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Dramatischer Anstieg der Kinder- und Jugendarmut seit der Einführung von Hartz IV

Auch in NRW und im Ruhrgebiet neue „Spitzenwerte“. Das Hartz-IV-Elend in Zahlen.

Im Monat März des Jahres 2006 erhielten zum ersten Mal seit der Zusammenlegung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe zu ALG II und Sozialgeld (Hartz IV) über 7 Millionen Menschen bundesweit Transferleistungen in diesem Bereich. Die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften wird in den nächsten Wochen bundesweit die 4-Millionen-Grenze überschreiten.

Auch im Land Nordrhein-Westfalen sind neue „Spitzenwerte“ zu melden. Im Monat März 2006 lebten über 1,6 Millionen Menschen im Bereich von Hartz IV. Im Vergleich zur Anzahl der Empfänger von Sozialhilfe (Hilfe zum Lebensunterhalt) am Stichtag 31.12.2003 zur Anzahl der Empfänger von Leistungen nach Hartz IV im Monat März 2006 stellt der Statistiker eine Zunahme von 137,3% für das Land Nordrhein-Westfalen fest (in absoluten Zahlen: von 685 176 auf 1 626 122 Betroffene).

In den 11 Bezirken der Bundesagentur für Arbeit im Ruhrgebiet weist die Statistik mittlerweile 486 249 Leistungsempfänger aus. D.h. im Ruhrgebiet leben fast genau soviel Menschen von Hartz IV, wie die Städte Gelsenkirchen, Bottrop und Castrop-Rauxel zusammen Einwohner haben !!

Innerhalb der vergangenen 12 Monate stieg in einzelnen Städten die Anzahl der Menschen, die von den Transferleistungen im Bereich von Hartz IV leben müssen, um bis zu 29,5% (Mülheim an der Ruhr). Im Durchschnitt betrug die Zunahme im Ruhrgebiet fast 12.%.

Besonders dramatisch stellt sich die Entwicklung für die jungen Menschen dar. In NRW stieg die Anzahl der Kinder unter 15 Jahren, die heute faktisch auf „Sozialhilfeniveau“ leben, vom Dezember 2004 bis zum Monat März 2006 um 77,4%: 445 694 Kinder unter 15 Jahren leben aktuell in Nordrhein-Westfalen von den Transferleistungen im Bereich von Hartz IV (207,- Euro Sozialgeld monatlich) während im Dezember 2004 „nur“ 251 213 Kinder im Sozialhilfebezug verweilten: fast 200 000 Kinder landesweit mehr in diesem Bereich der Armut innerhalb von 15 Monaten „aktiver Reformpolitik am Arbeitsmarkt“.

Wenn der Blick auf die Altersgruppe der unter 25 Jahre jungen Menschen gerichtet wird, ist die Zunahme noch dramatischer. Im Vergleich zur Anzahl der Empfänger von Sozialhilfe im Monat Dezember 2004 zur Anzahl der jungen Menschen unter 25 Jahre in Bedarfsgemeinschaften nach Hartz IV stieg die Anzahl der betroffenen jungen Menschen um 87,5%, und zwar von 369 848 auf 693 626 junge Menschen in Nordrhein-Westfalen.

In einzelnen Städten des Ruhrgebietes hat die Kinderarmut ein noch nie da gewesenes Ausmaß erreicht. In Gelsenkirchen lebt fast jedes dritte Kind unter 15 Jahren von den Leistungen nach Hartz IV ( 12 119 Kinder ), in Herne, Duisburg und Dortmund jedes vierte Kind unter 15 Jahren, in Bochum fast jedes fünfte Kind unter 15 Jahren.

Die Gruppe der Alleinerziehenden wird in der Statistik der Bundesagentur ebenfalls erfasst. Im Monat März 2006 lebten 121 501 Alleinerziehende von „Hartz IV“, im Vergleich zum Monat August 2005 waren das landesweit 24,1 % mehr Betroffene. Die Steigerungsraten in den Städten, wo diese Zahlen ausgewertet werden, sind ebenso erschreckend. Von April 2005 bis März 2006 nahm die Anzahl der Alleinerziehenden in den folgenden Städten wie folgt zu: Bottrop 16,4%, Dortmund 16,0%, Duisburg 17,6%, Essen 14,0% und Gelsenkirchen fast 28%.

Das nüchterne Resümee aus diesen Zahlen: Die Armutsschraube wurde kräftig weitergedreht, mit allen aus der Armutsforschung bekannten Konsequenzen für das gesellschaftliche Leben.


Vergleich Empfänger HZL und Leistungsempfänger SGB II in NRW


HZL 31.12.2003 HZL 31.12.2004 SGB II 31.03.2006 Veränderung in %
12/03 - 03/06
NRW 685.176 732.834 1.626.122 137,33%

(HZL - Hilfe zum Lebensunterhalt - früher Sozialhilfe)


SGB II  - Anzahl der Bedarfsgemeinschaften -


 Januar 2005
 April 2005
 Oktober 2005
 März 2006
Veränderung in %
04/05 - 03/06
Bochum 16.920 19.793 20.987 22.583 33,47%
Bottrop 5.191 5.584 5.928 6.344 22,21%
Dortmund 36.243 40.786 43.092 44.567 22,97%
Duisburg 30.475 34.245 36.388 38.153 25,19%
Ennepe-Ruhr 10.775 11.424 13.305 13.805 28,12%
Essen 33.690 36.938 39.270 40.957 21,57%
Gelsenkirchen 19.806 21.722 23.073 23.965 21,00%
Herne 9.807 10.833 11.572 12.074 23,12%
Mülheim 5.797 6.128 7.730 8.365 44,30%
Oberhausen 10.427 12.480 12.165 14.422 38,31%
Recklinghausen 29.662 33.934 36.089 37.792 27,41%
Revier 208.793 233.867 249.599 263.027 25,98%
NRW 674.886 775.905 819.882 868.472 28,68%
Bundesweit 2.944.077 3.463.782 3.688.273 3.918.661 33,10%


SGB II  - Personen in Bedarfsgemeinschaften -


Januar 2005 April 2005 Oktober 2005 März 2006 Veränderung in % 01/05-03/06
Bochum 32.686 35.463 37.740 40.087 22,64%
Bottrop 9.922 10.570 11.352 12.037 21,32%
Dortmund 69.009 75.975 79.627 82.412 19,42%
Duisburg 57.421 63.787 67.550 70.847 23,38%
Ennepe-Ruhr 21.547 20.811 24.505 23.294 8,11%
Essen 62.961 68.525 72.770 75.892 20,54%
Gelsenkirchen 38.358 41.281 43.523 45.183 17,79%
Herne 19.105 19.938 22.090 23.142 21,13%
Mülheim 11.921 11.297 14.218 14.626 22,69%
Oberhausen 21.832 23.606 23.544 26.860 23,03%
Recklinghausen 59.086 63.161 68.708 71.869 21,63%






Gesamt 403.848 434.414 465.627 486.249 20,40%






NRW 1.316.105 1.444.432 1.542.686 1.626.122 23,56%
Bundesweit 5.605.123 6.308.053 6.670.311 7.062.876 26,01%


SGB II- Sozialgeldempfänger/Nicht-erwerbsfähige Hilfebedürftige


Jan. 2005 Feb. 2005 April 2005 Oktober 2005 März 2006 Veränderung in % 01/05-03/06
Bochum 8.050 7.870 8.173 9.903 10.034 24,65%
Bottrop 2.813 2.809 2.934 3.272 3.425 21,76%
Dortmund 20.109 19.990 21.112 22.042 22.799 13,38%
Duisburg 16.505 16.783 17.766 18.747 19.644 19,02%
Ennepe-Ruhr 5.783 5.709 5.334 6.615 5.894 1,92%
Essen 18.345 18.517 19.529 20.703 21.537 17,40%
Gelsenkirchen 11.074 11.155 11.454 12.021 12.465 12,56%
Herne 5.067 4.958 5.165 6.234 6.562 29,50%
Mülheim 3.319 3.287 3.024 3.848 3.861 16,33%
Oberhausen 6.422 6.393 6.765 6.543 7.691 19,76%
Recklinghausen 16.561 16.416 17.162 19.654 20.492 23,74%







Gesamt 114.048 113.887 118.418 129.582 134.404 17,85%







NRW 374.474 375.409 396.931 438.403 460.441 22,96%
Bundesweit 1.516.168 1.540.573 1.640.700 1.758.776 1.854.731 22,33%



Quelle: Norbert Kozicki (Referent für Jugendpolitik beim Falken Bildungs- und Freizeitwerk NRW e.V.)



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