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Firma soll Kurzarbeitergeld hinterzogen haben

427 Unternehmen in Dortmund mit 11 288 Mitarbeitern erhalten Kurzarbeitergeld. Gegen eines von ihnen ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Betruges.

Das Dortmunder Unternehmen, gegen das die Staatsanwaltschaft ermittelt, soll eigens zum Abziehen von Kurzarbeit eine Scheinfirma gegründet haben. Vier weitere Firmen gelten als Verdachtsfälle.

Um allen, die daran denken, sich an der Not zu bereichern, den Wind aus den Segeln zu nehmen, sagt Agenturchef Stefan Kulozik: „Es ist nicht so, dass wir hier blind genehmigen.” Die Fälle würden gegengerechnet. Man schaue sich Lohnabrechnungen und Kontoauszüge an, prüfe, ob das Geld an die Arbeitnehmer weitergeleitet worden ist. Man lasse nicht zu, „dass ein gutes Instrument der Beschäftigungssicherung durch ein paar schwarze Schafe in Misskredit gebracht wird”.
Kurzarbeit für Mitarbeiter, die es nicht gibt

Derzeit sei eine Liste mit den Namen von 40 Betrieben nach Düsseldorf. Sie würden von der NRW-Regionaldirektion geprüft. „Sie sehen, wir sind sehr nah dabei”, so Kulozik. Den Versuch, über eine Scheinfirma an Kurzarbeitergeld zu kommen, belächelt er fast: „Wer glaubt, damit durchzukommen . . .”

In der Regel handele es sich bei den verdächtigten Betrieben um welche, die entweder Kurzarbeit anmeldeten, aber ihre Mitarbeiter Vollzeit arbeiten ließen, oder um welche, die Kurzarbeit für Mitarbeiter anmeldeten, die es gar nicht gebe.

„In dem Fall mit der Scheinfirma dauern die Ermittlungen noch an”, so Staatsanwalt Henner Kruse, der gleich noch den Strafrahmen für solcherart Betrügereien mitliefert: „Fünf Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe, in schweren Fällen bis zu zehn Jahren.”

Bundesweit anonyme Anzeigen

Bundesweit gibt es 116 Fälle, die im Zusammenhang mit dem Erschleichen von Kurzarbeitergeldern die Staatsanwaltschaften oder die Zollämter beschäftigten, so die Bundesagentur für Arbeit. Die meisten Verdachtsfälle seien in Bayern, Baden-Württemberg und NRW aufgetreten. In der Regel ins Rollen gebracht durch anonyme Anzeigen von Mitarbeitern. Eigene Prüfungen der Agenturen sind gut und schön - aber offenbar sind geprellte Mitarbeiter immer noch die wichtigsten Helfer der Behörden.

Quelle: WR vom 16.09.09


116 Firmen wegen Kurzarbeitergeld im Visier

Die Bundesagentur für Arbeit verfolgt bisher nur Einzelfälle: Opposition und Experten befürchten allerdings eine hohe Dunkelziffer und etliche Mitnahmeeffekte. 36.000 Unternehmen nehmen die Arbeitsmarkt-Hilfe derzeit in Anspruch.

Die Bundesagentur für Arbeit verfolgt zurzeit 116 Fälle von Betrugsverdacht beim Kurzarbeitergeld. Einen entsprechenden Bericht der «Süddeutschen Zeitung» bestätigte am Samstag der Sprecher der Nürnberger Behörde, John-Philip Hammersen. Angesichts von 36.000 Unternehmen mit Kurzarbeit handele es sich dabei aber um eine eher geringe Zahl, sagte Hammersen.

Von den 116 Verdachtsfällen sei etwa ein Drittel der zuständigen Staatsanwaltschaft übergeben worden, ohne dass es bisher wirkliche Ergebnisse gegeben habe. Aus Sicht der Bundesagentur für Arbeit könne jedenfalls nicht von einem gravierenden Problem gesprochen werden.

Hammersen bestätigte, dass sich das Gros der Fälle auf die drei großen Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen beziehe. Das liegt nach seinen Worten daran, dass dort die besonders von Kurzarbeit betroffenen Großunternehmen der Exportwirtschaft wie Automobilproduktion und Zulieferindustrie sowie Maschinen- und Anlagenbau ansässig sind.

Der Betrugsverdacht ist laut Hammersen entweder durch Unregelmäßigkeiten bei den der Nürnberger Behörde eingereichten Unterlagen entstanden oder aber durch entsprechende Hinweise aus den Betrieben beziehungsweise von Konkurrenzunternehmen. Vielfach stammten sie von Betriebsräten der betroffenen Firmen.

Bundesagentur räumt Grauzone ein

Nach Einschätzung der Bundesagentur gibt es nur wenige Fälle, wo tatsächlich mit krimineller Energie der Bezug von Kurzarbeitergeld missbraucht wird. Hammersen räumte aber ein, dass es eine Grauzone gebe, wo die entsprechenden Mittel zwar legal bezogen werden, man wegen Mitnahmeeffekten aber kritisch fragen könne, ob es auch legitim sei. Im zweiten Quartal dieses Jahres lag die Zahl der Bezieher von Kurzarbeitergeld bundesweit bei rund 1,4 Millionen.

Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Brigitte Pothmer, äußerte die Befürchtung, dass es noch eine hohe Dunkelziffer nicht bekannter Missbrauchsfälle gebe. Vermutlich schwiegen viele Beschäftigte aus Angst vor Arbeitsplatzverlust lieber. Sie forderte deshalb schärfere Kontrollen und sagte: «Hier wird mit zweierlei Maß gemessen. Für die Arbeitslosen gibt es ein strenges Reglement, bei den Unternehmen wird nicht so genau hingeschaut.»

Diesen Vorwurf wies Hammersen jedoch zurück. «Wir gucken bei Unternehmen genauso wie Arbeitslosen, ob Leistungen zu Recht bezahlt werden», sagte er. Es gebe auch keine gezielte Fahndung bei Arbeitslosen. Dort gehe die Nürnberger Bundesagentur genauso wie bei den Unternehmen Fällen nach, wenn ein Verdacht auftauche, sei es durch unklare Unterlagen oder nach Anzeigen. Zudem sei in den drei am stärksten von Verdachtsfällen betroffenen Bundesländern die Aktivität mit der Schaffung von je siebenköpfigen Prüfgruppen aus Mitarbeitern der Bundesagentur verstärkt worden.

Dem Zeitungsbericht zufolge konzentriert sich der Betrugsverdacht vor allem auf zwei Missbrauchsarten: Unternehmen melden Kurzarbeit an, die Mitarbeiter müssen aber trotzdem voll arbeiten. Dadurch bekommen die Arbeitgeber einen Teil ihrer Personalkosten durch die Arbeitsagentur ersetzt. Oder Firmen kassieren die Lohnzuschüsse für Beschäftigte, die im Urlaub oder krank sind. Auch dies ist strafbar.

Quelle: Der Westen vom 12.09.09

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