Benutzerspezifische Werkzeuge
Sie sind hier: Startseite Soziale Lage / Sozialpolitik Erwerbslos / Hartz ... Hartz IV: Jede zweite Klage siegt

Hartz IV: Jede zweite Klage siegt

Das Sozialgericht Dortmund ist überlastet. Inzwischen laufen an der Ruhrallee so viele Fälle auf, dass man sechs zusätzliche Richter beschäftigen müsste. ...

... Grund hierfür ist laut Martin Löns, Präsident des Sozialgerichts, eine schlechte Hartz-IV-Gesetzgebung und daraus resultierende Klagen. Allein im Jahr 2007 gab es 40 Prozent mehr oder insgesamt 4889 Verfahren in dieser Angelegenheit. "Hier tauchen die Menschen auf, die sich ungerecht von der Arge behandelt fühlen", sagt Presserichter Ulrich Schorn. Dabei gehe es um Fragen wie Leistungsentzug, gekürzte Leistungen, Heizkosten, angemessenen Wohnraum, Anrechnung von Vermögen. 44 Prozent aller Hartz-IV-Rechtsstreite seien im vergangenen Jahr im Sinne der Kläger entschieden worden, "fast jeder 2. Kläger war erfolgreich".

Das lässt nach Ansicht der Richter nur einen Schluss zu: Das Gesetz sei schlecht gemacht, die Rechtsprechung dazu nicht einheitlich, so dass viele Sachbearbeiter bei ihren Entscheidungen zu Kürzungen oder Streichungen im Nebel agierten. "Wir sagen den Argen immer wieder, pauschalierte Heizkosten zu veranschlagen ist unzulässig. Beim nächsten Mal tun sie es wieder. Die Sachbearbeiter haben offenkundig die Vorgabe, so zu handeln", so Ulrich Schorn. Seitens der Arge hoffe man wohl darauf, dass nicht alle Betroffene den Klageweg beschritten.

Obwohl sich beim Sozialgericht inzwischen 16 Kammern mit dieser Materie beschäftigen, obwohl im vergangenen Jahr 38 Prozent mehr Fälle abgearbeitet werden konnten, blieben 1625 Grundsicherungs-Verfahren liegen. Löns erklärte, dass auch in den übrigen Arbeitsbereichen des Gerichts, u.a. im Rentenversicherungs- und im Schwerbehindertenrecht, Personalmangel herrsche. Hier seien in den vergangenen Jahren mehrere Richter in Hartz-IV-Kammern umgesetzt worden.

Jeder Richter muss 600 Fälle bearbeiten

Wegen des Personalmangels und der Hartz-IV-Klageflut dauert es beim Sozialgericht immer länger, bis ein Verfahren bearbeitet und abgeschlossen werden kann. Heute werden dort pro Fall im Durchschnitt zwölf Monate veranschlagt. Denn während pro Richter im Jahre 2003 370 bis 400 Verfahren zu bearbeiten waren, sind es heute an die 600. Daraus resultiert die lange Bearbeitungszeit. "Das ist vor allem schlimm für die Betroffenen. Die Renter werden noch kränker, in Fragen der Pflegeversicherung sterben die Kläger auch schonmal", so Löns. Insgesamt befassten sich die 46 Richterinnen und Richter des Sozialgerichts im vergangenen Jahr mit 18.049 Fällen (13,58 % mehr als in 2006). Davon wurden 2158 nicht erledigt.

Quelle: Westfälische Rundschau vom 15.02.08

Artikelaktionen