Große Nachfrage nach Kleinkrediten

Jeder zweite Haushalt in Deutschland ist verschuldet, jeder zehnte überschuldet. Allein 30 000 Haushalte in Dortmund leben an der Grenze zur Pfändung schätzt man bei der Schuldnerberatung des Katholischen Vereins für soziale Dienste (SKM). Hauptursachen: Krankheit, Scheidung, Arbeitslosigkeit und in Dortmund zunehmend auch Kurzarbeit. Mit dem kommenden Weihnachtsfest dürfte sich die Lage weiter verschärfen.

Alwin Buddenkotte, Geschäftsführer des SKM und langjähriger Schuldnerberater, beobachtet die gesellschaftlichen Entwicklungen und finanziellen Abwärtsspiralen in Dortmund mit Besorgnis. „Weihnachten ist schon jetzt allgegenwärtig, die Devise des geschäftstüchtigen Einzelhandels: 'Heute kaufen - morgen bezahlen!'” - und das Morgen wird ganz klein geschrieben. Und wirklich: Kosten und Zinsen stehen oftmals im Kleingedruckten.

Flachbildschirme, Playstations & Co. - die Dortmunder haben immer öfter weniger Geld - aber immer noch viele offene Konsumwünsche. Gerade zu Weihnachten. „Das ist eine emotionale Zeit, das Fest der Familie, der Kinder. Da werden viele Kaufentscheidungen an Gefühle gekoppelt und der Verstand ausgeschaltet.” Das Problem: Die wirtschaftliche Situation vieler Dortmunder habe sich verändert. Die Weltwirtschaftskrise ist im Portemonnaie angekommen. Das gilt besonders für 11 254 Kurzarbeiter aus 435 Dortmunder Betrieben. Das gilt auch für zehntausende Niedriglohnverdiener, Aufstocker und Hartz-IV-Empfänger. Menschen mit geringen Löhnen kämen immer häufiger in die Beratungsstunden. Beide wachsen stetig: Die Schulden der Bürger und die Frage nach Hilfe. 1400 Bertungen zählte der SKM 2009.

Weihnachtsgeld? Das war einmal. Zunehmend könnten Arbeitnehmer von Weihnachtsgeld nur noch träumen. „Viele können sich Weihnachten nicht mehr leisten.” Zu viele wollen aber auch nicht darauf verzichten. Leute, die acht Stunden täglich ackerten und gerade so über die Runden kämen, wollten sich und ihre Familien auch mal belohnen. Während die einen in die Schuldnerberatung kämen mit der Frage „Wie soll ich das nur machen?” - schaffen die anderen Fakten - und gehen einfach shoppen.

Ein Grund dafür sind gesellschaftliche Zwänge: Wer von der Konsumgesellschaft nicht ausgegrenzt werden wolle, müsse konsumieren - oft funktioniere „die Teilhabe nur über Ratenkauf”, so Buddenkotte.

Die andere Möglichkeit: Kredite bei Bankhäusern. Bei der Sparkasse Dortmund beispielsweise verzeichnet man im Vergleich zu den Vorjahren eine „verstärkte Nachfrage nach Konsumenten-Krediten”, sagt Sprecherin Jeanette Bludau. Immer öfter werden Kleinkredite bis zu Größe einer Auto-Finanzierung nachgefragt. Dem komme man mit neuen Angeboten entgegen.

Quelle: Der Westen vom 25.10.09