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Offensive für Arbeitszeitverlängerung - Länder kündigen Arbeitszeittarifvertrag - Immer mehr Länder beschließen 40 - 42-Std-Woche ...

Trommelfeuer von Politikern und Wirtschaftsbossen für Arbeitszeitverlängerung - Gewerkschaftlicher Widerstand?


42-Stunden-Woche bald Standard

Nach Bayern und NRW (siehe unten) nun auch Baden-Württemberg, Saarland und Hessen: Immer mehr Bundesländer kündigen Erhöhung der Arbeitszeit an --> Bericht von Thomas Klein in junge Welt, 22.04.04
Forderung nach Streik unrealistisch? --> Interview in junge Welt, 22.04.04, mit Stephan Kimmerle (Sprecherrat "Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di")


Neu eingestellte Arbeiter und Angestellte im öffentlichen Dienst der westlichen Bundesländer sollen ab 1.Mai länger arbeiten.

Das hat die Konferenz der Länder-Ministerpräsidenten unter Leitung des bayerischen Regierungschefs Edmund Stoiber am 25.03.04 in Berlin ohne Gegenstimmen bei zwei Enthaltungen (Mecklenburg-Vorpommern und Berlin) beschlossen. Der Beschluss ermögliche den Ländern eine Anpassung der Arbeitszeit der Arbeiter und Angestellten an die der Beamten, sagte Stoiber. Er sei zudem ein Signal fuer die Arbeitszeitpolitik in ganz Deutschland. Beamte müssen bereits jetzt 41 bzw. 42 Stunden pro Woche arbeiten.  (Quelle: ddp/junge Welt/taz, 27.03.04)

Nach der Kündigung des Tarifvertrages durch die Länder hält Bayerns Ministerpräsident Arbeitszeiten von bis zu 42 Stunden pro Woche für möglich. Er kann sich vorstellen, dass künftig jede Befoerderung an die Bereitschaft für eine laengere Arbeitszeit geknuepft wird. Das sagte er der "Bild am Sonntag". Stoiber ist davon überzeugt, dass der öffentliche Dienst mit längeren Arbeitszeiten Vorreiter für andere Wirtschaftsbereiche sein werde.  (Quelle: t-online-nachrichten, 27.03.04)


Bayern geht voran: 42-Stunden-Woche beschlossen
(aus: t-online-nachrichten, 31.03.04)

Bayern hat am Mittwoch als erstes Bundesland die Konsequenzen aus der Kündigung des Arbeitszeittarifvertrages für den öffentlichen Dienst gezogen. Im Freistaat sollen noch in diesem Jahr alle Staatsbediensteten 42 Stunden in der Woche arbeitet.
Mehrarbeit ab 1. September Nach einem Beschluss der Landtags-CSU müssen Beamte und Angestellte vom 1. September an länger arbeiten. Für neu eingestellte Arbeiter und Angestellte gilt die längere Arbeitszeit bereits vom 1. Mai an. Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) sagte, es sei wichtig und zumutbar, dass der Staat bei der Arbeitszeit vorangehe: "Wenn der Staat insgesamt umsteuern, sparen und Bürgern auch Opfer abverlangen muss, dann darf er sich selbst nicht davon ausnehmen."
Beck: B-Länder auf Krawall gebürstet Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) kritisierte die Kündigung des Arbeitszeittarifvertrages, die von den Unions-regierten Ländern durchgesetzt worden sei. Er halte den Weg nicht für Erfolg versprechend, "aber die B-Länder (Unionsländer) sind da auf Krawall gebürstet", sagte Beck. Schleswig-Holsteins Finanzminister Ralf Stegner (SPD) warnte vor einem Bedeutungsverlust der Tarifgemeinschaft.
Kündigung am 1. Mai wirksam Die Länder hatten ihre Kündigung der einheitlichen Arbeitszeitregelungen in der vergangenen Woche mit der Forderung nach einer auf 42 Wochenstunden verlängerten Arbeitszeit verbunden. Die Kündigung wird zum 1. Mai wirksam. Derzeit liegt die Arbeitszeit im Westen bei 38,5 Stunden und im Osten bei 40 Stunden.
Weihnachts- und Urlaubsgeld in Gefahr Unterdessen droht die Kündigung zu einer Belastung für die Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) zu werden. TdL-Geschäftsführer Ulrich Rieger machte deutlich, dass die Länder bis zu 20 Prozent des Einkommens von der Leistung abhängig und zudem flexible Regelungen beim Weihnachts- und Urlaubsgeldes wollen. "Wir fordern, dass das Urlaubs- und Weihnachtsgeld der Angestellten im öffentlichen Dienst deutlich abgesenkt werden kann, wenn bestimmte Regionen nicht mehr in der Lage sind, diese Sonderzahlungen zu leisten", sagte Rieger der Zeitung "Die Welt".
Weniger Lohn für Leistungsschwache Bei einer Leistungsbezahlung dürfe aber die bisherige Gesamtlohnsumme nicht überschritten werden. Ferner sollte leistungsschwachen Angestellten das Gehalt gekürzt werden können, so Rieger.


Trotz massiver Proteste will Nordrhein-Westfalens Landesregierung die 41-Stunden-Woche einführen
(Quelle: taz-NRW, 05.04.04)

Begleitet von Massenprotesten gegen den Sozialabbau hat NRW-Finanzminister Jochen Dieckmann am Samstag die Einführung der 41-Stunden-Woche für Arbeiter und Angestellte des öffentlichen Dienstes angekündigt. Die Regelung gelte für Neueinstellungen ab Mai, so Dieckmann zum Handelsblatt. "Ich kann es nicht hinnehmen, wenn für Arbeitnehmer und Beamte zum Teil in ein und demselben Büro völlig unterschiedliche Arbeitszeiten gelten", gab sich der Minister fürsorglich.
Sigrid Wolf, Sprecherin des DGB in Nordrhein-Westfalen, kündigte gegenüber der taz massiven Widerstand der Gewerkschaften an ... "Das ist Arbeitsplatzvernichtung", so Wolf. Die "ungerechte und unsoziale" Politik der Landesregierung sei auch ein Signal an die Wirtschaft - "dabei schieben wir Berge von Arbeitslosen vor uns her". Nur durch Manipulationen der Statistik könne die Arbeitslosenzahl konstant gehalten werden, klagt Wolf: "In Wirklichkeit sind über sieben Millionen Menschen arbeitslos." ...
Die Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich gefährde allein im Westen Deutschlands rund 100.000 Arbeitsplätze, so die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). ... Notfalls würden sich die Arbeitnehmer mit Streiks wehren müssen: "Diesen Angriffen treten die Gewerkschaften entschieden entgegen und wehren sich gegen die Erpressungsversuche der Länder." WYP

(Quelle: taz-NRW, 06.04.04) ... Monika Düker, innenpolitische Sprecherin der grünen Landtagsfraktion, verteidigte dagegen die Dieckmann-Ankündigung. "Es wäre widersinnig, dauerhaft ein Zweiklassenrecht im öffentlichen Dienst zu haben", sagte Düker zur taz. "Diese Übergangsregelung ist sicherlich unbefriedigend, weil sie nur für neu eingestellte Angestellte gilt." Bei den Tarifverhandlungen müssten einheitliche Arbeitszeiten für den gesamten öffentlichen Dienst angestrebt werden. Lob kam auch von der FDP. Der liberale Rechtspolitiker Jan Söffing: "Der Öffentliche Dienst muss gleichzeitig Stellen einsparen und dabei seine Leistungen für die Bürger beibehalten." Die 41-Stunden-Woche sei ein Weg dahin.


Gemeinsamer Widerstand im öffentlichen Dienst?
Interview mit Georg Falkenhain, Landesfachbereichsleiter Bund/Länder bei ver.di NRW
(externer Link zu junge Welt, 30.03.04)


Wirtschaftsbosse und Unionspolitiker für generelle Arbeitszeitverlängerung

Union fordert 42-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich
CDU und CSU sehen in der Rückkehr zur 42-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich die Voraussetzung für mehr Wachstum. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) sagte dem "Focus": "Ich halte es für notwendig, dass wir uns in einer gemeinsamen Anstrengung von Gewerkschaften, Arbeitnehmern und Unternehmern generell in Richtung einer 40- oder 42-Stunden-Woche bewegen." Dies müsse ohne Lohnausgleich geschehen.
Aehnlich Unions-Fraktionsvize Friedrich Merz (CDU):
Dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" sagte Merz, "der Regelfall sollte sein, dass man zur 42-Stunden-Woche zurückkehrt". Die Politik der Arbeitszeitverkürzung sei "wesentlich für die strukturelle Krise unserer Volkswirtschaft verantwortlich". Stoiber betonte, Deutschland sei nicht mit der 35-Stunden-Woche, sondern mit 40 Stunden und mehr zum Wirtschaftswunderland geworden. Eine Verlängerung der Arbeitszeit um nur eine Stunde schaffe ein Wachstum von über einem Prozent und rund 60.000 neue Stellen.
Scharfe Kritik an Gewerkschaften
Scharfe Angriffe richtete der CSU-Chef gegen die Gewerkschaften, die wegen der Arbeitszeitverlängerung auf 42 Stunden im gesamten öffentlichen Dienst Bayerns mit massiven Streiks gedroht hatten. Über den Verdi-Vorsitzenden Frank Bsirske sagte er: Mit "Leuten wie Bsirske", die immer noch glaubten, "dass das Geld vom Himmel fällt", sei der notwendige Umbau des Staates sehr schwierig.
(Quelle: t-online-nachrichten, 09.04.04)

Der Vorstandschef der Deutschen Post AG, Klaus Zumwinkel, meinte in der ARD, daß in Deutschland pro Jahr 400 Stunden weniger gearbeitet werde als von einem Durchschnittsamerikaner. Das könne man sich nicht mehr leisten. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, erklärte: »Wir sind uns in der Union einig, daß wir wieder alle mehr arbeiten müssen.« Die Arbeitskosten müßten sinken, »sonst wandern Arbeitsplätze ab«. Der »Arbeitsmarktexperte« des Münchner ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, Martin Werding, behauptete am Montag gar, Arbeitszeitverlängerungen würden neue Arbeitsplätze schaffen. »Unbezahlte Mehrarbeit macht die Produkte billiger, die Nachfrage steigt« und dann müsse mehr produziert werden, was zu Neueinstellungen führe, so Werding. (aus: junge Welt, 30.03.04)


Köhler-Interview in der "Welt am Sonntag" vom 28.03.04
(Quelle: t-online-nachrichten, 27.03.04)

Köhler: Die Deutschen sollen länger arbeiten

Horst Köhler in einer Fernsehsendung (Foto: dpa)
Horst Köhler in einer Fernsehsendung (Foto: dpa)
Der Präsidentschaftskandidat von Union und FDP, Horst Köhler, will, dass die Deutschen länger arbeiten. Dabei sollen sie sich den Ex-IWF-Chef zum Vorbild nehmen. "Früher habe ich öfter die Wohnung geweißt und tapeziert. Da habe ich auch nicht gesagt, ich höre um 18 Uhr auf, wenn ich am Montag wieder in meinem Institut in der Universität sein musste", untermauerte er die Forderung mit seinen eigenen Erfahrungen.

Köhler nennt keine konkreten Zahlen
Genaue Zahlen, wie hoch die Wochenarbeitszeit sein sollte, wollte er aber nicht nennen. Sich mit einer einzelnen politischen Entscheidung wie der 35-, 38- oder 40-Stunden-Woche zu befassen, sei auch nicht Sache des Bundespräsidenten, sagte er der "Welt am Sonntag".

Längere Arbeitszeiten kein Tabu-Thema
Trotzdem warb er für ein grundsätzliches Umdenken. "Es kann für die Bevölkerung insgesamt kein Tabu sein, darüber nachzudenken, was geschehen muss, um dem Land zu helfen." Er sei fest überzeugt, dass die meisten Deutschen wüssten, "wie notwendig es ist, manchmal mehr zu arbeiten, wenn die Umstände es verlangen".

Köhler: Deutschland braucht Reformen
Köhler geht es darum, das ganze Volk in den Reformprozess mit einzubeziehen. Die Solidarsysteme machten derzeit Versprechungen, die sie objektiv gar nicht einhalten könnten, weil die wirtschaftliche Basis dafür nicht stark genug sei, sagte der Präsidentschaftskandidat. "Wir leben derzeit eindeutig von der Substanz. Wenn wir diese Substanz wieder aufbauen, können wir mit Zuversicht in die Zukunft schauen."

Offenbar sozialeres Image angestrebt
Die Union dürfte über die neuerlichen Äußerungen nur zum Teil erfreut sein. Köhler ist bisher vorwiegend mit Äußerungen zu Wirtschaftsthemen und mit der Forderungen von radikalen Reformen aufgefallen. Deshalb arbeitet die Union daran, ihrem Kandidaten ein sozialeres Image zu verpassen, berichtet der "Spiegel". Schritte in diese Richtung sollen der Besuch einer Behinderteneinrichtung sowie ein Auftritt vor den 31 PDS-Wahlmännern und -frauen in der Bundesversammlung sein.
Inhaltlich liegt Köhler aber genau auf der Linie von CSU-Chef Edmund Stoiber.
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