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ALG2 - Ärger mit GEZ

Die GEZ lehnt derzeit massiv Hartz4 Empfänger ab. Diese haben einen Antrag auf Befreiung gestellt. Dieser wurde mit fadenscheinigen Gründen abgelehnt. Nun stehen viele Leute vor der Möglichkeit zu bezahlen oder aber sich mehr Ärger einzufangen.

Die GEZ Befreiung ist für Hartz Empfänger folgendermaßen geregelt:

Empfänger von Sozialgeld oder Arbeitslosengeld II einschließlich Leistungen nach § 22 ohne Zuschläge nach § 24 des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches: Aktueller Bewilligungsbescheid über den Bezug von ALG II oder Sozialgeld sowie das Blatt des Berechnungsbogens, aus dem ersichtlich ist, ob Zuschläge nach § 24 Zweites Buch des Sozialgesetzbuches gewährt werden.

Ein Fall

Karl Mustermann bekommt ALG2, d.h. 345 Euro im Westen oder eben 331 Euro im Osten. Karl wohnt im Westen, d.h. 345 Euro. Früher ging Karl zu der zuständigen Behörde der Stadt und liess sich innerhalb von 10 Minuten (ohne Wartezeit) befreien, diese Befreiung galt dann für ein bzw. 2 Jahre. Mit diesem Schreiben ging er zur Telekom und bekam den Sozialtarif (5 Euro Gesprächsguthaben). Nun muss Karl aber eine beglaubigte Kopie seines ALG2 Bescheides einreichen bei der GEZ. Karl kopiert also seinen Bescheid, geht damit zur Stadtverwaltung (Bürgeramt) und diese beglaubigen diesen, soll heissen machen einen Stempel drauf. Daraufhin sendet Karl seinen nun beglaubigten Bescheid an die GEZ, Köln. Natürlich per Einschreiben, denn schließlich zählt der Antrag erst mit Posteingang GEZ. Die Kosten für das Einschreiben müssen wohl in den Regelleistungen enthalten sein, denn Karl trägt diesen "Unkostenbeitrag" selber.

Nun wartet Karl auf positive Nachricht der GEZ, denn damit kann er auch endlich den Sozialtarif der Telekom beantragen. Nun lässt sich die GEZ erstmal Zeit. Inzwischen bekommt Karl Rechnungen für den befreiten Zeitraum. Diese ignoriert Karl, denn er wird ja sowieso befreit. Karl ruft bei der GEZ an. Diese hat eine Service Nr. 01805, aber auch diese Telefoniererei bezahlt Karl aus den überaus üppigen Regeleistungen. Würde die GEZ ihn befreien könnte er dieses Gespräch von der Telekom bezahlen lassen (von den 5 Euro). Aber sie tun es ja nicht, also verzichtet Karl auf den Sozialtarif, denn die Telekom interessiert sein beglaubigter Bescheid nicht, sie schalten den Sozialtarif erst wenn eine Befreiung der GEZ vorliegt. Natürlich wird auch nicht nachträglich befreit, d.h. sollte Karl nun eine Befreiung erhalten heute, könnte er auch erst heute den Sozialtarif beantragen. Da die GEZ aber Karl erstmal gar nichts geschickt hat, hat er nun bereits 3 Monate Sozialtarif sausen lassen.

Nun hat Karl heute Post von der GEZ bekommen. Endlich denkt Mustermann und ist schon auf dem Weg zur Telekom, als er feststellen muss, er wurde gar nicht befreit. Sondern er soll bezahlen und ausserdem erhielt er folgendes Schreiben:

Norddeutscher Rundfunk
Gebühreneinzugszentrale

Herrn
Karl Mustermann
Mustermannweg 1
10000 Musterstadt

Bescheid des Norddeutschen Rundfunks über Ablehnung der Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht.

Ihr Antrag vom 24.08.2005 - eingegangen am 02.05.2005.
Teilnehmernummer XXX XXX XXX

Sehr geehrter Herr Mustermann,
Ihren Antrag auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht lehnen wir ab.

Gründe:
Sie haben die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht nach Paragraph 6 Abs. 1 Rundfunkgebührenstaatsvertrag beantragt. Alle Befreiungstatbestände knüpfen an die in Paragraph 6 Abs. 1 im Einzelnen genannten sozialen Leistungen oder an das Vorliegen eines bestimmten Grades einer Behinderung an. Bei Vorliegen eines entsprechnden Bescheids oder bei Nachweis des RF-Merkzeichens im Schwerbehinderten gewährt die Landesrundfunkanstallt Gebührenbefreiung.
Die Unterlagen, die Sie beifügten, weisen nicht nach, dass Sie die Voraussetzungen für eine Befreiung erfüllen.
Rechtsgrundlage für diese Entscheidung ist Art. 4 Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland (Rundfunkgebührenstaatsvertrag) vom 31.08.1991 (GVB1. 1991, S. 311) - zuletzt geändert durch Achten Rundfunkänderungsvertrag vom 08.10./15.10.2004 gültig ab 01.04.2005 (GVB1. 2005, S. 64).

Mit freundlichen Grüßen
Norddeutscher Rundfunk

Dieser Bescheid ist maschinell erstellt und ist ohne Unterschrift gültig.

Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe Klage beim:
Verwaltungsgericht Hannover
Eintrachtweg 19
30173 Hannover
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundenbeamten der Geschäftstelle dieses Gerichts erhoben werden. Die Klage muss den Kläger, den Beklagten und den Streitgegenstand bezeichnen und soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben und der angefochtene Bescheid in Urschrift oder Abschrift beigefügt werden. Bitte richten Sie eine Klage gegen die zuständige Landesrundfunkanstalt: Norddeutscher Rundfunk, Rothenbaumchaussee 132-134, 20149 Hamburg
Die Möglichkeit, gegen diesen Bescheid Widerspruch einzulegen, ist durch die Änderung des niedersächsischen Ausführungsgesetzes zur Verwaltunggerichtsordnung (Nds. GVB1. 2004, S.394) für alle Verfahren im Zeitraum 01. Januar 2005 bis 31.12.2009 entfallen.


Nun hat Karl die Möglichkeit gerichtlich gegen den Bescheid vorzugehen, steht ja da. Nur wie? Karl hat kein Vordiplom in Jura, auch befinden sich in seinem Freundeskreis gerade mal kein Sozialanwalt. Einen Widerspruch kennt Karl, den gibt er dauernd beim Arbeitsamt ab. Aber eine Klage einreichen? Was soll Karl nun tun?


Überblick

Karl erfährt in einer Arbeitsloseninitiative, dass fast alle Hartz Opfer da auch solche Bescheide erhalten haben. Daraufhin beschliesst man dort anzurufen. Eine Dame erklärt das 345 eben nicht Hartz ist, sondern 331. Die 14 Euro mehr sind Zuschläge nach § 24 Zweites Buchs des Sozialgesetzbuches. Das stimmt natürlich nicht, hilft aber keinem, denn Karl merkt, Recht haben und Recht bekommen sind nicht immer das selbe. Nun soll er als juristisch ungebildeter einen Antrag mit Unterlagen einreichen und alle Formalitäten einhalten und natürlich hat Karl Angst, denn Gerichte mag Karl nicht. Auch weiss er, das er massive Probleme mit Einreichungen und Unterlagen bekommen wird, er ist ja kein Anwalt und kann sich keinen leisten. Einen Rechtshilfeschein bekommt Karl dafür angeblich nicht, nach Auskunft VG Hannover.

Fazit

Hier werden Hartz Empfänger eingeschüchtert und ausserdem abgezogen. Erstmal hofft die GEZ darauf, dass viele die auf 1 Monat festgesetzte Frist Klage einzureichen nicht wahrnehmen. Was passiert dann, genau der Bescheid wird somit rechtskräftig und die GEZ darf Rechnungen schicken. Ausserdem wird die Gewährung verschleppt. War es früher möglich das vor Ort bei der Stadtverwaltung zu beantragen und 10 Minuten später eine Befreiung zu haben, dauert das heute (siehe Mustermann Fall) ca. 2-3 Monate. Karl stellte fest, dass selbst ein eingeschränkter Hartz-Empfänger nun 2 Monate auf seinen Bescheid wartete. Dieser wurde sogar bewilligt.

Welche Nachteile aus dieser Verschleppung entstehen wurde im Fall K.M. bereits geschildert, man verschenkt jeden Monat 5 Euro, denn die Telekom schaltet den Sozialtarif nicht nachträglich, so verzichtet man die Wartezeit über auf diese einem zustehende Leistung.

Auch wurde nach dem Verfahren zur Erlangung der Befreiung auch gleich das Recht des Widerspruchs verändert. Ein Widerspruch in schriftlicher Form bei der GEZ ist gar nicht mehr möglich. Einen falschen Bescheid kann man nur gerichtlich anfechten, diesen Schritt werden wohl viele Betroffene nicht gehen, was durchaus im Kalkül der GEZ Leute ist.

Die zwei Monate durchschnittlich die eine Bearbeitung dauert hilft nicht nur der Telekom, sondern auch der GEZ. Wurde diese doch ein wenig überrascht von der Schwemme der Anträge. Diese wurden ja bisher von Stadtangestellten oder Beamten bearbeitet. Nun muss die GEZ das selber tun, was dabei raus kommt sehen wir. Auch scheinen die Leute da nicht gerade viel Zeit zu haben, zu wenig Personal für mehr Arbeit geht halt nicht wirklich. Die Stadtangestellten/beamten wurden nun frei für Hartz Bearbeitung oder ähnliches. Somit hat auch die Stadt einen Vorteil.

Nur Karl hat nur Nachteile. Aber das ist ja immer so denkt Karl. Und er hat Recht. Langsam und im Hintergrund wird jeden Tag das eine oder andere beschnitten. Vielfach wird dieses nicht bekannt und auch fehlt oft die Solidarität. So werden immer weiter Leistungen beschnitten, aber so das man schon den Generalanzeiger lesen muss um das alles mitzukriegen. So werden Tageseinrichtungen geschlossen, mir egal ich hab keine Kinder. Es werden Leute in 1 Euro Jobs gezwungen und Stellen dafür abgebaut, ist auch kein Wunder wenn hochbezahlte Vorstände Gesetze für kleine Leute machen.

Ganz nebenbei wird vielerorts abgebaut was das Zeug hält. Die GEZ ist nur ein Beispiel davon, aber auch dieses nervt, stresst, benachteilgt und verarscht die Arbeitslosen in diesem Fall.

Was ich sagen möchte, Kürzungen gibt es überall und man muss endlich begreifen, das es scheissegal ist ob man nun gerade betroffen ist. Alle sitzen und hoffen der Kelch geht an ihnen vorbei. Er wird nicht. Was interessiert den Arbeitslosen Studiengebühren und was interessiert den Studenten die Probleme mit Hartz4. Was interessiert einen Angestellten oder Arbeiter, ob der Zeitarbeiter nebenan 5 Euro bekommt, ich bekomme ja noch 15 usw... Das ist das klare Ziel der Politik, wir kürzen hier und da und schauen mal das wir jeden mal treffen und es auf Minderheiten auslassen. Denn diese können sich erfahrungsgemäß nicht so toll wehren. Außerdem schafft der ganze Sozialkürzungsmist dadurch so eine Verwirrung, dass eh keiner mehr durchblickt und resigniert.


Lösung

Ich werde nun Klage beim VG Hannover einreichen. Was für Papiere man einreichen muss, wie so eine Klage gestellt werden kann, wo man Anwälte herbekommt und Muster für die Klage werden wir erstellen und online verfügbar machen. Da dieses eine Weile dauert können schon jetzt Betroffene über die Email-Adresse Kontakt aufnehmen.

Bitte

Solltet ihr auch Bescheide dieser Art erhalten haben, euer Antrag abgelehnt usw schreibt mir bitte kurz eine Email. Wir sammeln diese Fälle anonym. Wir möchten uns nur einen Überblick verschaffen, in wie weit dies gängige Praxis ist, wovon wir mittlerweile ausgehen. Sollten sich viele finden, werden wir Abgabetermine beim VG machen zum gemeinsamen Einreichens der Klagen. Allerdings ist auch dies schwer, da die Fristen bei jedem natürlich unterschiedlich sind. Wir sind fast alle selber betroffen, also sind wir keine Profis und haben leider auch kaum Infrastruktur, wir können leider keine Telefonnummer anbieten derzeit und auch keinen festen Raum wo sich Betroffene beraten lassen können, wir werden aber sehen das wir dieses in die Arbeitsloseninitiativen integrieren können. Es wäre nett wenn dies auch in anderen Städten passiert.


Kontakt: freebse|ät|swissinfo.org 


Kommentare


Anleitung zum Lügen
Interessant ist auch folgende Überlegung:

* Ich brauche eine GEZ-Befreiung für den Telekom-Sozialtarif

* Eine GEZ-Befreiung setzt voraus, dass ich GEZ-pflichtig bin, dh. zumindest ein Radio oder einen Fernseher besitze.

* Wenn ich also weder Radio noch Fernseher besitze, kann ich mich nicht von der GEZ befreien lassen. Und somit auch keinen Telekom-Sozialtarif beziehen. 

Wenn ich den Sozialtarif trotzdem möchte, muss ich also lügen und sagen, ich hätte zumindest ein Radio. Die Telekom macht es sich hier sehr einfach, auch wenn man ihr zugute halten muss, dass der Sozialtarif eine freiwillige Leistung ist und es keine Verpflichtung gibt, ihn anzubieten. Ist halt kein staatliches Unternehmen mehr. Andere private Anbieter leisten sich einen Sozialtarif jedoch gar nicht erst. GEZ abschalten!


GEZahlt wird nicht!

Gegen die GEZ geht man am besten folgendermaßen vor:
Man lässt sie nicht rein. Kommen Rechnungen, werden diese ungelesen in den Papierkorb wandern.
Wenn die meinen, dass man keinen Widerspruch einlegen kann, tut man es trotzdem. Kommen dann Rechnungen, verfährt man mit ihnen wie oben. Kommt dann der Vollstreckungsbescheid vom Amtsgericht, wird dagegen Widerspruch eingelegt. Dann kommt es automatisch zum Verfahren und man muss sich auch keinen Anwalt leisten. In diesem Falle dürfte der Geschädigte (also Karl M.) vor Gericht recht bekommen.

Beim Besuch des angeblich Gezfahnders
Da die Helden nur "Im Auftrag" der Gez unterwegs sind , besteht keine Auskunftspflicht , diese gilt lediglich gegenüber der Gez direkt und kann nicht übertragen werden .


Denkt dran: ab 2007 sind auch die PCs dran!

Leute, denkt dran: ab 2007 gilt jeder!!! PC mit Internetzugang als "Fernseher", und dann muss dafür auch der volle GEZ-Satz gezahlt werden, auch wenn man überhaupt keinen Fernseher und nur einen 486er mit 9600-Baud-Modem hat... GEZ gehört abgeschafft....

Quelle: www.de.indymedia.org


Der aktuelle Verlauf einer Klage

gegen die Ablehnung des WDR/GEZ auf Gebührenbefreiung wegen Zuschlags (§ 24 SGB II) zum AlG II wird hier dokumentiert.



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