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Wer zahlt die Kosten für ein Sozialticket - Land oder Kommunen?

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Mobilität für einkommensschwache Menschen - Wer von Hartz IV lebt, bekommt pro Monat 15 Euro, um mobil zu sein. Für Monatstickets reicht das Geld längst nicht, bemängeln Grüne und SPD in ihren Anträgen (Drs. 14/7644 bzw. Drs. 14/7664) und loben das Sozialticket, das die Städte Dortmund und Köln sowie der Kreis Unna für einkommensschwache Menschen anbieten.

 Weil ein solches Ticket für die Betroffenen nur 15 bzw. 28 Euro kostet, müssen die Kommunen das ausbleibende Geld an die Verkehrsverbünde zahlen. SPD und Grüne sehen dort das Land in der Pflicht - eine Forderung, die CDU und FDP zurückweisen. Die Idee des Sozialtickets unterstützen aber alle Fraktionen.

Horst Becker (Grüne) wies darauf hin, dass die Preise für Busse und Bahnen in den letzten acht Jahren stärker gestiegen seien als die Preise fürs Autofahren. Menschen, die von Hartz IV lebten, bekämen nur knappe 15 Euro im Monat für Mobilität, rechnete der Grünen-Politiker vor. "Der Anspruch aber genau an diese Menschen, mobil zu sein, ist eher gewachsen", problematisierte der Verkehrsexperte, etwa bei der Arbeitsplatzsuche. Mobilität sei eine Grundvoraussetzung für die Teilhabe der Menschen an der Gesellschaft. Er lobte Kommunen, die ein Sozialticket eingeführt haben und forderte: "Ich finde, auch wir sollten uns diesem Themenkomplex zuwenden und Antworten geben."

Bodo Wißen (SPD) betonte: "Wer nicht mobil sein kann, wird ausgegrenzt." Er erläuterte, dass Kommunen, die bedürftigen Menschen ein Grundmaß an Mobilität garantieren wollten, selbst dafür zahlen müssten. Dies sei unter der "kommunalfeindlichen Politik" der Landesregierung und wegen der angespannten Haushaltslage vieler Kommunen äußerst schwierig. Wißen erwartete, dass sich die schwarz-gelbe Koalition herausreden werde. Jürgen Rüttgers sei "nur dann sozial, wenn es ihn selbst nichts kostet", kritisierte der SPD-Politiker. "Links blinken und rechts abfahren ist weder in der Straßenverkehrs-Ordnung vorgesehen, noch kann es Grundlage politischen Handelns sein."

Gerhard Lorth (CDU) war überzeugt, dass alle Fraktionen das Ziel "Mobilität für alle" unterstützten. Allerdings sei der Antrag an die falsche Stelle gerichtet, sagte er anschließend zu SPD und Grünen. Für das Sozialgesetzbuch sei ausschließlich der Bund zuständig und die Kommunen und Verkehrsverbünde für die Entscheidung, ob sie ein Sozialticket anbieten und wie sie es finanzieren wollten. Er betonte zudem, dass die Landesregierung für 2009 über 1,4 Milliarden Euro für die Förderung des Öffentlichen Nahverkehrs an die Kommunen überweise. Abschließend verwies der CDU-Politiker auf bestehende vergünstigte Mobilitätsangebote.

Stefan Romberg (FDP) bestätigte, die FDP-Fraktion habe im Prinzip nichts gegen das Sozialticket einzuwenden, man müsse dem allerdings "mit Augenmaß" begegnen und auch an diejenigen denken, die zwar Arbeit hätten, aber wenig verdienten. Schließlich seien es ja auch ihre Steuergelder, die umverteilt würden. Der FDP-Politiker lenkte den Blick außerdem auf den ländlichen Raum. Dort hätten die Menschen den Eindruck, es ginge "schon wieder um zusätzliches Geld, was in die großen Städte fließt". Sein Fazit zu der Forderung von Grünen und SPD, dass die Landesregierung für Ausfallkosten der Kommunen beim Sozialticket aufkommen solle: "nicht nachhaltige Zusatzausgaben auf Pump".

Verkehrsminister Oliver Wittke (CDU) begrüßte für die Landesregierung "ausdrücklich die Initiative von Kommunen zur Einführung des Sozialtickets". Dies sei aber eine Angelegenheit, die in den Kommunen entschieden und finanziert werden müsse. Es sei "blanker, durchschaubarer Populismus", wenn bei jeder Gelegenheit von der Landesregierung gefordert werde, sich an der Finanzierung zu beteiligen. Man sei nur da finanziell verantwortlich, wo man auch zuständig sei. Mit dem ÖPNV-Gesetz erhielten die Verkehrsverbünde und damit die Kommunen 110 Millionen Euro jährlich. Daraus könnten diese, wenn sie wollten, ein Sozialticket finanzieren.

Die Anträge von Grünen und SPD wurden einstimmig zur Beratung in die Fachausschüsse für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform sowie für Arbeit, Gesundheit und Soziales überwiesen. Federführend beraten soll der Ausschuss für Bauen und Verkehr. Dort sollen die Abgeordneten auch in öffentlicher Sitzung abschließend über die Anträge abstimmen.

Quelle: Landtag intern, 39. Jahrgang, Ausgabe 11 vom 12.11.2008, S. 6

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