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Schlange der Hoffnungslosen

"Ich komme mir vor wie auf einer Insel, von der immer mehr Land abbricht und das Wasser steigt und steigt. Ich habe keine Möglichkeit, etwas dagegen zu tun."

Betroffenheit, wohin man sieht. Resignation, ausgesprochen von einem weiblichen Gast. Die Frau sagt auch: "Angst macht mir, dass ich mich für die Zukunft nicht mehr absichern kann. Meine private Haftpflicht musste ich kündigen und meine Sterbegeldversicherung auch."

Sie ist eine von vielen. Vielen Hartz-IV-Gebeutelten, die Tag für Tag anstehen für eine warme Mahlzeit: Die Kana-Suppenküche an der Mallinckrodtstraße 114 hat Hochkonjunktur. Eine Konjunktur, die nachdenklich und traurig macht. 230 Essen gab Kana am Montag aus, täglich nie unter 200 und Ende des Monats sind es stets um die 300. "Es kommen viele neue, jüngere Leute zu uns, oft Paare. Ihnen gemeinsam ist eine beängstigende resignative Stimmung. Sie fühlen sich tatsächlich schuldig an der eigenen Situation, solidarisieren sich aber nicht untereinander. Ich persönlich bin erschrocken, dass viele Gäste sich nicht über ihr Schicksal austauschen." Ingrid Wiechert vom Kana-Helferteam bedrückt diese desolate Stimmung.

Entspannung hatte sich Kana von den Lebensmittel-Übergabestellen der Dortmunder Tafel erhofft, aber " wie bekannt " meldet längst auch die Tafel dauerhafte Überfüllung. Und: Eine weitere Anlaufstelle für Menschen in Not, die Suppenküche Johanneskirche, muss feststellen, dass die Zahl der Armen in Dortmund ständig wächst. Waren es zu Beginn um die 50 Gäste, sind es inzwischen, nur zweieinhalb Monate nach der Eröffnung, 85 Gäste, die sich dort mittwochs zum Essen treffen.

Ingrid Wiechert hört genau zu, wenn in der Kana-Suppenküche doch mal ein Gast leise über sein Schicksal spricht. "Ich bekomme 651 Euro einschließlich Miete. Das bedeutet für mich, dass ich nach Abzug aller Kosten 200 Euro zum Leben habe. Ich habe hohe Schulden, die ich bisher mit 50 Euro monatlich abzahlte. Das ist jetzt nicht mehr zu machen", berichtete ihr ein Mann. Eine Frau ergänzt: "45 Euro soll jeder Hartz IV-Empfänger für größere Anschaffungen zurücklegen. Dabei sind jede 500 Euro für ein Inkassobüro pfändbar." - bö

Quelle: RN vom 13. Juli 2005

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