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Umsetzung von und Rechtsprechung zu Hartz IV

Entgegen den Verlautbarungen knirscht es gewaltig in der Umsetzung von Hartz IV. -- Überraschend viele Eilbeschlüsse der Sozialgerichte kassieren Regelungen der neuen Praxis. -- Gesetzesänderung: Kein Krankengeld mehr für AlgII-Empfänger. Jetzt Vorschuss für Übergangsgeld. -- Erste Verfassungsbeschwerden abgewiesen -- HartzIV in der Wohnungslosenhilfe ---- Quelle: Sozialpolitische Infos von Frieder Claus, 06.05.2005 (http://www.bag-shi.de/fachinfo/sozialpol_infos/)



Umsetzung Hartz IV
Mit den Hartzreformen sollten die Arbeitslosenzahlen von damals 4 Mio. bis 2005 auf die Hälfte gesenkt werden. Im Februar 2005 wurde die Zahl von 5 Mio. überschritten.
Entgegen den Verlautbarungen knirscht es gewaltig in der Umsetzung von Hartz IV. Frustrierte MitarbeiterInnen, die sich für andere Jobs bewerben, eine übermächtige Software, die keine lesbaren Bescheide (und auch keine Sanktionen!) zulässt, Gerangel zwischen Beschäftigten der Kommunen und der BA, wer für das Nichtfunktionieren dieser Jahrhundertreform verantwortlich ist, telefonische Nichterreichbarkeit ganzer Jobcenter.
Dazwischen Betroffene, die zwischen immer mehr Gesetzeslücken durchfallen und kaum irgendwo kompetente Beratung finden. Eine erste Zusammenfassung der auftretenden Rechtsprobleme und einem mittelfristigen Szenario finden Sie in der Anlage HartzIV Brisanz Zusfssg2.doc unter http://www.bag-shi.de/fachinfo/sozialpol_infos/

Rechtssprechung
Überraschend viele Eilbeschlüsse der Sozialgerichte kassieren Regelungen der neuen Praxis. Insbesondere der Einkommenseinsatz in eheähnlichen Gemeinschaften ist zunehmend in Frage gestellt. Die Gerichte stellen hier auf die schwierige Beweislage für eine Einstandsgemeinschaft ab, die sowohl von Behörden als von Betroffenen kaum zu führen ist. Weiterhin wird bemängelt, dass ein Hilfebedürftiger auf Leistungen eines Dritten verwiesen wird, die dieser tatsächlich nicht erbringt und auch rechtlich nicht erbringen muss. Selbst das Ankreuzen der Lebenspartnerschaft im Formular sei unerheblich, da es andere Möglichkeiten für eine Zweckgemeinschaft dort gar nicht gebe.
Weiterhin werden z.B. Kürzungen der Regelleistung von 345 Euro (bei einem Obdachlosen ohne Strombedarf) abgelehnt, da die Regelleistung nach § 20 SGB II eine unveränderliche Pauschale ist.
Eine Zusammenstellung aktueller Rechtssprechung finden Sie unter http://www.bag-shi.de/fachinfo/rechtsdurchsetzung/sozialgerichtbarkeit/

Kein Krankengeld mehr für AlgII-Empfänger
Weitgehend unbemerkt wurde im Rahmen des Verwaltungsvereinfachungsgesetzes der Krankengeldanspruch für AlgII-Bezieher beseitigt. Die entsprechenden Vorschriften im SGB V wurden gestrichen und der bisherige Text von § 25 SGB II völlig ersetzt. Jetzt sind AlgII-Leistungen als Vorschuss für Übergangsgeld bei medizinischen Leistungen der Rentenversicherung zu erbringen (z.B. stationäre Reha-Maßnahmen). Es genügt, wenn dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld besteht.
In der Praxis entfällt damit eine tückische Schnittstelle bei Erkrankung von mehr als 6 Wochen, bei der die AlgII-Leistung eingestellt wird, die neue Leistung (Kranken- oder Übergangsgeld) aber noch nicht läuft. Weiteres hierzu siehe http://217.160.60.235/BGBL/bgbl1f/bgbl105s0818.pdf

Erste Verfassungsbeschwerden abgewiesen
Vom Bundesverfassungsgericht erst mal aus formalen Gründen abgewiesen wurden 9 Beschwerden von über 58 Jahre alten AlgII-Beziehern. Sie hatten mit der "58er-Regelung" darauf vertraut, dass mit ihrer Verpflichtung zum frühestmöglichen Rentenantrag die bisherige Leistung der Arbeitslosenhilfe weiterlaufe. Das Gericht verwies sie zunächst auf den Rechtsweg der Sozialgerichte.
Eigenartig einige Begründungen des Beschlusses. So seien die AlgII-Leistungen "in einigen Fällen" niedriger als die alte Arbeitslosenhilfe. Der vertretende Anwalt hält diese Ausführungen für nicht nachvollziehbar. Alle Betroffenen hätten weniger als vorher, in einem Fall sogar über 500 Euro weniger. Weiter stellte das Gericht fest, Einbussen bei Vermögen und Rentenanwartschaft seien "reparabel". Leider wurde zur Art einer möglichen Reparatur nichts gesagt. (Aktenzeichen 1 BvR 143/05)

HartzIV in der Wohnungslosenhilfe
In kaum einem anderen Hilfebereich läuft die HartzIV-Reform ihrem Ziel der "Hilfen aus einer Hand" so zuwider wie in der Wohnungslosenhilfe. Dort gibt es gleichermassen erwerbsfähige und nicht erwerbsfähige Personen und damit Ansprüche nach SGB II und XII. Bei den Erwerbsfähigen kommen aber regelmässig zu den SGBII-Leistungen solche nach den §§ 67ff. SGB XII hinzu. Die Folge ist eine Beteiligung von bis zu 4 Akteuren: dem Fallmanager und dem Leistungssachbearbeiter der BA sowie dem örtlichen und ggf. überörtlichen Sozialhilfeträger.
Die Schnittstellen zwischen den beiden Sozialgesetzbüchern sind tückisch und von den Kommunen bestehen Bestrebungen, rechtlich gesicherte Sozialhilfeleistungen in den unverbindlichen Katalog nach SGB II zu verschieben.
Sozialrechtliche Ausführungen hierzu finden Sie in Schnittstelle SGB II_XII.doc unter http://www.bag-shi.de/fachinfo/sozialpol_infos/

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