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Millionen bleiben in Hartz IV hängen

Ein Großteil der Langzeitarbeitslosen und ihrer Angehörigen ist dauerhaft auf Hartz IV angewiesen. Fast jeder Zweite schafft den Ausstieg nicht. Alleinerziehende sind besonders betroffen. Der Bundestagsfraktionschef der Linken, Gregor Gysi, spricht von einem Almosensystem.

Fast jeder zweite Arbeitslosengeld-II-Empfänger in Deutschland - insgesamt mehr als drei Millionen Personen - hat seit dem Start der Arbeitsmarktreform 2005 bis Ende 2007 nicht den Ausstieg geschafft, wie aus einer aktuellen Studie des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor geht. Besonders schwer bei der Rückkehr in den Beruf haben es danach Alleinerziehende, auch wegen fehlender Kinderbetreuungsmöglichkeiten.

Für vier von zehn Personen ist der Ausstieg aus der Hilfsbedürftigkeit außerdem nicht von Dauer: Etwa 40 Prozent der Betroffenen sind spätestens nach einem Jahr erneut auf staatliche Unterstützung angewiesen, schreiben die Arbeitsmarktforscher Tobias Graf und Helmut Rudolph. Insgesamt waren zwischen 2005 und Ende 2007 fast zwölf Millionen Männer, Frauen und Kinder für mindestens einen Monat auf Hartz IV angewiesen - also etwa jeder fünfte Bundesbürger bis 65 Jahre.

Mit den Hartz-Reformen am Arbeitsmarkt sollte die jahrzehntelang verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit aufgebrochen werden. Arbeitslose sollten stärker gefordert, aber auch gefördert werden. In den Jahren 2006 und 2007 konnten Betroffene immerhin im Vergleich zu 2005 schneller ihre Bedürftigkeit überwinden, heißt es in der Untersuchung. Die Arbeitsmarktforscher führen dies aber auf die verbesserte Lage am Arbeitsmarkt sowie die besser eingespielte Vermittlung in den Jobcentern zurück.

Bei der Einführung 2005 bezogen gut sechs Millionen diese Unterstützung, im Februar 2009 waren es schließlich 6,7 Millionen.

SPD-Vize Andrea Nahles kritisierte, besonders Alleinerziehende müssten unter einer "lückenhaften Struktur" in der ganztägigen Kinderbetreuung leiden und forderte verstärkte Anstrengungen beim Ausbau. "Wir sollten uns einen Rechtsanspruch auf eine ganztägige Kinderbetreuung wenigstens bis zum zehnten Lebensjahr für die nächste Legislaturperiode vornehmen", sagte sie dem Tagesspiegel.

Der Hauptgeschäftsführer des Paritätische Wohlfahrtsverbands, Ulrich Schneider, bezeichnete es als " Bankrotterklärung", dass Hartz IV für mehr als die Hälfte der Bezieher "perspektivlos auf dem Abstellgleis" ende. Der Bundestagsfraktionschef der Linken, Gregor Gysi, kritisierte, Hartz IV halte "immer mehr Menschen gefangen in einem völlig unzureichend ausgestatteten Almosensystem". Das Gesetz baue keine Brücken in den Arbeitsmarkt, sondern habe stattdessen den Druck gegen die Löhne erhöht, sagte Gysi dem Tagesspiegel. 

Quelle: Tagesspiegel vom 09.03.09

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