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"Abmagerung" droht

Es riecht nach Tod auf Raten: Mit der finanziellen Diät, die das Land dem Forschungsinstitut für Kinderernährung in Dortmund verordnen will, wird es verhungern.

Daran ließ Geschäftsführer Wolfdieter Homann gestern gegenüber der Presse keinen Zweifel. Wie bereits berichtet sollen dem Institut noch in diesem Jahr die Mittel gekürzt werden " um 20 Prozent. Dann muss es mit 1 Mio. Euro auskommen. Homann wurde bereits schriftlich aufgefordert, sich andere Geldquellen zu erschließen. Zwischen den Zeilen gelesen heißt das für ihn, "schon mal Kündigungsschreiben aufzusetzen". Ein Drittel des Personals müsste gehen. Bei 27 Mitarbeitern auf 15,5 Stellen sind viele Teilzeitkräfte betroffen. "Forschung ist dann nicht mehr möglich."

Schon jetzt ist bei den Ernährungsforschern Schmalhans Küchenmeister. Neue Studien, wie die für dieses Jahr geplante Untersuchung zur Ernährungssituation von Migrantenkindern, können nur mit Drittmitteln durchgeführt werden und sind gefährdet, wenn wissenschaftliches Personal wegfällt.

Auch der "Datenschatz", den das Institut für Kinderernährung mit seiner nunmehr 19 Jahre währenden Langzeitstudie "DONALD" zusammenträgt, könne dann nicht mehr komplett gehoben werden, fürchtet Dr. Michael J. Lentze, wissenschaftlicher Leiter der Mitte der 1960er Jahre gegründeten Einrichtung. Die Einstellung der Studie, die Essgewohnheiten von Kindern ab Geburt bis zum 18. Lebensjahr protokolliert, "wäre ein großer Verlust für Deutschland." Und darüber hinaus! So basieren beispielsweise die EU-Grenzwertempfehlungen für Schadstoffe in Lebensmitteln auf den Daten der Dortmunder Forscher. "Wir arbeiten besser und internationaler als früher", bilanziert Michael Lentze.

"Uns stört deshalb die Rasenmäher-Methode, mit der das Land Geld sparen möchte", kritisiert Wolfdieter Homann und betont: "Jede Kürzung wäre schädlich, egal wie hoch sie ausfällt."

Kürzungen "ohne Qualitätsmaßstab" stoßen auch dem Landtagsabgeordneten Dr. Gerd Bollermann sauer auf. Er hofft auf eine "Bürgerbewegung in Dortmund, um den Institut den Rücken zu stärken." Und darauf, dass sich NRW-Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart in Dortmund blicken lässt, um sich über die Arbeit der Forscher zu informieren. Bei einer großen Info-Aktion am Samstag auf dem Markt in der Innenstadt wollen die Institutsmitarbeiter Unterschriften sammeln. - Ten

Quelle: Ruhr-Nachrichten vom 13. Februar 2006
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