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Prekäre Arbeit und Migration

Dokument: Aufruf zum internationalen Kongress in Dortmund, 25.-27.06.04. Im LabourNet Germany gibt es zu dem Kongress sowohl eine spezielle Seite mit Informationen und Hintergrundberichten als auch ein angegliedertes Diskussionsforum. (Zugang über www.labournet.de )




"Die Kosten rebellieren" - Kongress 25.-27.Juni 2004 in Dortmund

Aufruf

Internationale Versammlung zu Prekarisierung:
Die Kosten rebellieren

Für viele Menschen war und ist es Alltag: Prekäre Arbeit. Seit Jahren expandiert sie in alle(n) Wirtschaftssektoren. Deregulierte Arbeitsverhältnisse nehmen beschleunigt zu, seitdem Dienstleistungen outgesourct, Arbeit flexibilisiert und ein Niedriglohnsektor staatlich gefördert werden. Waren es bislang in erster Linie Frauen und insbesondere MigrantInnen, die in Beschäftigungsverhältnissen zu arbeiten genötigt waren, die kein oder kaum ein Auskommen gewährleisten, so zeigt sich heute, dass ein flexibilisierter Kapitalismus Arbeit ohne - oder zu miserablen - Tarifverträgen zu einer neuen Normalität werden läßt.

Ob BriefträgerInnen, LKW-Fahrer, LagerarbeiterInnen, McDonalds - Servicekräfte oder Call Center Agents für Niedrigstlöhne arbeiten, Ich-AGs sich für ihre Existenz abstrampeln, LeiharbeiterInnen bei obskuren Vermittlungsagenturen um ihre Entlohnung kämpfen müssen, eine kasachische Ärztin bundesdeutsche Wohnungen putzt, kurdische Flüchtlinge im Imbiß oder Polen, Rumänen, Deutsche und Portugiesen auf Baustellen arbeiten; Heimarbeiterinnen auf Abruf arbeiten und Studentinnen Kinokarten abreißen oder später Hilfsjobs im Ausbildungssektor haben - die angebliche ,Wissens- oder Informationsgesellschaft' basiert auf Zeitarbeit und Niedriglohn.

Prekäre Arbeit bedeutet oft Arbeiten ohne sicher zu sein, das Leben damit fristen zu können. Arbeitsrechte und Gesundheitsschutz sind häufig Fremdworte im beruflichen Alltag. Viele arbeiten so, weil die Lebensnöte es so erfordern oder erzwingen. Andere leben so, weil es besser ist als vorher. Wieder andere betrachten es als Zwischenspiel oder Aufstiegsweg. So vielfältig wie Jobs und Bedingungen so verschieden sind Selbstverständnis, Perspektiven und Ziele der Beschäftigten.

Wenig Alternativen haben allerdings viele MigrantInnen mit und alle ohne Papiere: Razzien und Sondergesetze, die Bevorzugung von Deutschen am Arbeitsmarkt, Arbeitsverbote für Flüchtlinge und damit insgesamt eine, Zuwanderungspolitik', die in Illegalität und damit in Schwarzarbeit drängen, zwingt sie in die miesesten Jobs.

Die Gewerkschaften richten ihr Augenmerk eher auf besserverdienende Hochqualifizierte, und wie stets auf die weniger werdenden Grossbetriebe. Neue Ansätze zur Gegenwehr von Seiten der prekär Beschäftigten sind bislang kaum vorhanden.

Doch einzelne Aktionen und Aktivitäten in Europa ermutigen und waren erfolgreich: Ob der Streik der prekär Beschäftigten im Kulturbereich in Frankreich oder der afrikanischer Putzfrauen in Paris, der Arbeitskampf um Entlohnung und Aufenthaltsstatus von Landarbeitern in Spanien oder Proteste von irregulären Bauarbeitern in Berlin- informell und prekär Beschäftigte, und gerade MigrantInnen, entwickeln neue Strategien und wenden sich gegen eine Situation der Rechtlosigkeit. Ob freie JournalistInnen beim Rundfunk oder Putzmenschen in Industriebetrieben: auch in Deutschland gibt es erfolgreiche Ansätze.

Verstärktes Handeln ist angesagt - gerade in Zeiten, da Menschen gezwungen werden, jeden Job anzunehmen - und wir möchten mit unserer Konferenz an der gesellschaftlichen Schnittstelle " prekäre Beschäftigung und (legale wie illegale) Migration" in beide Richtungen die Grundlage für eine intensivere Zusammenarbeit legen.

Insofern setzen wir uns mit der Internationalen Versammlung folgende Ziele: die Funktion, Stellenwert und Formen prekärer Arbeit öffentlichkeits- und medienwirksam zu verdeutlichen; einen heterogenen Kreis von politischen Gruppen (von migrantischen Selbstorganisationen bis zu GewerkschafterInnen, von antirassistischen bis zu Erwerbslosen-, Jobber oder Anti-Hartz-Initiativen) zu kontroversen Debatten zusammenzubringen; sich darin auf strategische Ansatzpunkte und politische Forderungen zu verständigen und diese nach außen zu tragen; und nicht zuletzt konkrete Handlungs- und Organisierungsansätze auszutauschen und weiterzuentwickeln.

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