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06.06.06: Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid

Widerspruch

gegen den Ablehnungsbescheid vom 16.05.06
bzgl. meines Antrags auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II vom 04.10.05



Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit lege ich gegen den Ablehnungsbescheid vom 16.05.06 Widerspruch ein. Ansprüche auf Sozialleistungen entstehen nach § 40 Abs. 1 SGB I, sobald ihre im Gesetz bestimmten Voraussetzungen vorliegen (BSG Urteil vom 08.09.2005 - B 13 RJ 10/04 R -). Gemäß § 38 SGB I besteht ein Anspruch auf Sozialleistungen, soweit nicht nach den besonderen Teilen dieses Gesetzbuchs die Leistungsträger ermächtigt sind, bei der Entscheidung über die Leistung nach ihrem Ermessen zu handeln. Da die Gewährung von ALG II nicht unter dem Ermessensvorbehalt steht, besteht ein Anspruch dem Grunde nach seit dem Tag der Antragstellung. Das Entstehen des Anspruchs und seine Fälligkeit sind in §§ 40, 41 SGB I geregelt. Nach § 40 Abs. 1 SGB I entstehen Ansprüche auf Sozialleistungen, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen.

Dies ist hier der Fall. Denn ich erfülle die Voraussetzungen nach Kapitel 2 Anspruchsvoraussetzungen des SGB II. Zum Zeitpunkt der Antragstellung war ich ganz offensichtlich berechtigt, erwerbsfähig und hilfebedürftig i.S.v. §§ 7, 8, 9 SGB II. § 41 SGB I bestimmt, dass Sozialleistungen regelmäßig mit ihrem Entstehen fällig werden. Der Anspruch auf Zahlbarmachung besteht demnach seit dem Tag der Antragstellung.

Ich habe keine Mitwirkungspflichten i.S.d. §§ 60 ff. SGB I verletzt, denn ich habe alle leistungserheblichen Tatsachen auf dem dafür vorgesehen Formular (§ 60 Abs. 2 SGB I) angegeben. Die Nichtvorlage von Kontoauszügen bzw. schwärzen der Zahlungsausgänge auf den Kontoauszügen ist unschädlich, denn entgegen der Auffassung der Sachbearbeiterin Fr. Schulz sind diese Urkunden weder "leistungserheblich" noch "erforderlich" im Sinne des § 60 Abs. 1 Nr. 1 SGB I.

Die angeforderten zurückliegenden Kontobewegungen ändern nichts an der aktuellen Bedarfslage, welche ich in meinem Antrag dargestellt habe. Ich stützte mich zu Recht auf mein Sozialgeheimnis im Sinne des § 35 SGB I. Die mich betreffenden Sozialdaten im Sinne des § 67 Abs. 1 SGB X dürfen nicht vom Leistungsträger unbefugt erhoben werden. Um solche Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse (Sozialdaten) geht es jedoch vorliegend. Sie dürfen gemäß § 67 a Abs. 1 SGB X nur erhoben werden, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung der Aufgaben der erhebenden Stelle erforderlich ist, und sind vom Grundsatz her gemäß § 67 a Abs. 2 SGB X beim Betroffenen zu erheben. Das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Grundgesetzes, Art. 2 Abs. 1 GG, und der Menschenwürde, Art. 1 Abs. 1 GG abgeleitete Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung lässt Einschränkungen nur im überwiegenden allgemeinen Interesse zu, die zudem einer verfassungsgemäßen gesetzlichen Grundlage bedürfen und dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entsprechen müssen (Bundesverfassungsgericht – Urteil vom 15. Dezember 1983 BVerfGE 65, 1 ff.). Eine derartige Rechtsgrundlage liegt nicht vor und ist auch nicht ersichtlich. Etwas anderes folgt auch nicht etwa aus dem Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 20 SGB X, denn die Regelungen des Datenschutzes gehen nach § 37 Satz 3 SGB I vor.

Zitierung: BVerfG, 1 BvR 569/05 vom 12.5.2005, Randnummer 28:
Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende dienen der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens. Diese Sicherstellung ist eine verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, die aus dem Gebot zum Schutze der Menschenwürde in Verbindung mit dem Sozialstaatsgebot folgt (vgl. BVerfGE 82, 60 <80>). Diese Pflicht besteht unabhängig von den Gründen der Hilfebedürftigkeit (vgl. BVerfGE 35, 202 <235>). Hieraus folgt, dass bei der Prüfung der Voraussetzungen eines Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums, soweit es um die Beurteilung der Hilfebedürftigkeit der Antragsteller geht, nur auf die gegenwärtige Lage abgestellt werden darf. Umstände der Vergangenheit dürfen nur insoweit herangezogen werden, als sie eindeutige Erkenntnisse über die gegenwärtige Lage des Anspruchstellers ermöglichen. Dies gilt sowohl für die Feststellung der Hilfebedürftigkeit selbst als auch für die Überprüfung einer Obliegenheitsverletzung nach §§ 60, 66 SGB I, wenn über den Anspruch anhand eines dieser Kriterien entschieden werden soll. Aus diesen Gründen dürfen Existenzsichernde Leistungen nicht auf Grund bloßer Mutmaßungen verweigert werden, insbesondere wenn sich diese auf vergangene Umstände stützen.

Entsprechend den Anforderungen gemäß §§ 33, 35 Abs. 1 SGB X sind in der Begründung die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe anzugeben, die die Behörde zur Entscheidung bewogen haben. Die Behörde ist ebenfalls verpflichtet, bei Ermessungsentscheidungen die Gesichtspunkte der pflichtgemäßen Ermessungsausübung darzulegen. Ihren rechtmittelfähigen Bescheid erwarte ich unverzüglich.

Mit freundlichen Grüßen

 

 

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