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Mahnwache vor der Citibank

Ersparnisse weg, Vertrauen weg

Verraten und verkauft, fühle sie sich, erzählt Marion S. 10 000 Euro hat die Kleinanlegerin in Lehman-Zertifikate investiert, in der Hoffnung, nach Laufzeit der Papiere ein schönes Sümmchen auf der hohen Kante zu haben. Geld, das die Hausfrau wohl nicht mehr wieder sehen wird.

Denn mit der Pleite der amerikanischen Investmentbank im September verlor die Dortmunderin einen Großteil ihrer Ersparnisse. Kein Einzelschicksal, wie sich herausstellen sollte. Rund 40 000 Bankkunden sind hierzulande betroffen. Im Zentrum der Kritik: die Citibank. Sie hat 75 Prozent der in Deutschland verkauften Zertifikate vertrieben und ihren Anlegern - so der Vorwurf - die Risiken eines Totalverlusts verschwiegen. Gegen diese Form der Falschberatung wollen sie aufmerksam machen, die 14 Demonstranten der Interessengemeinschaft Lehman-Geschädigter, die sich am vergangenen Freitag zur Mahnwache vor der Citibank-Filiale am Brackeler Hellweg eingefunden haben. Der Treffpunkt sei kein Zufall, sagt Sprecherin Marion S., sondern mit Bedacht ausgewählt: „Viele unserer 42 registrierten Mitglieder wurden hier beraten.”

Auf Plakaten haben sie eine Chronologie der Ereignisse zusammengetragen, Wut und Zynismus sprechen aus jedem Wort. Flyer werden verteilt, Vorbeilaufende informiert. Unter ihnen Kunden, die, peinlich berührt, die Bankfiliale betreten. „Passen Sie ja gut auf ihr Geld auf”, rät Detlef G. aus Bergkamen einer jungen Frau, „es ist schneller weg, als Sie denken können.” Auch er ein Geschädigter, der sich mit der Dortmunder Gruppe solidarisiert. Wachrütteln und sensibilisieren wollen sie. Und natürlich ihrem Ärger Luft verschaffen: „Man hat uns bewusst die risikoreichen Wertpapiere verkauft”, sagt ein älterer Herr und erklärt: „Die Citibank ist der größte Gläubiger von Lehman Brothers und hatte ein verstärktes Interesse daran, dass immer wieder neues Geld zurückgeführt wurde.” Selbst als die Medien den drohenden Konkurs der US-Investmentbank in Umlauf brachten, beruhigte ihn der Bankberater seines Vertrauens. Jetzt bloß nicht verkaufen, habe dieser ihm geraten, die Zertifikate seien schließlich 100prozentig kapitalgeschützt. Eine Aussage, die der Rentner so heute nicht mehr glauben würde. Die Umstehenden nicken. Ihre Geschichten sind ähnlich.

Rabenschwarzer Montag

„Sicherheit habe ich auf dem Vertrag angekreuzt, bekommen hab ich aber etwas ganz anderes”, fasst Marion S. zusammen. „Der letzte Tag meines Vermögen”, so bezeichnet sie jenen rabenschwarzen Montag im September, als ihr die Bankberaterin offiziell bestätigte, was sie selber schon ahnte. Da war es allerdings zu spät. Geld und Vertrauen - beides war weg. Die Hoffnung, einen Teil des verlorenen Geldes erstattet zu bekommen, hat sie bereits aufgegeben. 27 Millionen stellt die Citibank zwar zur Verfügung, doch nur etwa jeder Vierte wird nach einem aufwendig gestalteten Punktesystem entschädigt. „Hierbei handelt sich um kein Schuldeingeständnis, sondern um ein Kulanzangebot seitens der Citibank", betont Unternehmenssprecher Ingo Stader. Eine Lösung, die er als fair einschätzt: „Für die wirklich in Not geratenen Menschen, also die sozialen Härtefälle, möchten wir gerne etwas tun.”

Worte, die in den Ohren der Betroffenen wie blanker Hohn klingen: „Wir waren keine Spitzenverdiener und mussten viele Jahre hart dafür arbeiten”, sagen sie bitter.

Quelle: WR vom 14.06.09

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