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Weg von der Straße

Helle, hohe Räume, viele Fenster, die Licht durchlassen, frisch gestrichene Wände und genügend Platz zum Atmen. Das pure Kontrastprogramm zum Leben auf der Parkbank. Einige Obdachlose haben das Glück, ab Montag von der Straße zu kommen. Die Einrichtung "Das Gast-Haus statt Bank" konnte in der ersten Etage über ihrem Obdachlosen-Treff an der Rheinischen Straße eine großzügige Wohnung von der Stadt anmieten.

Hier wurde - auch mit Hilfe der eigenen Besucher - ganz frisch renoviert. Es entstanden ein Appartement für eine Einzelperson und eine große Wohneinheit mit drei üppigen Zimmern, einer Gemeinschaftsküche, samt Flur und zwei Badezimmern für weitere drei Obdachlose. Sie, eigentlich ans Einzelgängertum gewöhnt, lernen hier, sich auch in einer Gemeinschaft zu bewähren.

Außerdem zieht das Büro vom Gast-Haus nach oben und macht unten Platz für Praxisräume, in denen der Internist Dr. Klaus Harbig dreimal pro Woche Obdachlose behandelt. Viele von ihnen sind ernsthaft erkrankt, aber fast alle haben gravierende gesundheitliche Probleme mit ihren Füßen, leiden unter stark eitrigen Entzündungen, Druckgeschwüren, können kaum noch auftreten. Der Arzt investiert viel Eigenmittel in die Behandlung, denn ein Großteil seiner Klientel ist nicht krankenversichert oder könnte sich gar so etwas wie eine Praxisgebühr leisten. 35 bis 40 Patienten hat Dr. Harbig bei jedem Termin im "Gast-Haus". Dank der üppigen Spende eines Bayern, der vom Engagement Harbigs im Radio über den Deutschlandfunk hörte, waren seine Zuzahlungskosten für ein Jahr in Höhe von 10 000 Euro gedeckt.

Werner Lauterborn, Vorsitzender der Obdachlosenhilfe hat auch noch im zehnten Jahr "Gast-Haus" seine Kreativität nicht verloren. Gestartet als einfacher Frühstücksraum für Wohnungslose, finden an der Rheinischen Straße längst auch kulturelle Abende mit Dortmunder Künstlern statt, monatliche Gottesdienste, die immer besser besucht werden, und vielleicht bald auch juristische Beratungen.

Nur eine Sorge grämt - neben dem Bangen um genügend Spenden - Werner Lauterborn: Das Mitarbeiter-Problem. "Wir hatten zuletzt zehn Abmeldungen von neueren Mitarbeitern." Wer helfen will, kann sich melden unter Tel. 14 09 36. - bö

Quelle: Ruhr Nachrichten vom 10. August 2006

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