der Oststadt (-1,4 auf 14,2 Prozent) und im Raum Lütgendortmund, Bövinghausen, Westrich, Somborn (-1,15 auf 14,7 Prozent). Mit 1,2 Prozent mehr Schulden als 2004 liegt die Nordstadt auch im Langzeitvergleich am Ende.

Es wird nicht besser

Kauf auf Pump und eine schlechte Haushaltsführung sind laut Creditreform-Atlas „häufige Ursachen von Überschuldung”. Hauptrisikofaktoren: Trennung, Scheidung, niedrige Löhne und – Arbeitslosigkeit. Weil die Schuldnerquote – zeitversetzt um ca. zwei Jahre – der Arbeitslosenquote folgt, wird es künftig wohl noch enger auf der privaten Vermögensseite. Vor allem in den Problemvierteln. Denn die finanzielle Sanierung gerät in Bereichen mit vielen „Negativmerkmalen” am schwierigsten. Schlechte Vorzeichen für die Nordstadt.

Quelle: WR vom 23.02.10

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