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"Bei Gewalt eisenhart durchgreifen"

Der 1. Mai 2007: Der Tag, an dem Dortmunds Bürger den Neonazis eindrucksvoll zeigten: Ihr habt hier nichts zu suchen. Es war aber auch der Tag der Gewalt. Autonome setzten in der östlichen Innenstadt Schienen in Brand, warfen Steine. Einer von ihnen wurde gestern im Amtsgericht zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Ein Jahr und zwei Monate Freiheitsstrafe - ausgesetzt zur Bewährung - wegen Landfriedensbruch in einem besonders schweren Fall, gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr, versuchter gefährlicher Körperverletzung und Widerstandes gegen Polizeibeamte, so lautete das Urteil gegen den Dortmunder (39), der zuvor ein Geständnis abgelegt hatte. Er nahm das Urteil gefasst auf - im Gegensatz zu seinen Gesinnungsgenossen, die während der Urteilsbegründung demonstrativ den Saal verließen.

"Ob nun irgendein Herr Müller, ein Herr Meier, ein Ali, ein Neonazi oder ein Linker Steine gegen Polizisten wirft, ist völlig egal: Bei Gewalt wird hier eisenhart durchgegriffen", machte Amtsrichter Dr. Reiner Kollenberg dem Angeklagten klar. Der Jurist verbat sich zudem jegliche Unterstellung, dass Neonazis milde bestraft würden. "Ich bin seit 30 Jahren Richter, hatte viele Verfahren auch gegen die rechte Borussenfront. Und ich sage Ihnen: Die sind nicht mit einer Bewährung nach Hause gegangen." Mit seiner Entscheidung lag das Gericht vier Monate unter dem Antrag des Staatsanwaltes Ludger Strunk: "Niemand außer dem Verwaltungsgericht darf eine Demonstration verhindern", erklärte Strunk. Denn das war am 1. Mai das Ziel der zahlreichen Autonomen: Durch Errichten von brennenden Barrikaden auf den Schienen hinter der Kronprinzenstraße wollten sie verhindern, dass sich die aus Dorstfeld kommenden Neonazis in Körne treffen konnten. Tatsächlich wurde der Bahnverkehr lahm gelegt, entstand ein Schaden in sechsstelliger Höhe. Die Neonazis wurden letztlich mit Bussen der Stadtwerke zur Demo nach Körne kutschiert.

Rechtsanwältin Gesine Ickert erinnerte in ihrem Plädoyer an diverse Übergriffe der rechten Szene, beispielsweise an den Tod des Punkers "Schmuddel", mit dem der Angeklagte befreundet war. "Schmuddel" wurde im März 2005 in der U-Bahnstation Kampstraße von einem Rechtsradikalen erstochen. Auf den politisch-historischen Kontext wies dagegen ihr Kollege Rechtsanwalt Peter Budde hin: "Die Gefahr von Rechts ist real, wie der Brandanschlag auf eine türkische Familie in Solingen oder die Übergriffe in Hoyerswerda zeigen." Sein Mandant habe den Eindruck gewonnen, die Polizei handele einfach nicht. "Und da griff er zum Instrumentarium der Selbsthilfe."

Quelle: Westfälische Rundschau vom 10.10.2007

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