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14.03.05: Ablehnende Antwort der Arge auf die Dienstausichtsbeschwerde

Sehr geehrte ...

Ihr Schreiben vom 05.03.2006 habe ich erhalten. Allerdings kann ich nicht nachvollziehen, wieso das Einverlangen von Kontoauszügen von Ihnen als ungesetzlich hingestellt wird.

Sie beantragen Sozialleistungen und sind somit verpflichtet, Ihre Hilfebedürftigkeit nachzuweisen. Es gibt grundsätzlich keine klaren gesetzlichen Vorgaben, ob und welchem Umfang von Ihnen Kontoauszüge gefordert werden dürfen. Diese Verfahrensweise war bei den früheren Sozialämtern gängig und wird auch heute noch angewandt. Insofern ist dies nicht zu beanstanden und gibt keinen Anlass zu einer Dienstaufsichtsbeschwerde.

Beigefügte sende ich Ihnen die Gemeinsamen Hinweise der Landesbeauftragten für den Datenschutz der Länder. Auch daraus wird ersichtlich, dass die Anforderung von Kontoauszügen durchaus erfolgen kann und hinsichtlich einer eventuellen Schwärzung eine Einzelfallregelung getroffen werden muss.

Sofern Ihr Arbeitslosengeld li-Antrag nur deshalb nicht entschieden wird, weil Sie geforderte Nachweise, die Ihre Hilfebedürftigkeit belegen sollen, nicht vorlegen, kann ich hier weder Untätigkeit noch fehlende Sachkompetenz der mit der Bearbeitung betroffenen Mitarbeiter erkennen. Ich schlage vor, dass Sie nochmals Rücksprache mit Ihrer Sachbearbeiterin nehmen und ggf. unter Hinweis auf die Bestimmungen der Datenschutzbeauftragten die geforderten Unterlagen vorlegen.
Nach Ihren Angaben haben Sie Frau Schulz über die aktuelle Rechtslage informiert. Mir ist diesbezüglich keine allgemein gültige Entscheidung bekannt. Sollte Ihnen ein über den Einzelfall hinausgehendes Sozialgerichtsurteil vorliegen, bitte ich mir dies mitzuteilen.

Mit freundlichen Grüßen

 

Anlage:

 Gemeinsame Hinweise der Landesbeauftragten für den Datenschutz der Länder
 Berlin, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und
 Schleswig-Holstein zur datenschutzgerechten Ausgestaltung der Anforderung von
 Kontoauszügen bei der Beantragung von Sozialleistungen


 Dem Antragsteller obliegt bei der Beantragung von Sozialleistungen eine Mitwirkungspflicht.
 Gemäß § 60 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Erstes Buch (SGB I) hat, wer Sozialleistungen
 beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf
 Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte
durch Dritte zuzustimmen (Nr. 1) und Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des
 zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen
 (Nr.3).

 Die Folgen fehlender Mitwirkung sind in § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I geregelt. Dort heißt es:


 "Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten
 nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierd reh die Aufklärung des Sachverhalts
 erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur
 Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen. soweit die
Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind."

Klare gesetzliche Vorgaben, ob und in welchem Umfang der Leistungsträger bei der
Beantragung von Sozialleistungen die Vorlage von Kontoauszügen verlangen darf und
welche Angaben ggf. vom Antragsteller geschwärzt werden dürfen, lassen sich den
genannten Vorschriften leider nicht entnehmen. Der Antragsteller ist zwar verpflichtet, seine
Hilfsbedürftigkeit nachzuweisen und der Leistungsträger muss in der Lage sein, anhand
nachweisbarer Kriterien über den Antrag entscheiden zu können, jedoch begegnet eine
pauschaie Aniorderung von Kontoauszügen datenschutzrechtlichen Bedenken. Dies gilt
insbesondere dann, wenn dem Betroffenen generell untersagt wird, einzelne Buchungen zu
schwärzen.

Um sowohl dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Antragsteller als auch den
Interessen des Sozialleistungsträgers angemessen Rechnung tragen zu können. sollten die
folgenden Hinweise für eine datenschutzgerechte Verfahrensweise bei der Anforderung von
Kontoauszügen beachtet werden:

1. Zulässigkeit der Anforderung

Die Anforderung der Kontoauszüge der letzten drei bis sechs Monate ist grundsätzlich in
folgenden Fallgruppen zulässig:

            a) erstmalige Beantragung von laufenden Leistungen nach dem SGB 11, SGB
                 XII,
            b) Beantragung von einmaligen Beihilfen gemäß § 23 Abs. 3 Satz 3 und 4 SGB
                11, § 31 Abs. 2 SGB XII,
            c) während des laufenden Hilfebezuges frühestens nach Ablauf von zwölf
                Monaten,
            d) zum Zwecke der Klärung einer konkreten Frage zu der Einkommens- und
                Vermögenssituation der Hilfesuchenden, wenn diese nicht durch die Vorlage
                anderer Unterlagen herbeigeführt werden kann bzw. wenn konkrete Zweifel
                an der Vollständigkeit oder Richtigkeit der Angaben der Hilfesuchenden
                bestehen. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn konkrete
                Anhaltspunkte den Verdacht auf Vorliegen eines Missbrauchs von
                Sozialleistungen begründen. Denkbar ist dies auch im Rahmen des
                automatisierten Datenabgleichs nach § 52 SGB 11, § 118 SGB XII. Im Hinblick
                auf § 67a Abs. 3 Satz 1 SGB X hat der Sozialleistungsträger anzugeben,
                warum der Nachweis nicht mit anderen Unterlagen erbracht werden kann
                bzw. akzeptiert wird.


    2. Zu lässigkeit der Schwärzung einzelner Buchungen

    Das Schwärzen von einzelnen Buchungen kann den Hilfesuchenden nicht von
    vornherein verwehrt werden. Eine Mitwirkung der Hilfesuchenden kann lediglich im
    Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes verlangt werden. Die Mitwirkung muss
    danach erforderlich und angemessen sein.

    Die Betroffenen müssen auf die Möglichkeit des Schwärzens einzelner Buchungen
    bereits bei der Anforderung der Kontoauszüge hingewiesen werden.

Insbesondere bei Soll-Buchungen über geringere Beträge (regelmäßig bis 50 €) kann der
Hilfesuchende die zu den Einzelbuchungen aufgeführten Texte in der Regel schwärzen.
Über die Angabe der Beträge bzw. durch den Vergleich der Kontostände lässt sich die
 Einkommens- bzw. Vermögenssituation weiterhin lückenlos feststellen. Allerdings ist
darauf hinzuweisen, dass jeweils die Besonderheiten des Einzelfalles zu beachten sind.
So können z.B. regelmäßige Zahlungen von Beiträgen für kapitalbildende
Lebensversicherungen, Ausbildungsversicherungen oder Bausparverträge durchaus
leistungsrelevant sein. Insoweit wäre eine Schwärzung auch bei geringeren Beträgen
nicht zulässig. Jedoch hat hier der Sachbearbeiter, wenn er die Schwärzung für
unzulässig erachtet, dem Betroffenen gegenüber den Grund zu erläutern. Ein möglicher
Lösungsansatz für strittige Einzelfälle könnte z.B. sein, dass dem Betroffenen eine
Teilschwärzung der Buchungstexte ermöglicht wird. Dies wäre bei regelmäßigen
Überweisungen von Mitgliedsbeiträgen an eine Partei bzw. eine Gewerkschaft oder bei
Zahlungen an eine Religionsgemeinschaft möglich, indem die Bezeichnung der
Organisation geschwärzt wird, jedoch der Text nMitgliiedsbeitrag" oder "Spende" lesbar
bleibt.

Inwieweit das Schwärzen von Texten bei einzelnen Soll-Buchungen über größere
Beträge (über 50 €) zur Wahrung schutzwürdiger Belange von Antragstellern zulässig ist,
hängt von der Gestaltung des Einzelfalls ab.

Das Schwärzen von Haben-Buchungen, d.h. Einnahmen, kann zu einer Verletzung der
Mitwirkungspflicht gemäß § 60 Abs. 1 SGB I führen, da nach § 11 SGB 11, §§ 82 bis 84
SGB XII grundsätzlich das gesamte Einkommen bei der Hilfegewährung zu
berücksichtigen ist.


3. Speicherung der Daten gemäß § 67 c Abs. 1 SGB X


Kontoauszüge dürfen vom Leistungsträger eingesehen werden, d.h. die Daten dürfen
erhoben werden.

Allerdings stellt die Verpflichtung zur Vorlage von Kontoauszügen gemäß § 60 SGB I
keine Befugnis zur Speicherung dieser Daten dar.

Gemäß § 67 c Abs. 1 Satz 1 SGB X ist das Speichern, Verändern oder Nutzen von
Sozialdaten durch die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen zulässig, wenn es
zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der verantwortlichen Stelle liegenden gesetzlichen
Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist und es für die Zwecke erfolgt, für die
die Daten erhoben worden sind.

Da die Kontoauszüge eines Zeitraums von drei bis sechs Monaten regelmäßig eine
Vielzahl von Kontobewegungen enthalten, die für die Feststellung des Bedarfs des
Hilfebedürftigen nicht relevant sind, ist eine Speicherung dieser Daten unzulässig.
Vielmehr dürfen diese nur dann gespeichert werden, wenn die Daten zur
Aufgabenerfüllung im Einzelfall erforderlich sind.

Im Regelfall genügt ein Vermerk in der Akte, aus welchem Zeitraum Kontoauszüge
eingesehen wurden und dasskeine fur den Leistungsanspruch relevanten Daten ermittelt
wurden. Werden derartige Daten ermittelt, so genügt es, diese in der Akte zu vermerken.
Um Beweiszwecken des Leistungsträgers hinsichtlich des Inhalts der Kontoauszüge
Rechnung tragen zu können, sollten die Antragsteller bei der Vorlage der Kontoauszüge
darauf hingewiesen werden, dass sie verpflichtet sind, die vorgelegten Kontoauszüge
aufzubewahren, um diese gegebenenfalls dem Leistungsträger für spätere
Nachweiszwecke erneut vorlegen zu können. Die Antragsteller sollten schriftlich
bestätigen, dass sie auf diese Verpflichtung hingewiesen wurden.

Stand: November 2005

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