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347 Euro Regelsatz - Abseitsfalle inklusive

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Trikot und BVB-Schal hat Martin Domann erstmal im Schrank vergraben. Ein Stück Heimat auch. Die Dauerkarte kann sich der glühende BVB-Fan als ALG II-Empfänger nicht mehr leisten. "Das reicht hinten und vorne nicht", weiß er. 2006 hat er eine Unterschriftenaktion ins Leben gerufen. Sein Wunsch an den BVB: Verbilligte Eintrittskarten für ALG lI-Empfänger.

347 Euro sind zum Leben zu wenig. Mit dieser Einschätzung steht Domann nicht allein. Seit Jahren kritisieren Sozialverbände und Gewerkschaften den neuen Regelsatz, der nach Meinung des Gesetzgebers ein bedarfsgerechtes Existenzminimum festlegen soll. U.a. der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband (DPWV) sieht das nicht erfüllt. Er fordert, dass der Satz deutlich erhöht und jährlich an die reale Teuerungsrate angepasst wird. Nach seinen Berechnungen müsste er um 20 Prozent auf 420 Euro angehoben werden. Der derzeit geltende Satz verhindere Armut nicht, so DPWV-Hauptgeschäftsführer Dr. Ulrich Schneider, sonder treibe Menschen geradewegs in soziale Not.

Der Regelsatz

Mit 347 Euro müssen alle Lebenshaltungskosten betritten werden - außer Miete und Heizkosten. Insgesamt 12 Ausgaben-Positionen gehen in die Berechnung ein: z.B. für Nahrung, Bekleidung, Gesundheitspflege, Instandhaltung des Haushalts, für Freizeit und Kultur. Datengrundlage sind die Verbrauchsausgaben in unteren Einkommensgruppen, die aus der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) ermittelt werden.

Dortmunder Sozialticket

Zum Beispiel: Für die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln stehen monatlich 14,11 Euro zur Verfügung. Ein Monatsticket kostet aber mindestens 33,32 Euro. Die Mobilität ist - ohne Ticket - also stark eingeschränkt. Das Dortmunder Aktionsbündnis "Sozialticket zum Nulltarif auf Dortmund-Pass" kämpft deshalb mit einer Unterschriftenaktion für die "Freie Fahrt in Bus und Bahn". Jeder Bürger kann die Aktion mit seiner Unterschrift unterstützen. Schon seit Jahren gibt es die Diskussion um ein Sozialticket. Im September stimmten nun endlich SPD und Grüne für ein verbilligtes Sozialticket. 15 Euro soll es kosten und anfang Januar 2008 an den Start gehen, wenn die Dortmunder Stadtwerke mitspielen.

Ins Abseits gedrängt

Domann ist Maurer und Lagerist. Wie gesellschaftliche Ausgrenzung sich anfühlt, weiß er genau. Arbeiten wollen, aber verzichten müssen - auf ein geregeltes Einkommen, den Umgang mit Kollegen und gesellschaftliche Anerkennung. Auch auf das, wass man lapidar Freizeitgestaltung nennt, für ihn aber eine Weltanschauung ist: der Fußball und der BVB. Seit 28 Jahren ist er dabei, hat als Kind im Verein gespielt. Seit 26 Jahren hatte er eine Dauerkarte. Für "Sport- und Feizeitveranstaltungen" sind 6,27 Euro monatlich oder aufs Jahr gerechnet 75,24 Euro im Topf. Zu wenig für die 148 Euro teure Dauerkarte auf der Südtribüne. Im Februar 2007 hatte er ein Gespräch mit BVB-Präsident Dr. Reinhard Rauball - mit wenig Erfolg. "Ich mach trotzdem weiter. 1900 Unterschriften habe ich schon zusammen. Und es werden noch mehr."

Unterschriftenlisten für das kostenlose Sozialticket und die ermäßigten BVB-Karten liegen beim Mieterverein aus. Wer mit Martin Domann Kontakt aufnehmen möchte, hier die Adresse: onefreeman.1968 (ät) yahoo.de

Quelle: Mieterforum, Zeitschrift des Mietervereins Dortmund Ausgabe IV/2007

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