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Tausende Beschäftigte im Ausstand

Die Warnstreiks im öffentlichen Dienst wurden am heutigen Dienstag enorm ausgeweitet: Allein in Nordrhein-Westfalen hat die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) rund 16 000 Beschäftigte zu Arbeitsniederlegungen aufgefordert.

„Ich weiß nicht, wer da ist. Es ist ja Streik” entschuldigt sich das „Fräulein vom Amt” nach längerer Wartezeit. Bei anderen städtischen Einrichtungen wie den Kitas, aber auch bei der Müllabfuhr und der DEW21 tat sich nichts: Der Müll blieb liegen, die Kundenzentren blieben zu.

Warnstreik in Dortmund: Mehrere tausend Beschäftigte des öffentlichen Dienstes machten auf dem Friedensplatz ihrem Unmut Luft: „Die angebotenen fünf Prozent bedeuten nicht nur eine Nullrunde, sondern sogar einen Verlust”, ärgert sich Ralf Steinborn, Mitarbeiter des Studentenwerks. Denn es soll im ersten Jahr nur 2,5 Prozent mehr Geld geben. Die Arbeitszeit soll aber um 1,5 Stunden steigen. Eine Stunde Mehrarbeit bedeutet 3,75 Prozent weniger Geld, rechnet der Dortmunder Verdi-Geschäftsführer Ulli Dettmann vor. „Die Beschäftigten sind zornig. Sie haben das Täuschungsmanöver durchschaut.”

Große Streikbereitschaft

Entsprechend groß ist die Streikbereitschaft: Beim Studentenwerk blieb deshalb die Mensa kalt.  Auch die Mülltonnen wurden nicht geleert. 500 EDG-Mitarbeiter demonstrierten für mehr Geld. Und auch bei der DEW21 standen Kunden vor verschlossenen Türen - 500 Beschäftigte der Stadtwerke-Tochter waren im Ausstand. „Das ist Scheiße”, ärgert sich eine Kundin. Ich sollte mit meinem Mitvertrag vorbeikommen, damit ich in der neuen Wohnung Strom und Gas bekomme. Jetzt sitze ich weiter im Dunkeln.”

Auf wenig Verständnis stießen auch die Mitarbeiterinnen der städtischen Kindertagesstätten: Alle Einrichtungen von „Fabido” blieben geschlossen. „Eine Mutter hat uns richtig beschimpft. Viele sind ja berufstätig und brauchen die Betreuung”, berichtet Erzieherin Sandra Fasel. Sie ist mit ihren 16 Kolleginnen der Kita Wienandweg Lütgendortmund auf den Friedensplatz gekommen. Insgesamt 800 Erzieherinnen machten ihrem Unmut Luft. „Wenn die Mitarbeiterinnen nichts mehr zu lachen haben, fehlt auch das Lächeln für die Kinder” haben sie auf ihren Hüten stehen.

Ich brauch' Geld für Liechtenstein

 

Entsprechend war die Stimmung: „Wir sind stinkig und werden keine Verluste hinnehmen, sondern eher streiken”, betont ein Müllmann. „Es ist doch eine Sauerei, dass sich die Manager die Taschen voll machen und die Arbeitnehmer leer ausgehen”, ergänzt sein Kollege. Darauf zielten auch Transparente ab: „Acht Prozent müssen sein. Ich brauch' Geld für Liechtenstein” war zu lesen. Zustimmung auch von der Berufsfeuerwehr: Sie sind in ihrer Freizeit gekommen, da sie, wie viele andere Beamte, nicht streiken dürfen. „Wir wollen aber dennoch Präsenz zeigen.” Sie beklagen die Ungerechtigkeit: „Die Arbeitnehmer haben zum Aufschwung beigetragen und gehen leer aus.”

Schäubles "Mogelpackung"

Dass Schäuble jetzt eine „Mogelpackung” anbiete, schlage dem Fass den Boden aus. Die 9,4 Prozent, die sich die Bundestagsabgeordneten selbst genehmigt hätten, seien das Maß der Dinge. „Schluss mit dem Geplänkel. Jetzt sind wir dran”, forderte Verdi-Landesleiterin Gabriele Schmidt unter tosendem Applaus. Das Argument mit dem sicheren Arbeitsplatz ziehe nicht mehr: „Nur weil hier nicht wie in der letzten Klitsche geheuert und gefeuert wird, werden wir aus lauter Dankbarkeit nicht noch Geld zum Arbeiten mitbringen.” Die Zeichen stehen auf Sturm.

Quelle: Westfälische Rundschau vom 19.02.08

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