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Stellungnahmen zur bundesweiten Koordinierung der Montagsdemonstrationen

Unterschiedliche Initiatorenkreise luden zum 28.08.04 zu zwei gegenläufigen Koordinationstreffen der Montagsbewegung in Leipzig und Berlin ein, in deren Anschluss für gegenläufige bundesweite Demonstrationen in Berlin - die einen am 2. Oktober, die andere am 3. Oktober - gewoben wurde

-->  Einladungsschreiben zu beiden Treffen siehe unter -->  Montagsdemos - bundesweite Montagsdemobewegung

-->  Pressemitteilung vom 01.09. des Berliner Aktionsbündnis Weg mit Hartz 4! zu Überwindung der Spaltung der Montagsdemos siehe unter -->  Montagsdemos - bundesweite Montagsdemobewegung

-->  Gemeinsame Pressemitteilung vom 05. Sept. von Vertretern des Leipziger und des Berliner Vernetzungstreffens am 28. August



Interview in "junge Welt" vom 15.09.04 mit Stefan Engel, Vorsitzender der MLPD zu den separaten bundesweiten Koordinationen und Demonstrationen der Anti-Hartz-Bewegung

-->   Zum Interview   (externer Link)



Stellungnahme (09.09.04) von Edith Bartelmus Scholich (KoKreis NRW-Netzwerk gegen Sozialkahlschlag, FV Courage) zum Beitrag des MLPD-ZK-Vorsitzenden Stefan Engel (siehe unten)

Natürlich geht es um Inhalte, aber auch um geeignete Methoden, sowohl für die Erarbeitung als auch für die Durchsetzung der Inhalte.

Ich möchte klar stellen, wo ich inhaltlich stehe: Von den Forderungen „Hartz IV muss weg, die ganze Agenda 2010 auch!“ rücke ich nicht ab. Wenn die Regierung darüber fällt ist dies m.E. ein Erfolg. Eine Regierung Merkel/Westerwelle ist für die Durchsetzung der Kapitalinteressen viel weniger geeignet als Schröder/Fischer; denn im Fall einer CDU/CSU/FDP-Regierung entwickelt sich die gewerkschaftliche Kampfkraft besser. Es entfällt die lähmende Rücksichtnahme der Gewerkschaftsspitzen auf die SPD.

Darüber hinaus kämpfe ich für die proletarische Revolution (und nicht für eine Partei) und für eine Gesellschaft, die sowohl sozialistisch als auch geschlechtergerecht ist. Reformismus liegt mir fern, nicht jedoch der Kampf um soziale Errungenschaften und die schrittweise Emanzipation der Massen. Es ist mir klar, dass die konkrete Entscheidung wo die Grenze zum Reformismus liegt, jedes Mal eine neue Herausforderung ist.

Ich begreife die Bewegung gegen Hartz IV (in den neuen Ländern) als eine Massenbewegung, die ein systemsprengendes Potential birgt, wenn es ihr gelingt sich ein Bewusstsein zu erarbeiten, das ihr dann ein Auftreten als gesellschaftlicher Akteur ermöglicht. Meine Überlegungen beschäftigen sich damit, wie dies dieser Massenbewegung gelingen kann. Dabei versuche ich anzuknüpfen an das Verständnis von Massenkämpfen und den Revolutionsbegriff, wie er von Rosa Luxemburg vertreten wurde.

Für mich bedeutet das heute, dass es ausschlaggebend ist, dass diese Bewegung sich aus sich selbst heraus entwickeln, sich ihre Ziele erarbeiten und diese mit eigenen Kampfformen durchsetzen kann. Ich vertrete, dass die Menschen ihren Weg selbst finden müssen, auch dann wenn sie dabei gelegentlich einen Umweg oder eine Sackgasse betreten. Jede Erfahrung, die sie auf diesem Weg machen, ist um ein Vielfaches mehr bewusstseinsbildender als jede Erkenntnis, die ihnen noch so fortschrittliche Kräfte vermitteln können, denn diese Erfahrungen fallen ihnen nicht zu, sondern müssen gegen innere und äußere Widerstände durchgesetzt werden.

Auf diesem Fundament steht meine Ablehnung jeglichen Führungsanspruchs von politischen Kräften in dieser Bewegung – egal ob DGB, Attac, Linksruck oder MLPD diesen aufmachen möchte. Da ich aber die unterschiedlichen politischen Kräfte sehr wohl auch als Teile dieser Bewegung begreife, trete ich für die gleichberechtigte Zusammenarbeit aller dieser Kräfte in dieser Bewegung ein. Eine Ausgrenzung einzelner Kräfte unterstütze ich nicht; denn hier liegt ein Keim für die Spaltung dieser Bewegung. Eine Spaltung der Bewegung ist aber nicht den Zielen dienlich.

Meine Kritik an der Vorgehensweise der MLPD in der Bewegung mache ich genau an meinem Verständnis der Entwicklung dieser Bewegung fest. Ich halte es für kontraproduktiv, wenn eine Gruppe von Menschen – egal welche – sich vereinheitlicht und dann in ganz Deutschland versucht Ziele und Methoden vorzutragen. Genau dies sehe ich aber. Überall machen Marxisten-Leninisten die gleichen Vorschläge, unabhängig von dem Entwicklungsstand der Bewegung wie sie sich vor Ort darstellt. Ich beobachte, wie z.B. eine Resolution verlesen wird und praktisch ohne Diskussionsprozess eine Abstimmung darüber durchgeführt wird. Ich erlebe mit, wie in den Diskussionen am offenen Mikrophon viele vorantreibende Beiträge ebenfalls von Marxisten-Leninisten eingebracht werden. Ich bin Zeugin, wie sich auch für Aufgaben in großem Umfang Marxisten-Leninisten zur Verfügung stellen. Diese Vorgehensweisen halte ich für falsch, denn sie schöpfen nicht aus dem Kreativ- und Emanzipationspotential der Massen, sondern aus dem Potential des ZK der MLPD. Auf diese Art und Weise wird auch nicht nachhaltig Bewusstsein gebildet, denn die Widersprüche werden weder erarbeitet noch aufgelöst. Das Ergebnis ist eine neue Variante der Stellvertreterpolitik, in der Marxisten-Leninisten stellvertretend für die Massen denken, reden und handeln. Bei dieser Vorgehensweise hat die Massenbewegung nur eine Entwicklungschance, wenn sie sich dagegen wehrt. Diese Gegenwehr kann dann bedauerlicherweise von antikommunistischen Kräften für die eigenen Ziele genutzt werden.

Da mir bei Auseinandersetzungen in den vergangenen Wochen immer wieder gesagt wurde, meine Wahrnehmung der Vorgehensweise der MLPD in der Bewegung sei falsch, möchte ich beispielhaft eine Objektivierung vornehmen. Mir liegt der eMAil-Verteiler der Konferenz in Leipzig am 28.8.04 vor. Von den 103 Namen, sind 34 Mitglieder in der MLPD, darunter 4 Mitglieder des ZK der MLPD. Der Verteiler enthält nicht alle Anwesenden und ich kenne nicht alle Mitglieder der MLPD. Ergo waren noch ein paar mehr Marxisten-Leninisten auf der Konferenz. Eine so massive Präsenz vereinheitlichter und politisch erfahrener Menschen aus einer Richtung, sehe ich als nicht geeignet an, auf einer Konferenz die Impulse aus der Bewegung heraus zu entwickeln, sie ist nur geeignet, der Bewegung Ziele überzustülpen und Machtpositionen in der Bewegung zu besetzen. Das benenne ich und dagegen spreche ich mich deutlich aus.



Stellungnahme (09.09.04) von Stefan Engel (ZK-Vorsitzender MLPD) zu Diskussionsbeiträgen von Edith Bartelmus-Scholich (siehe unten)

Die Beiträge von Edith Bartelmus-Scholich erwecken einen sachlichen Eindruck, verbergen jedoch nur oberflächlich die ideologisch-politische Quelle ihrer Vorschläge aus der Ecke bekannter ATTAC-Vertreter, reformistischer Gewerkschaftslinker, namhafter PDS-Funktionäre und verschiedener Trotzkistenführer. Überhaupt fällt auf, dass sämtliche Beiträge von Edith Bartelmus-Scholich in den letzten Wochen die Schlagseite haben, für Vorschläge dieser Richtung einzutreten und gleichzeitig links aufzutreten. Das wird aber kaum mit einer offenen Auseinandersetzung getan, sondern mit sehr nebensächlichen Argumenten.

Als auf Initiative einiger Initiatoren von Montagsdemonstrationen für den 28.8. zu einem Koordinierungstreffen zwischen den örtlichen Bewegungen nach Leipzig aufgerufen wurde, da forderte sie, diese Konferenz abzusetzen und auf den Herbst zu vertagen. Angeblich wäre die Zeit für diese Konferenz noch zu früh. Diese Auffassung deckte sich mit der Auffassung der ATTAC-Führung, die die Montagsdemonstrationen für zu verfrüht hielt und Aktivitäten für den Herbst nach einer Konferenz am 11.11.04 in Frankfurt plante.

Als die Konferenz am 28.8. in Leipzig nicht mehr aufzuhalten war, gab es eine wüste Attacke ausgehend von einem ATTAC-Führungsmitglied, Rüdiger Heescher aus Witten, der die Behauptung in Umlauf setzte, die ganze Sache sei von der MLPD organisiert. Postwendend sprang Edith Bartelmus-Scholich diesem Standpunkt zur Seite und erklärte, dass das durchaus glaubwürdig sei und unterstrich das mit ihren eigenen vermeintlichen Erfahrungen, die sie seit Jahren mit der MLPD mache. Damit schwang sie sich zum Kronzeugen gegen die Aktivitäten der MLPD auf.

Die Leipziger Konferenz war trotzdem erfolgreich und beschloss, am 3. Oktober einen Sternmarsch nach Berlin. Die Konferenz folgte damit dem ausdrücklichen Wunsch vor allem der ostdeutschen Initiativen, am Tag der deutschen Einheit, 15 Jahre nach dem Erfolg der Montagsdemonstrationsbewegung in der DDR, zum Ausdruck zu bringen: “Wir sind das Volk, wir lassen uns nicht in Ost und West spalten, und wir sind mit diesem Deutschland, das von der Regierung Schröder-Fischer als Geschäftsführerin regiert wird, nicht einverstanden.”

Parallel zu dem Leipziger Treffen fand dann ausgehend von einigen der Berliner Trotzkistenführer, PDS-Mitgliedern und linken Gewerkschaftsführern um Halbauer und Kimpel eine Parallelkonferenz statt, die von Anfang an dann den 3. Oktober attackierte, ihm eine rechte Richtung unterstellte und vor allem forderte, die Gewerkschaft ins Boot zu nehmen, weil das sonst überhaupt nicht organisiert und finanziert werden könnte. Sie pochten von Anfang an auf den Alternativtermin vom 2. Oktober, wo das verwirklicht werden sollte.

Obwohl die Berliner Konferenz vom 28.8. sich selbst nicht auf diese Beschlüsse einigen konnte, wurden sie bereits am nächsten Tag von Sascha Kimpel als “Beschlüsse” bundesweit verbreitet und damit die Spaltung und Verwirrung vorangetrieben. Die jetzige Diskussion um den 2. oder 3. Oktober ist keine Diskussion um verschiedene Vorschläge, wann die Demonstration geeigneterweise durchgeführt werden soll, sondern hier geht es um eine Entscheidung über die inhaltliche Richtung. Darüber muss man sich im Klaren sein, darüber ist sich auch Edith Bartelmus-Scholich im Klaren.

Es geht um die Frage, ob die Bewegung ihre politische Selbständigkeit bewahrt, oder ob sie zum linken Anhängsel der Bundestagsparteien wird. Es geht darum, ob sie ihre demokratische, überparteiliche Zusammensetzung behält, oder ob sie die massive Ausgrenzungspolitik des DGB insbesondere gegenüber der MLPD akzeptiert. Es geht darum, ob die Demonstration ihre demokratischen Strukturen (offenes Mikrofon, Abstimmungen auf den Demonstrationen, Vernetzung durch auf den Demonstrationen legitimierte Delegationen) erhält und weiterentwickelt, oder ob die ganze Bewegung sich einigen selbsternannten ATTAC-Führern und linken Gewerkschaftsführern unterstellt und damit zum Spielball der Manipulation wird.

Edith Bartelmus-Scholich hat bisher noch keinen Beitrag geleistet, die politische Selbständigkeit dieser Bewegung zu fördern, sondern befindet sich selbst im Schlepptau der Opportunisten, die um jeden Preis den Sternmarsch am 3. Oktober verhindern und statt dessen eine Demonstration am 2. Oktober wollen, wo nicht mehr “Weg mit Hartz IV” gefordert wird und auch nicht mehr “Wir sind das Volk”, sondern höchstens noch eine allgemeine Verteidigung des “Sozialstaats” herauskommt und alles so zurechtgebogen wird, damit letztlich auch die SPD- und die DGB-Führung ins Boot steigen können.

Herzliche Grüße,

Stefan Engel



Stellungnahme von Gerd Pfisterer (MLPD) zur Presseerklärung vom 5.9. von Vertretern des Leipziger und des Berliner Vernetzungstreffens

-->   zur Stellungnahme vom 08.09.04 im Forum der Homepage www.montagsdemo-dortmund.de.vu



Korrespondenz aus Berlin vom 06.09. zur Spaltung der Berliner Montagsdemo und zu den Treffen von Vertretern der Leipziger und der Berliner Vernetzung am 5. September

Korrespondentin: Anne vom Runden Tisch der Erwerbslosen- und Sozialhilfeorganisationen

Liebe MitstreiterInnen,

hier eine Legende zu den Geschehnissen um die Spaltung der Montagsdemos:

Seit geraumer Zeit gibt es vom Bündnis Montagsdemo in der Stadt Berlin organisierte, mehr oder minder große Montagsdemos. Im Kern dieses Bündnisses befindet sich die MLPD mit Organisationen, aber auch viele andere, nicht zur MLPD gehörige Kräfte, die teilweise dort spontan aufgelaufen waren und Reden gehalten hatten.

Am 9.8. war die erste kleine Montagsdemo in Berlin.

Am 10.8.2004 hatten sich alle Montagsdemonstrations-InteressentInnen der Stadt in großer Menge im DGB-Haus Keith-Str. eingefunden. Es soll wieder mal eine extrem nervenzerfetzende Diskussion gegeben haben, die viele Leute schockierte. Das Bündnis Montagsdemo sagte, alle sollen zu ihnen kommen. Sie machen die Montagsdemos schon immer und wollen dies nicht im Bündnis mit anderen städtischen Inis, Gruppen, Kampagnen, Strömungen und linken Parteien tun.

Am 12.8.2004 gab es abends um 19.00 Uhr in der Offenen Uni ein kleines KO-Treffen von ca. 17 Leuten, um die Demo am 16.8.2004 vorzubereiten. Fred Schirrmacher, ein ehemaliger Bürgerrechtler, den weder Renate Hürtgen noch Bernd Gehrcke kennen, vertrat mit 5 anderen Personen aus dem Bündnis Montagsdemo die Auffassung, dass nur er die Demos anmelden müsse und dies von seiner Vollversammlung bestätigt sei. Er hätte auch für alle Montage bis zum 6.9.2004 sämtliche Montagsdemos am Alex angemeldet. Er war nicht bereit, einen gemeinsamen AnmelderInnenkreis zuzulassen, dem ich auch angehören sollte. Ebenso war er nicht bereit mit uns eine gemeinsame Redeliste herzustellen. Wir haben dies dann für uns allein organisiert.

Am 16.8.2004 kamen um 18.00 Uhr 30.000 Leute zur Montagsdemo zum Alex, wie Werner H., Pedram S. und ich sie in der Pressekonferenz am 11.8.2004 eingeladen hatten, was auch in den ARD-Tagesthemen ausgestrahlt wurde. Die MLPD hatte mit der Kundgebung bereits ohne Absprache mit uns ab 17.00 Uhr begonnen. Käte Reichel, bekannte Schauspielerin durch die Montagsdemos 1989, durfte zur Auftaktkundgebung nicht reden. Ihr wurde dies erst beim Abschluss mit viel Gemurre und Geschubse gestattet. Anne Seek, Gerald Wolf und Peter Grottian durften nicht reden. Das Offene Mikro erwies sich in einer hitzigen Kurzdiskussion zwischen Dieter Ilius (MLPD-Vorsitzender Berlin) und mir als gar nicht offen. Oh-Ton: "Die Frau (Anne Seek) habt Ihr bei uns nicht angemeldet. Nächstes Mal müßt Ihr zu unserer Versammlung kommen. Dort beschließen wir alle Leute, die reden." Die Reden der MLPDler haben mir zum großen Teil inhaltlich und seitens der Zielstellungen gar nicht gefallen. Die Forderung des Frankfurter Appells wurden nur in wenigen Teilchen genannt. Etliche andere Leute waren von den Inhalten und dem ganzen straffen Gehabe auch sichtlich genervt und sind traurig nach Hause gegangen. Einige haben auch fanatisch zu den Sprüchen der MPLD gerufen.

Auf der Demo hatte sich die Demoleitung von uns verständigt, tendenziell zu einem anderen Ort aufzurufen. Wir haben den Rathausplatz aus historischer Tradition solcher Proteste, der Nähe zum Alexanderplatz und wegen der bleibenden U- und S-Bahnanbindung zu Alex präferiert. So wurde es auch auf der nächsten Demovorbereitungsrunde diskutiert und von vielen Anwesenden unterstützt. Aufgrund dieser Platzänderung hatten sich auch verdi-Berlin und andere Verbände entschlossen, MitaufruferInnen zu werden. Das Ganze haben wir am 23.8.2004 einigermaßen erfolgreich bewältigt: 25.000 liefen mit uns, ca. 400-500 mit der MLPD. Wir sind mit unserem Zug zum Haus des Bundesvorstandes der Grünen gelaufen, die MLPD zur SPD-Zentrale. Auf unserer Kundgebung traten dann Jutta Brabant, Peter Grottian, Anne Seek, Gerald Wolf und die MigrantInnen auf. Ein offenes Mikro gab es auch. Ich habe die Gelegenheit wahrgenommen und was zur ganzen Rumlügerei um die angebliche Besserstellerei der SozialhilfebezieherInnen gesagt.

Am 30.8.2005 kamen zu uns 30.000 Leute, ganz wenige zur MLPD. Bei uns traten ein Bürgerrechtler, ???, Roland Tremper (verdi-BezirksGF), Marion Drögsler (ALVD e.V. Berlin), Oliver ??? (attac) auf. Der MLPD-Zug kam zur 2. Rede. Herr Ilius versuchte, einen Sprecher auf die Bühne zu bekommen.

Inzwischen, seit Dienstag, den 31.8.2004 gab es unsererseits die Zusage, gemeinsam mit der MLPD die Demo durchzuführen. Dafür treten, wie in der Mail zu sehen ist, Fred Schirrmacher, ein Daimler-Arbeiter und eine Singegruppe der MLPD mit auf. (Hoffentlich geht das gut?!) {[Parallel dazu wird in den MLPD-Medien auf Werner Halbauer und Sascha Kimpel geschimpft, die ja wie wir alle letztendlich gegen das gemeinsame Zusammentreffen nichts hatten.]

Am 28.8.2004 fanden Koordinierungstreffen der Montagsdemos in Leipzig und Berlin statt. Insgesamt trafen sich in Leipzig 186 Menschen aus 66 Städten, in Berlin ca. 100 Leute aus 15 Städten. Dort wurde eine Koordinierungsgruppe von 12 Personen gebildet. Zu diesen 12 gewählten Personen gehörte u.a. Dieter Ilius von der MLPD, Kollegen aus Torgau, Magdeburg, Leipzig, Berlin. Der ganzen Spalterei sollte hinsichtlich der 2 herumgeisternden Demotermine 2.10. und 3.10. 2004 nun am 5.9.2004 mit einem gemeinsamen KO-Treffen von Leipzig, Berlin, Magdeburg u.a. ein konstruktives Ende bereitet und eine gemeinsame Demo vorbereitet werden.

Zwar trafen sich am 5.9.2004 22 Leute aus Leipzig, Berlin, Magdeburg, Hamburg, Dresden, Torgau, Braunschweig, Saarbrücken u.a. Ich habe dort als Mitarbeitende am Runden Tisch ESO und der Berliner Kampagne gegen Hartz IV teilgenommen. Auch Matthias Dittmann war da. Allerdings stellte sich heraus, dass Dieter Ilius zu einem Paralleltreffen mit abgewählten Mitgliedern des Leipziger Sozialforum eingeladen hatte und zusammengetroffen war. Diese wollten uns 17.00 Uhr treffen.

Wir haben uns nunmehr entschieden, am 2.10.2004 die Demo in Berlin zu machen und dafür zu mobilisieren. Am 11.9.2004 in Leipzig soll dieser Termin von möglichst vielen Städtemontagsbündnissen legitimiert werden. Auf dem Paralleltreffen waren 13 Personen, nach 2 Stunden nur noch 7 Personen. Vier Abgesandte: Dieter I. und 2 mir nicht bekannte Mitstreiter und eine Mitstreiterin. Über das Gesprächsergebnis ist mir momentan noch nichts bekannt. Sobald ich etwas weiss, schicke ich es Euch zu Eurer Info zu.

Mit freundlichen Grüßen Anne vom Runden Tisch der Erwerbslosen- und Sozialhilfeorganisationen

PS: Am 11.9.2004 gibt es großes Städtebündnistreffen in Leipzig. Es wäre schön, wenn ihr darauf etliche orientieren könntet.



Persönliche Stellungnahme von Monika Gärtner-Engel (Gelsenkirchen/MLPD) zur Pressemitteilung "Bundesweites Treffen" von Isa Kreft und Winfried Helbig (siehe unten)

Gelsenkirchen, den 3. September 2004

Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren!

Die Pressemitteilung von Isa Kreft und Winfried Helbig treibt deren Selbstherrlichkeit und Anmaßung gegenüber der Leipziger Konferenz auf die Spitze. Es wird glatt behauptet, die Beschlüsse der Konferenz vom 28.08.04 in Leipzig seien nichtig, die demokratisch gewählte Koordinierungsgruppe nicht autorisiert, im Namen der Konferenz zu sprechen, das Mikrofon zur Durchführung der Abstimmungen sei "mit Körpereinsatz" usurpiert und überhaupt sei die ganze Konferenz von der MLPD manipuliert worden. Da ich selbst diejenige bin, die die Schlussdiskussion leitete, widerspreche ich diesen Lügen und Verleumdungen entschieden. Ich fordere Isa Kreft und Winfried Helbig auf, ihre Behauptungen - zum Beispiel es sei einer Eroberung des Mikrofons mit Körpereinsatz erfolgt und Abstimmungen seien inszeniert gewesen - zurückzunehmen und sich bei mir zu entschuldigen. Sollten sie das bis 08.09.04 nicht tun, werde ich sie wegen Verleumdung anzeigen.

Im Folgenden möchte ich den Sachverhalt in der Schlussphase der Konferenz genau darlegen sowie auf einige Argumente in der derzeit entbrannten Diskussion eingehen. Ich möchte von vorneherein darauf hinweisen, dass gerade diese Schlussphase von mehreren Fernsehkameras verfolgt und auch von verschiedenen Sendern gesendet wurde. Außerdem wurde der ganze Vorgang von verschiedenen Fotografen festgehalten. Ich empfehle unter anderem die Ansicht des Bildreports der Leipziger Konferenz bei www.rf-news.de sowie die Dokumentation der Tagesschau am 28.8.04 um 20 Uhr, dokumentiert unter www.tagesschau.de.

Fakt ist, dass diese Konferenz nicht nur eine lebhafte politische Diskussion und Erfahrungsaustausch über die Montagsdemonstrationen verwirklichte und zu konkreten Beschlüssen für einen Sternmarsch nach Berlin kam, sondern - auch wenn dies von den "Gastgebern" anders geplant war - ein Maximum an demokratischen Strukturen und Entscheidungsprozessen praktizierte. Hier fand erstmals eine bundesweite Konferenz statt, deren Teilnehmer in der Mehrzahl ausdrücklich von Montagsdemonstrationen vor Ort delegiert wurden. Ein kleinerer Teil waren Beobachter aus Bündnissen für Montagsdemonstrationen. Einzelne waren nicht von der Basis legitimierte Organisationsvertreter (meist unter dem Firmenschild von ATTAC), deren Hauptziel war, jegliche Ergebnisse und Beschlüsse der Konferenz zu verhindern.

Die organisierten demokratischen Strukturen sind eines der wichtigsten Produkte der neuen Bewegung der Montagsdemonstrationen und Garanten dafür, dass ihre Selbständigkeit und unabhängige Willensbildung gewahrt bleibt. Gegen diese demokratischen Strukturen richtete sich von vorneherein das Vorgehen der "Gastgeber", die der Konferenz jede eigenständige Meinungsäußerung jenseits unverbindlicher Diskussionen untersagen wollte. Nachdem im Verlauf der spannenden, kontroversen und ergebnisreichen politischen Diskussion immer mehr Redner auf Entscheidungen drängten, verweigerten die "Gastgeber" jegliche Abstimmung, ja sogar jeden Vorschlag, über das Verfahren zu diskutieren. Isa Kreft und Winfried Helbig versuchten rigoros, der Konferenz zu verbieten, Beschlüsse zu fassen. Es wurde von ihnen trotz des vielfach geäußerten Wunsches in der Diskussion schlicht und einfach abgelehnt, dass aus dem Kreis der Teilnehmer Anträge gestellt und zur Abstimmung gebracht werden. Sie missbrauchten damit grob ihre Rolle als Gastgeber und die "Macht" über das Mikrofon. Doch dafür waren die 186 in die Liste eingetragenen Teilnehmer aus 66 Städten nicht Hunderte von Kilometern nach Leipzig gefahren. Sie hatten ein klares Mandat aus ihren Orten, einen eigenen Kopf und klare Vorstellungen erarbeitet.

So entstand eine immer stärkere Forderung nach Abstimmung. Isa Kreft - von ihren beiden männlichen Mitstreitern Winfried Helbig und Frank Kimmerle zeitweise durch Abwesenheit böse im Stich gelassen - wiederholte nur noch stereotyp, dass es keine Abstimmung gebe. Ich meldete mich mit einem Geschäftsordnungsantrag, um einen Vorschlag zum Verfahren zu machen. Isa Kreft: "Es gibt hier keine Geschäftsordnung, und deshalb auch keinen Geschäftsordnungsantrag". Ich durfte - ebenso wie zahlreiche andere, die sich meldeten - nicht einmal darlegen, geschweige denn begründen, was mein Vorschlag war.

Daraufhin steigerte sich die Empörung im Saal immer weiter, die Forderung nach Abgabe des Mikrofons wurde immer lauter. Rechts und links der Bühne hatten sich - wie zuvor auch - wieder lange Schlangen von Personen gebildet, die sprechen wollten. Nach einigen weiteren Rednern, die Abstimmung forderten, wurde keiner mehr drangenommen. Isa Kreft: "Hier wird nicht abgestimmt!" Daraufhin bildete sich rund um Isa Kreft eine über das weitere Vorgehen intensiv diskutierende Gruppe. Ein Kollege aus Berlin rief: "Dann lasst uns eben rausgehen und draußen abstimmen!" Daraufhin standen 30 bis 50 Leute auf und verließen den Saal. Schließlich sagte Isa Kreft: "Ich werde keine Abstimmung durchführen, dann muss das jemand anderes fortsetzen."

Sie gab daraufhin von sich aus das Mikrofon ab, ohne dass sie dazu in irgendeiner Form genötigt wurde. Es kam dabei zu keinerlei Gerangel oder gar "Körpereinsatz", geschweige denn, dass ihr das Mikrofon abgenommen wurde. Jede andere Behauptung ist eine glatte Lüge.

Das Mikrofon hatte dann Frau Gudrun Kimmerle vom Sozialforum Leipzig. Sie wollte zunächst die Diskussion weiterführen, wurde aber von Frank Kimmerle vom Sozialforum Leipzig inständig gebeten, dies nicht zu tun. Ich fragte beide ganz ruhig, ob ich die Diskussion übernehmen soll. Nach einer kurzen Beratung zwischen beiden und Umstehenden gab man mir das Mikrofon. Übrigens ging das Ganze vor laufenden Fernsehkameras vonstatten!

Ich sagte dann durch das Mikrofon: "Liebe Leute, das Dümmste, was wir jetzt machen könnten wäre, das Ganze hier im Chaos enden zu lassen. Holt doch bitte die anderen wieder rein, damit wir die Veranstaltung in Ruhe zu Ende bringen. Bitte beruhigt euch doch, damit wir zu einem guten Ende hier kommen." Innerhalb kurzer Zeit wurde es tatsächlich ruhig.

Inzwischen wurde von Karl-Heinz Strohmaier aus Gelsenkirchen und Ralf Stahlberg aus Torgau geklärt, dass der Raum uns - entgegen der vorherigen Aussage von Isa Kreft - noch mindestens 15 Minuten zur Verfügung stehen würde.

Ein Großteil der Menschen, die vorher den Saal verlassen hatte, kehrte zurück. Der Saal war nicht ganz, aber fast so voll wie zuvor. Mit wenigen Ausnahmen kehrte nun auch Ruhe ein. Die Ausnahmen bestanden darin, dass vor allem Richard Schmid aus Könnern vom ATTAC-Rat hinter mir ein furchtbares Geschrei anfing - zunächst, dass ein "Putsch der MLPD" stattgefunden hätte. Er schrie und kreischte geradezu hysterisch in die auf ihn gerichteten Kameras. Um mir den Rücken frei zu halten, stellten sich mehrere Mitglieder der Gelsenkirchener Delegation (Zusammensetzung s.u.) ebenso wie nach und nach zirka zehn weitere Teilnehmer der Konferenz aus verschiedenen Orten hinter und neben mich. Daraufhin schrie Richard Schmid hysterisch: "Nicht schlagen! Keine Gewalt!" Das war eine Inszenierung vor laufenden Kameras und entbehrte jeglicher Grundlage. Sobald die Kameras sich abwandten, verstummte er schlagartig, ordnete seine Haare und ging völlig ruhig aus dem Raum, um dann draußen seelenruhig weitere Interviews zu geben.

Auch in der Nähe des Eingangs standen einige, die ständig dazwischen schrieen. Zum Beispiel riefen sie im Sprechchor "Parteitag, Parteitag!" Hiermit sollte der Eindruck erweckt werden, dass nun eine Parteiveranstaltung der MLPD losgehe.

Ich bat alle Anwesenden, die jetzt folgende Auseinandersetzung möglichst ruhig und zielstrebig durchzuführen. Das wurde auch sehr gut aufgegriffen und es kehrte weitgehend Ruhe und eine konzentrierte Atmosphäre ein. Da die Zeit knapp war, fragte ich die Anwesenden zunächst, ob ich ihr Anliegen richtig verstanden habe, dass jetzt Entscheidungen über zuvor erarbeitete Diskussionsergebnisse sowie geäußerte Anträge gefasst werden sollen. Darüber stimmten wir ab - die Abstimmung verlief wie sämtliche darauf folgenden etwa mit einem Verhältnis von 140 bis 160 Ja-Stimmen zu 13, teilweise 7 Nein-Stimmen. Die Enthaltungen lagen jeweils zwischen 0 und 4. Zu den Zahlen muss man wissen, dass sich in die Anwesenheitsliste 186 Personen eingetragen haben. Die später hinzukommenden Mitglieder des Leipziger Sozialforums und andere einzelne Gäste, die kein Mandat hatten (Organisationsvertreter siehe oben) haben sich großteils in die Teilnehmerliste nicht eingetragen. Insgesamt waren also etwas über 200 Personen bei der Konferenz. Inzwischen wird behauptet, die Abstimmungen hätten im fast leeren Saal stattgefunden. Zur Überprüfung dieser völlig unsinnigen Behauptung empfehle ich nochmal außer dem o.g. Bildreport bei www.rf-news.de die Dokumentation der Tagesschau am 28.8.04 um 20 Uhr, dokumentiert unter www.tagesschau.de

Die Konferenz betonte, dass sie keinen allgemeinen Vertretungsanspruch für die Montagsdemonstrationen erhebt, sondern für sich selbst spricht und weiterhin intensiv die Einheit und Gemeinsamkeit der ganzen Bewegung sucht - auf der Grundlage von "Weg mit Hartz IV!" und demokratischer Strukturen.

Nacheinander wurden dann folgende Beschlüsse gefasst: 1. eine kurze Resolution, die ich in der Mittags- und Kaffeepause aus der Diskussion heraus formuliert hatte. Ich hatte sie bereits in der Diskussion vorgestellt und dafür sehr viel Beifall erhalten - in Kritik an den verwaschenen Allgemeinplätzen, die Winfried Helbig als Resultat der Konferenz vorgeschlagen hatte, aber nicht abstimmen wollte. Ich verlas vor der Diskussion und Abstimmung langsam noch einmal den Vorschlag für die Resolution, das Mikrofon hielt mir dabei Ralf Stahlberg aus Torgau. Zu diesem Resolutionsentwurf kamen noch kleinere Änderungsanträge, die aufgenommen wurden. 2. Es wurde eine Koordinierungsgruppe mit einem präzise formulierten Auftrag gewählt: Sie bezieht sich auf die Vorbereitung einer bundesweiten Demonstration (Sternmarsch) am 3. Oktober nach Berlin und die Vorbereitung einer zweiten, bundesweiten und demokratischen Konferenz zum weiteren Meinungs- und Erfahrungsaustausch zwischen den Montagsdemonstrationen. Ich fragte, wer an dieser Koordinierungsgruppe teilnehmen möchte, woraufhin sich eine ganze Reihe Personen meldeten, die sich kurz vorstellten. Dieser Gruppe wurde dann ausnahmslos und gemeinsam in der Abstimmung das Vertrauen ausgesprochen. 3. Es wurde die Einrichtung einer Homepage beschlossen.

Bei jeder Abstimmung wurden die Gegenstimmen und ab der zweiten Abstimmung die Enthaltungen exakt ausgezählt. Ein junger Mann schlug vor nachzufragen, wer von den Abstimmenden Delegierter einer Montagsdemonstration sei. Auch das wurden ermittelt und gemeinsam festgestellt, dass es sich dabei um die deutliche Mehrheit der Abstimmenden handelte.

Ich fragte, ob noch weitere Anträge bestehen. Dies war nicht der Fall. Lutz Metzger aus Leipzig ergriff abschließend das Wort und lud alle zu der genannten zweiten bundesweiten Konferenz wieder nach Leipzig ein.

Danach bedankte ich mich bei allen für die disziplinierte und insgesamt solidarische Abschlussrunde und schloss die Versammlung, da die uns gewährte zusätzliche Zeit inzwischen beendet war.

Direkt im Anschluss kam eine ganze Reihe von Teilnehmern, die ich großteils nicht kannte und bedankte sich bzw. erklärte sich äußerst erleichtert und froh darüber, dass die ganze Versammlung noch so produktiv beendet wurde.

Da ich die Resolution entsprechend ihrem Entstehen nur handschriftlich und mit vielen Verbesserungen und Korrekturen aus der Diskussion in meinem Heft stehen hatte, tippte ich sie noch ab. Ich führte noch zwei Gespräche mit Journalisten bzw. Fernsehteams - zum Beispiel mit dem MDR, der mich fragte, ob ich "die neue Leitfigur der Montagsdemonstrationen" sei. Ich antwortete, dass die Montagsdemonstrationen keine Leitfigur brauchen, sondern den Ausbau ihrer Selbständigkeit und demokratischer Strukturen - und dass ich im Dienste dieser Selbständigkeit den Entscheidungsprozeß moderiert hätte.

Anschließend fuhr ich mit meiner Delegation nach Hause. Wir waren alle sehr erschöpft, aber auch erfüllt von der Diskussion und glücklich über das produktive Ende des Tages.

Nun zu verschiedenen Fragen und Argumenten, die in der Diskussion seitdem aufgekommen ist.

  1. Haben die Gastgeber nicht das Recht, darüber zu entscheiden, ob Abstimmungen durchgeführt werden oder nicht? Ich meine: nein! Die Konferenz bedankte sich beim Sozialforum Leipzig und den drei Einladern Isa Kreft, Winfried Helbig und Frank Kimmerle ausdrücklich, dass sie die Initiative für diese Konferenz ergriffen haben. Die Konferenz betonte jedoch auch, dass die "Gastgeber" daraus nicht das Recht ableiten können, der Konferenz ihre Willensbildung zu diktieren. Die einzige demokratische Möglichkeit in einer solchen Situation ist, die Versammlung zu befragen und abstimmen zu lassen über die Vorgehensweise. Genau das habe ich gemacht.
  2. Warum hast du dich nicht als Mitglied der MLPD vorgestellt? Es gab für mich keinerlei Anlass, mich als MLPD-Mitglied vorzustellen. Ich war als Mitglied der Delegation aus Gelsenkirchen nach Leipzig geschickt worden. Zu dieser Delegation gehören Mitglieder von AUF Gelsenkirchen, MLPD, Wahlalternative, ein ehemaliges langjähriges SPDMitglied, ein Mitglied der parteilosen Wählergruppe Gelsenkirchen und ein parteiloser Arbeitsloser. Unser einziges Mandat war, die Gelsenkirchener Montagsdemonstration hier zu vertreten und für eine bundesweite Demonstration am 3. Oktober in Berlin zu sprechen. Dies war von 1200 Menschen am 23. August so beschlossen worden. Ich hatte keinerlei Auftrag und auch nicht das Recht, hier mit meinem Auftreten Werbung für die MLPD zu machen. Dass ich keinerlei Probleme habe, zu meiner Parteimitgliedschaft zu stehen, weiß jeder, der mich kennt, der ins Internet schaut oder sich intensiver mit mir in Leipzig unterhalten hat. Vom Verdi-Vorsitzenden Bsirske verlangt ja auch niemand, dass er immer betont, dass er Mitglied bei "Bündnis 90/Die Grünen" ist, wenn er als Gewerkschaftsvertreter auftritt; gleiches gilt für das SPD-Mitglied Peters als Vorsitzender der IG Metall usw. Warum wird hier ständig, penetrant und mit durchsichtigen Motiven mit zweierlei Maß gemessen?
  3. Wurden auf der Leipziger Konferenz Parteiunabhängige von der MLPD unterdrückt? Das ist kompletter Quatsch. Diejenigen, die lautstark als angebliche Bewahrer demokratischer Verhältnisse aktiv wurden, hatten sich zuvor meist als ATTAC-Mitglieder vorgestellt - keiner stellte sich als Delegierter einer Montagsdemonstration oder als Parteimitglied vor. Sie erweckten den Eindruck, als Unabhängige gegen eine angebliche Parteidominanz aufzutreten. Inzwischen weiß ich, dass zum Beispiel eine dieser "unabhängigen" ATTAC - Mitglieder Lena Bröckl ist, eine Funktionärin der SPD Berlin. Sie ist stellvertretende Vorsitzende des "Fachausschuss 1 - internationale Politik". Isa Kreft und Wilfried Helbig selbst werden im Internet in mehreren Dokumenten der PDS Leipzig unter der Rubrik "PDS Mitglieder und Sympathisanten" geführt und als Mitglieder der Grundsatzkommission der PDS Sachsen vorgestellt. (www.pds-leipzig.de) Diejenigen, die jetzt am lautesten über eine angebliche Parteidominanz der MLPD zetern, sind also diejenigen, die selbst als ATTAC auftraten, aber zugleich (zum Teil führend) in Parteien wie PDS oder gar SPD sind! Es sind diejenigen, die wie Winfried Helbig Regierungsmitglieder und führende Repräsentanten von Hartz IV auf der Montagsdemonstration sprechen lassen wollen und für die "ein gemeinsamer Auftritt von A. Merkel, W. Clement, R. Bütikofer und G. Westerwelle denkbar" wäre (Pressemitteilung Winfried Helbig vom 22.8.2004) Es sind diejenigen, die vor Ort - wie in Herne - Spalterdemonstrationen inszenieren, deren Motto nicht mehr "Weg mit Hartz IV!", sondern "Sozialstaat retten!" ist und in deren Trägerkreis die SPD mitarbeitet! Es sind diejenigen, die mit glatten Lügen, übelster Verleumdung und dumpfem Antikommunismus gegen die MLPD sogar noch den Verfassungsschutz überbieten! Es sind diejenigen, die jeden, der sich ihrer Auffassung widersetzt, als MLPD denunzieren und mundtot machen wollen!
  4. War die Versammlung "MLPD-dominiert" und undemokratisch? Das Besondere an der Konferenz war das Selbstverständnis, dass sich Delegierte von Montagsdemonstrationen treffen. Die MLPD war auf der Versammlung überhaupt nicht mit einem Parteivertreter anwesend. Zweifellos waren in diesen Delegationen ebenso Parteilose wie Mitglieder verschiedener Parteien, auch der MLPD. Wenn verschiedentlich MLPD-Mitglieder in diesen Delegationen gewählt wurden, dann spricht das für das Vertrauen in diese Vertreter der Montagsdemos, nicht gegen sie. Perspektivisch halte ich den Aufbau eines solchen demokratischen Delegiertensystems aus den Basisbewegungen für eine äußerst wichtige und zukunftsträchtige Methode. Diejenigen, die jetzt am lautesten wegen angeblich undemokratischen Vorgehens von mir zetern, sind diejenigen, die in Leipzig nicht von Montagsdemonstrationen legitimiert waren! Es sind diejenigen, die jede Abstimmung der Versammlung mit allen Mitteln verhindern wollten! Es sind diejenigen, die zunächst mit Sprechchören und inszeniertem Geschrei Diskussion und Abstimmungen unmöglich machen wollten! Es sind diejenigen, die häufig ein offenes Mikrofon und erst recht Abstimmungen bei Montagsdemonstrationen kategorisch ablehnen!
  5. Warum wollten die "Gastgeber" keine Abstimmung? Die verschiedenen Verhaltensweisen ergeben nur folgendermaßen einen Sinn: Die Versammlungsleitung durch Winfried Helbig und Isa Kreft zielte darauf ab, die Versammlung unverbindlich diskutieren zu lassen, ein allgemeines Votum abzugeben (Winfried Helbig fasste z.B. zusammen: "Die Montagsdemonstration müssen noch stärker werden und im Verlauf des Herbstes soll eine große Demonstration stattfinden."). Bei der gleichzeitig in Berlin stattfindenden, von keiner Montagsdemonstration legitimierten Konferenz war beabsichtigt, konkrete Beschlüsse zu fassen, denen sich dann die Teilnehmer der Leipziger Konferenz wohl im Nachhinein notgedrungen anschließen sollten. Obwohl solche Beschlüsse dann letztendlich in Berlin gar nicht gefasst wurden, verbreitete Sascha Kimpel aus Berlin über seine "Connections" und Pressemitteilungen unverzüglich, dass am 2. Oktober in Berlin eine bundesweite Demonstration stattfinde. All das wurde innerhalb weniger Stunden über die Medien bundesweit lanciert und unverzüglich die Hetze gegen die Leipziger Konferenz organisiert. Glücklicherweise waren jedoch auch verschiedene Fernsehsender in Leipzig und transportierten authentische Bilder, zum Beispiel vom rappelvollen Saal in Leipzig, meinem Auftreten usw. Ich unbedingt für die Einheit in der Bewegung gegen Hartz IV! Ich plädiere für eine gemeinsame gleichberechtigte Großdemonstration! Wir werden alles dafür tun, dass diese zu Stande kommt - vor Ort und in Berlin! Ich freue mich sehr, dass am 6.9. die Berliner Montagsdemonstration wieder gemeinsam stattfinden wird! Wer jetzt am lautesten zetert, die Leipziger Konferenz und insbesondere die MLPD stelle sich gegen die Einheit der Bewegung - das sind diejenigen, die am Montag, dem 30. August mit Hilfe der Polizeiverhinderten, dass eine gemeinsame Demonstration in Berlin stattfand! (www.montags-gegen-2010.de)
  6. War es nicht undemokratisch, alle Anwesenden gleichermaßen abstimmen zu lassen? Auch ich hätte ein anderes Abstimmungsverfahren besser gefunden. Aber es durfte gar nicht vorgeschlagen werden! Wir hatten in unserer Delegation vorher überlegt, dass * sowohl zwischen gewählten Delegierten von Montagsdemonstration und Beobachtern unterschieden werden muss, ebenso wie * zwischen kleineren und größeren Montagsdemonstrationen. So hatten wir zum Beispiel die Überlegung, dass Abstimmungen nach einem bestimmten Schlüssel organisiert werden: etwa Delegationen aus Montagsdemonstrationen bis zu 1000 Teilnehmern mit einer Stimme und ab da pro 5000 Teilnehmer bei der jüngsten Demonstration jeweils eine zusätzliche Stimme. Wir wollten auch vorschlagen, dass immer ein Meinungsbild unter allen Teilnehmern hergestellt wird, aber Entscheidungen über zukünftige Aktivitäten nach dem obengenannten Schlüssel nur von gewählten Delegierten getroffen werden. Diese Vorschläge konnten jedoch überhaupt nicht vorgebracht werden, weil jede Diskussion zum Verfahren und zu den Abstimmungen generell von Isa Kreft und Winfried Helbig abgelehnt wurden. In der am Schluss verbleibenden kurzen Zeit war es unmöglich, diesen Abstimmungsmodus noch zu diskutieren und zu praktizieren. Bei künftigen Konferenzen sollte dies diskutiert werden.
  7. Hat die Leipziger Konferenz und die Koordinierungsgruppe nach dem ganzen Durcheinander und der ganzen Hetze überhaupt noch eine Chance? Natürlich! Die Leipziger Konferenz war etwas Neues - so etwas muss sich immer in heftigen Geburtswehen gegen die alten eingefahrenen Gleise selbst ernannter Sprecher, Führer und Hickhack-Konferenzen durchsetzen. Und das wird es auch tun! Die Koordinierungsgruppe hat ein klares Mandat bekommen, kann sich auf dieser Grundlage konstituieren und entsprechend arbeiten. Wer sich diesem Mandat nicht mehr anschließen möchte, hat natürlich auch jederzeit das Recht, aus der Koordinierungsgruppe auszusteigen - nicht aber das Recht, das Mandat zu verändern. Der Druck auf die Selbständigkeit der Montagsdemonstrationen von Seiten der Bundesregierung, des Geheimdienstes ("Verfassungsschutz"), der DGB-Spitze, von Menschen mit einem unersättlichen bürgerlichen Ehrgeiz und mit zwanghaften Profilneurosen ist natürlich enorm. Es wird sich zeigen, ob die Bewegung dem bereits gewachsen ist oder sich dem Druck beugt bzw. (zeitweise) daran zerbricht. Danach sieht es gegenwärtig aber trotz oder gerade wegen heftigster Auseinandersetzungen nicht aus!

Früher oder später ist die neue selbständige Massenbewegung in Deutschland, die Herausbildung neuer Formen organisierter Demokratie nicht mehr aufzuhalten. Dessen bin ich mir völlig sicher.

Monika Gärtner-Engel



Pressemitteilung vom 30.08.04 zum Verlauf des bundesweiten Koordinationstreffens der Montagsdemos in Leipzig am 28.08.04

von Winfried Helbig und Isa Kreft (Sozialforum Leipzig / offizielle Veranstalter des Koordinierungstreffens in Leipzig)

PRESSEMITTEILUNG

  • BUNDESWEITES TREFFEN -

WEG MIT HARTZ IV UND AGENDA 2010 – FÜR ARBEIT, GERECHTIGKEIT UND SOLIDARITÄT.

Angehörige des Sozialforums Leipzig hatten am 28. August 2004 zu einem bundesweiten Treffen von Initiatoren, Veranstaltern und Unterstützern der verschiedensten Protestformen gegen Hartz IV und Agenda 2010 nach Leipzig eingeladen. Die Intention bestand ausschließlich darin, eine offene Plattform zur Zusammenarbeit und Abstimmung zu bilden; gleichzeitig alles zu unternehmen, Instrumentalisierungs- und „feindliche Übernahmeversuche“ weiterhin zurückzuweisen, bzw. auch in Zukunft zu verhindern, Selbstbestimmtheit und Autonomie der einzelnen Initiativen in keiner Weise einzuschränken oder zu behindern.

Es wurde Konsens darüber erzielt, die Vielfalt, Breite und Eigenständigkeit der Protestformen nicht zu gefährden, sondern zu erhalten und auszubauen. Eine weiterer Austausch und Kontakt untereinander wurde als notwendig erachtet. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sprachen sich auch dafür aus, eine zentrale Protestveranstaltung gegen Hartz IV und Agenda 2010 zu unterstützen. Die Festlegung auf konkreten Ort und Termin ist aber - wie bisher üblich - gebunden an die Kenntnis über Veranstalter und Organisatoren und den Inhalt eines Aufrufes. Die Entscheidung muss ohnehin jede einzelne Initiative selbst treffen.

Den Versuch einer Partei (MLPD), durch die – auch mit Körpereinsatz erfolgte - Eroberung des Mikrofons und inszenierte Abstimmungen, die Veranstaltung quasi als Sonderparteitag zu beenden, betrachten wir als gescheitert. Die Leipziger Gastgeber und eine große Zahl von Teilnehmerinnen und Teilnehmern distanzieren sich von diesen Vorgängen und fühlen sich daher auch durch sog. „Beschlüsse“ in keiner Weise gebunden bzw. festgelegt. Genauso wenig ist die selbst ernannte „Koordinierungsgruppe“ nicht autorisiert, im Namen von 186 Teilnehmern aus 66 Städten zu sprechen, oder für diese Beschlüsse zu fassen.

im A.: Isa Kreft
Winfried Helbig (0175-1139255)



Gleich zwei bundesweite Treffen zu den Montagsdemos

Internet Statement 2004-48 der Gruppe Neue Einheit vom 27.08.04

Am morgigen Samstag, 28.August, finden gleich zwei bundesweite Treffen statt, die beide beanspruchen, im Zeichen der Montagsdemonstrationen der Bewegung gegen die soziale Entrechtung eine bundesweite Vernetzung oder Zentralisierung zu geben. Eines in Leipzig, eines in Berlin. Zu dem Treffen in Leipzig mobilisiert vor allem die MLPD, während sich zur Einladung nach Berlin eine gemischte Koalition aus Vertretern anderer Parteien und sozialer Organisationen gefunden hat.

In der zurückliegenden Woche hat sich eine heftige öffentliche Debatte um bestimmte Vorgehensweisen der MLPD und deren Erwiderungen entwickelt. Vor allem aus führenden Attac-Kreisen wurde dies angeheizt.

Eine andere und viel wichtigere Debatte, nämlich um die politischen Perspektiven des Kampfes gegen die Angriffe des Kapitals kommt dabei zu kurz, sie ist in den öffentlichen Diskussionen nach wie vor so gut wie nicht vorhanden, obwohl ihre Notwendigkeit sich aus der ganzen Lage und den bisherigen Erfahrungen aufdrängt.

Die Vorwürfe gegen die MLPD, an ihrem Verhalten und Vorgehen für das Treffen in Leipzig sind allerdings wohl nicht aus der Luft gegriffen. Auch wir kennen das. Wir kennen auch die Anmaßung, kritisches Gespräch und Einheit zu verweigern, wo diese Organisation meint, dominieren zu können. Trotzdem dürfen die genannten Methoden nicht in dieser Form nach vorne gezogen werden. Man darf nicht vergessen, mit welchen Methoden gerade bspw. Attac arbeitet. Die Attac-Führung hat keinerlei Skrupel vor Versuchen, wenn es darauf ankommt, die gesamte Bewegung in ihrem Sinne zu erdrücken, und versucht schon immer, sie unter offizielle Kräfte, letztlich unter die Kontrolle des Kapitals zu pressen. Es bedeutet daher überhaupt keinen Gewinn, wenn in dieser Auseinandersetzung jetzt bspw. ausschließlich die MLPD an den Pranger kommt und Kräfte wie Attac und damit zusammenhängende Kräfte sich als die legitimen Organisatoren der Montagsdemonstrationen darstellen.

Die Attacke, die von Attac gegenüber der MLPD geritten wird, trägt Züge einer allgemeinen antikommunistischen Stimmungsmache, die auch unabhängig von bestimmten sektiererischen Verhaltensweisen dieser Organisation in Wirklichkeit gegen politische Organisationen marxistisch-leninistischer Kräfte und ähnliche Bestrebungen gerichtet ist. Das hängt mit dem Grundcharakter von attac zusammen, jeder grundsätzlichen Kampfansage an den Kapitalismus entgegenzuwirken und sie durch zuweilen radikal erscheinende Auseinandersetzungen mit bestimmten einzelnen Phänomenen des Systems zu verdrängen. Die soziale Entrechtung kommt aber aus den inneren Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus überhaupt, daher wird jeglicher Widerstand ohne die Bereitschaft, sich mit diesem auseinanderzusetzen, bald den Lebensnerv verlieren, und die Gefahr eines Drifts nach rechts ist gegeben. (siehe unseren Artikel "Was waren und was sind Montagsdemonstrationen?") Wir bemühen uns gegenüber den marxistisch-leninistischen Kräften um gemeinsame Aufarbeitung aller positiven wie negativen Erfahrungen.

Wenn jetzt die Spaltung "Berlin-Leipzig" zum Anlaß weiterer fruchtloser oberflächlicher Polemiken dient, wenn die politische Diskussion weiter kleingehalten wird, in welchem System wir eigentlich leben, wie wir in die derzeitige Lage gekommen sind und aus der relativen Wehrlosigkeit herauskommen, kann man noch viele derartige Versuche unternehmen, die morgen vergessen sein werden.

Wir halten es für notwendig und unumgänglich, daß die Auseinandersetzung mit den fundamentalen gesellschaftlichen Gegensätzen aufgenommen wird und man von daher die Strategie zu entwickeln beginnt. Daß die jeweils notwendige Kritik geübt wird und von daher nach Möglichkeit eine Einheit im Vorgehen angestrebt wird.

  1. Gr., 27.8.04



Stellungnahme von Edith Bartelmus-Scholich am 26.8.04 zur Antwort von Gerd Pfisterer auf die Kritik des Ko-Kreises "NRW Netzwerk gegen Sozialkahlschlag" an der Leipziger Koordinierungskonferenz (siehe unten)

Lieber Gerd,

danke für Deine rasche Antwort. Ich antworte Dir jetzt nicht im Namen des Ko-Kreises des NRW-Netzwerks gegen Sozialkahlschlag, sondern bringe meine ganz private Meinung und Wahrnehmung zum Ausdruck. Dabei stehe ich natürlich auf der Grundlage, der in dem Schreiben des Ko-Kreises vertretenen Auffassungen über den derzeitigen Stand und die Entwicklungsmöglichkeiten der Bewegung.

Zuerst möchte ich Dich etwas fragen, weil mir in Deinem Schreiben eine Herleitung dazu fehlt. Du schreibst, eine bundesweite Koordinierung sei geeignet jedem kleinbürgerlichen Führungsanspruch entgegen zu wirken und im weiteren machst Du geltend, dass die ausschließliche Anwesenheit von Basisvertretern von vorneherein einen Damm gegen jeglichen kleinbürgerlichen Führungsanspruch errichten würde. Bitte begründe mir diese Annahmen. Für meinen Geschmack stehen sie vollkommen unvermittelt in Deinem Schreiben und ich teile sie so nicht.

Du zeichnest ein sehr rosiges Bild von der aufkommenden Bewegung gegen Hartz IV und auch von den beginnenden Bemühungen, diese Bewegung zu vernetzen. Deine Sicht der Dinge teile ich nicht ganz. Ich möchte Dich darauf aufmerksam machen, dass in den alten Ländern nur an ganz wenigen Orten die Protestbewegung schon so viel Zulauf hat, wie in Dortmund. In den allermeisten Orten hat noch gar nichts oder wenig stattgefunden. Auch in großen Städten liegen die TeilnehmerInnenzahlen der Montagsdemos meist bei einigen Hundert Menschen. Es ist zwar erkennbar, dass eine Massenbewegung gegen Hartz IV auch in den alten Ländern entstehen kann, aber sie ist noch ganz am Anfang und alle Anstrengungen sollten nun dahin gehen, die Massenbasis vor Ort herzustellen.

Auch von einem geregelten Meinungsbildungs- oder Delegiertenwahlprozess kann m.E. nur an den wenigsten Orten die Rede sein. Ich möchte Dir mal ein paar Eindrücke von mir dazu schildern:

In Krefeld hat die erste Montagsdemo am 23.8. stattgefunden. Es waren 300 Leute da (248.000 Einwohner). Der Beschluss darüber und die Anmeldung derselben wurde im Plenum des Bündnis Soziale Bewegung Krefeld eine Woche zuvor gefasst.

An dieser Plenumssitzung des Bündnisses nahmen 3 Mitglieder der MLPD teil, wovon einer nicht in Krefeld wohnt, sondern in Duisburg. Zuvor hatte sich die MLPD in Krefeld monatelang nicht am sozialen Widerstand beteiligt. Wenn etwas stattfand, war sie schlicht abwesend. Deswegen war es auch für mich befremdend, dass Eure Genossen bei ihrem ersten Engagement seit Monaten gleich ein fertiges Papier aus der Tasche zogen, welches sie zur Beschlussgrundlage machen wollten und darüber hinaus schon an diesem Tag, obwohl noch gar keine Montagsdemo stattgefunden hatte, uns bundesweit vernetzen wollten.

Im Bündnis Soziale Bewegung Krefeld besteht keine Offenheit gegenüber der MLPD, aber auf dieser Sitzung waren wir uns einig, dass auch die MLPD an der Montagsdemo mitwirken würde. Genja schlug im Namen der MLPD vor, dass auf der Kundgebung der Demo keiner aus der Parteien- oder Organisationsperspektive sprechen sollte, sondern jeder Redner nur zum Thema. Daran haben sich bei der Kundgebung alle gehalten, nur Genja nicht. Er brachte ausdrücklich einen Beitrag für die MLPD ein, und schlug vor eine Delegation nach Leipzig zu entsenden. Der Vorschlag fand unter den 300 Leuten keine Resonanz.

Umso größer war dann mein Erstaunen, als ich am nächsten Morgen auf rote fahne news lesen konnte, dass in Krefeld auf dem Nachbereitungstreffen eine Delegation für Leipzig bestimmt werden sollte. Da diese Falschmeldung geeignet war, die Menschen über den wirklichen Stand der Diskussion in Krefeld zu täuschen, habe ich die Redaktion von rote fahne news gebeten, sie zu korrigieren, was auch geschah.

Auch das Verhalten der MLPD Mitglieder auf der Demonstration hat nicht dazu beigetragen im Bündnis Soziale Bewegung Krefeld Sympathien zu schaffen. Die MLPD hatte als einzige Organisation, ohne vorher anzufragen, einen Infostand aufgebaut und betrieb Mitgliederwerbung. Besetzt wurde dieser Stand z. T. von Leuten, die in Duisburg wohnen, obwohl es auch in Duisburg eine Montagsdemo gibt. Hinzu kam, dass dabei ein Flugblatt verteilt wurde, in dem Bündnispartner des Krefelder Bündnisses (z.B. ATTAC) scharf angegriffen wurden.

Ein solches Vorgehen auf den Demonstrationen steht im krassen Widerspruch zu genau den Prinzipien der Zusammenarbeit in Bündnissen und Aktionseinheiten, die die MLPD seit Jahren überall vorschlägt. Was soll ich davon halten?

Ich würde das, mit Ausnahme der Inhalte des Flugblattes, für einen Mangel in der Umsetzung bei der Beteiligung an den Demonstrationen halten, wenn ich nicht, durch meine gute Vernetzung, aus mehreren Orten in NRW ähnliche Berichte gehört hätte. Meine Schwester, die in Leverkusen das Bündnis LAUF unterstützt, erzählte mir, dass den ca. 60 Teilnehmern der 2. Leverkusener Montagsdemonstration der Gedanke einer Reise nach Leipzig mehr als nachdrücklich vermittelt werden sollte, obwohl vor Ort die Meinung vorherrschte, dass es in Leverkusen erst einmal darauf ankomme, die Bewegung wachsen zu lassen.

Ein solches Verhalten schafft kein Vertrauen bei den Bündnispartnern im Kampf gegen Hartz IV, sondern liefert neue Argumente gegen die MLPD und vertieft die bestehenden Gräben.

Ich vermag, um zu Deinem Schreiben zurückzukommen, auch nicht zu erkennen, dass die Basis für Leipzig sehr gewachsen ist. Nach Stand der Veröffentlichung auf der roten fahne news von heute entsenden ca. 20 Städte eine Delegation. Gleichzeitig sind für den gleichen Tag zwei "Konkurrenzveranstaltungen" eingeladen, eine nach Berlin und eine nach Magdeburg.

Wenn alle diese Kreise auf ihrer Absicht beharren eine eigene Koordination zu wählen, kommen spannende Zeiten auf uns zu. Es ist klar, dass damit eine hoffnungsfrohe Bewegung gespalten wird, bevor sie sich überhaupt richtig entwickeln kann.

Ich kann nicht umhin, festzustellen, dass der Ansatz dazu von Seiten der MLPD zeitlich nachweislich der erste war, denn er wurde nach der Veröffentlichung eines Beschlusses des ZK der MLPD am 19.8. massiv von Euren Genossen überall in die Bewegung eingebracht. Das war genau 17 Tage nach der ersten Montagsdemo in Magdeburg und noch bevor in den alten Ländern überhaupt auch nur von Ansätzen einer Massenbewegung gesprochen werden konnte. Mit dieser massiven und überstürzten Einflussnahme habt ihr das Gerangel und die Machtspiele, die wir nun erleben, wesentlich befördert.

Da die Spaltung der jungen Bewegung nur schaden kann, sollte alles getan werden diese zu verhindern. Zwar bin ich der Meinung, dass es eine zentrale Koordination der Bewegung zu dem jetzigen Zeitpunkt verfrüht ist und die Bewegung die Zeit zur selbstständigen Entwicklung braucht, aber vor der Gefahr einer Spaltung stehend, bliebe noch zu überlegen, ob nicht die "Leipziger Delegationen" einfach nach Berlin fahren sollten, um sich mit den dort Tagenden zu vereinigen.

Mit solidarischen Grüßen

Edith Bartelmus-Scholich



Aus einer Pressemitteilung der Gruppe "Die MoDe Orga´s" (Gerd Pfisterer/Dortmund, Klaus Meier/Hamburg)

vom 26.08.04 15.45 Uhr

Sehr geehrte Presse, ... Nach dem letzten Montag haben wir durch unabhängige Beobachter die Teilnehmerzahl auf 206 000 Demonstranten festgelegt. Auffallend die Zunahme von Delegationen aus Betrieben.

Für Montag den 30.08.04 wird eine wesentlich höhere Zahl erwartet in noch viel mehr Städten.

Die unachgiebige Haltung der Regierung stärkt die Demonstranten. Sie haben es mit einer großen Koalition in Berlin zu tun. Damit ist klar: egal wer an der Regierung ist, wird es mit dem wachsenden Protest auf der Straße zu tun bekommen. Die Leute gehen auf die Straße, nicht weil sie schlecht informiert sind, sondern weil sie wissen, was mit Hartz IV auf alle zukommt. Die Bündnisse und Organisatoren der Montagsdemo sind sich im klaren darüber, dass es nur einen gemeinsamen Weg gegen Hartz die Agenda und die Regierung geben kann. Wie Sie vielleicht schon wissen, gibt es schon Solidaritäts Demonstrationen in Europa und im außereuropäischen Ausland.

Delegationen und Vertreter der Bündnisse und Initiativen der Montagsdemo Organisatoren treffen sich am Wochenende, 28.8. in Leipzig. Der Vorschlag ist, dort Erfahrungen auszutauschen, sich über die weitere bundesweite Koordinierung der Bewegung zu vereinheitlichen und über einen gemeinsamen Marsch nach Berlin Anfang Oktober zu beraten.

Zur gleichen Zeit laden Vertreter verschiedener Organsiationen zu einem Treffen nach Berlin ein. Hinter diesen Bestrebungen stecken folgende Auseinanersetzungen über den künftigen Weg der Montagsdemo:

? Wird and er Forderung „Weg mit Hartz IV“ festgehalten, oder geht es nur noch um Verbesserungen.  Nimmt man keine Rücksicht auf die Regierung, oder warnt man davor, dass die anderen alles noch schlimmer machen.  Arbeitet man gleichberechtigt auf überparteilicher Basis zusammen oder grenzt man bestimmte linke Kräfte wie die MLPD aus.

In Berlin treffen sich Vertreter verschiedener Organisationen. Das können sie. In Leipzig treffen sich Delegierte und Vertreter der örtlichen Bündnisse und Initiativen der Monatsgdemo. Das Teffen wird dazu beitragen, enger zusammen zu rücken, vor allem die politische Wirksamkeit und Selbständigkeit der Bewegung zu stärken.

Bis ein Pressesprecher gefunden worden ist, sind für Sie Herr Pfisterer gerdpfisterer@t-online.de und Herr Meier meier_klaus@imail.de ...



Stellungnahme des Koordinierungskreises NRW-Netzwerk gegen Sozialabbau zu Leipzig (25.08.04)

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter gegen den Sozialabbau,

für den 28.8.04 wird zu einem bundesweiten Treffen nach Leipzig eingeladen, um die Montagsdemonstrationen gegen Hartz IV zentral zu koordinieren. Das NRW-Netzwerk gegen Sozialkahlschlag hat sich mit dieser Einladung beschäftigt und übersendet Euch nachstehend eine Stellungnahme seines Koordinierungskreises dazu. Mehr Informationen zum NRW-Netzwerk gegen Sozialkahlschlag findet Ihr unter www.so-wollen-wir-arbeiten.de .

Mir freundlichen Grüßen

Koordinierungskreis NRW-Netzwerk gegen Sozialkahlschlag

  1. A. Edith Bartelmus-Scholich
    Dampfmühlenweg 37
    47799 Krefeld
    Tel./Fax: 02151/800854

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NRW-Netzwerk gegen Sozialkahlschlag
Koordinierungskreis

Stellungnahme zur Einladung zu einem bundesweiten Vernetzungstreffen der Montagsdemonstrationen gegen Hartz IV für den 28.8.04 durch Gerd Pfisterer aus Dortmund:

Seit dem 2. August gibt es als Protestform gegen die „Arbeitsmarktreform“ Hartz IV selbst organisierte Montagsdemonstrationen, die sich zum Ziel gesetzt haben, die Rücknahme des Gesetzes zur erreichen. Innerhalb weniger Wochen ist diese Protestbewegung stark angewachsen, zwischenzeitlich sind Demonstrationen in ca. 150 Städten in Deutschland angemeldet. In den neuen Bundesländern kann man bereits von einer Massenbewegung gegen Hartz IV sprechen, in den alten Bundesländern gibt es Ansätze dem Beispiel der Menschen im Osten zu folgen, aber hier demonstrierten an den einzelnen Orten zuletzt erst zwischen 20 und 2000 Personen.

Das NRW-Netzwerk gegen Sozialkahlschlag hat bereits auf seinen Treffen und in Rundschreiben, diese Bewegung gegen Hartz IV ausdrücklich begrüßt und ihre Bedeutung für den Kampf der Menschen gegen den Sozialabbau und für menschenwürdige Lebensbedingungen gewürdigt. Wir rufen mit zu den Montagsdemonstrationen gegen Hartz IV auf und unterstützen alle Anstrengungen die geeignet erscheinen, die Bewegung zu stärken und die ihr helfen können ihr Ziel zu erreichen.

Auch möchten wir deutlich machen, dass in dieser selbst organisierten Massenbewegung außer Faschisten alle Kräfte gegen den Sozialabbau gleichberechtigt und demokratisch zusammenarbeiten sollen. Ausgrenzungen und Aufbau von Feindbildern dienen nicht der gemeinsamen Sache, sondern schwächen die Bewegung. So wie im NRW-Netzwerk gegen Sozialkahlschlag Betroffene und Mitglieder praktisch aller Gruppen, die gegen Agenda 2010 und die Hartz-Gesetze stehen, gemeinsam kämpfen, sollte es auch bei den Montagsdemonstrationen sein.

Wir stimmen auch der grundsätzlichen Aussage zu, dass die Bewegung der Montagsdemonstrationen, eine neue Qualität gewinnen könnte, wenn diese sich bundesweit vernetzen würde. Allerdings setzen wir voraus, dass die Vernetzung von der jungen Bewegung selbst als Bedürfnis und politisches Erfordernis erkannt wird.

Keinesfalls ist es dazu ausreichend, wenn in anderem Arbeitszusammenhang bereits vernetzte und politisch erfahrene Personen, die in der Bewegung mitarbeiten, das Bedürfnis erkennen und dann versuchen dies der Bewegung zu vermitteln. Dies bedeutet, dass wir einen erkennbaren Diskussionsprozess in der Breite der Bewegung erwarten, bevor eine Einladung zu einem ersten Treffen ausgesprochen wird. Dieser Diskussionsprozess hat in der jungen Bewegung noch nicht stattgefunden; er kann auch kaum irgendwo begonnen haben, denn die Bewegung ist erst im Entstehen, fast mehr Menschen als bislang insgesamt demonstrierten, kommen jede Woche neu hinzu. Die Bewegung muss sich vor Ort erst formieren, die Beteiligten müssen sich kennen lernen und gemeinsam örtliche Aktionsformen und Formen der geregelten Zusammenarbeit entwickeln. Diesen für das Erstarken der Bewegung sehr wichtigen Prozess sehen wir noch ganz am Anfang. Von daher ist jeder Versuch, die Bewegung schon jetzt bundesweit zu vernetzen und zentral zu koordinieren verfrüht.

Ein verfrühter Versuch die Bewegung zu zentralisieren, bevor sie sich wirklich als gesellschaftlicher Akteur erkannt und aus sich selbst heraus organisiert hat, greift in die Dynamik des Aufbaus der Bewegung ein und schafft Strukturen, noch bevor die Bewegung überhaupt ihr Potential entfalten kann. Wir sehen hier die Gefahr, dass die Kreativität und Dynamik der Bewegung der Montagsdemonstrationen durch eine frühzeitige Zentralisierung eher gebremst, als befördert werden wird und schlussendlich die Gefahr von Fremdbestimmung und Instrumentalisierung der Bewegung birgt. Allen Mitstreitern, die dies gern schon jetzt auf den Weg bringen möchten, raten wir, der Bewegung selbst Raum und Zeit zu geben, damit sie sich im Kampf höher entwickeln und innovative Aktionsformen erarbeiten kann. Impulse hierzu sind vorhanden, sowohl von Basisinitiativen als auch im sog. Grottian-Papier.

Die Verfrühtheit einer Bundesweiten Versammlung, die eine zentrale Koordination wählen soll, zeigt sich auch daran, dass nur 11 von ca. 150 Orten an denen Montagsdemos stattfinden dazu einladen. Die Idee dazu wurde nur in einer geringen Anzahl von Orten bereits diskutiert, ein breiter Meinungsbildungsprozess hat noch nicht stattgefunden. Für diesen Meinungsbildungsprozess in ganz Deutschland werden sicher 2 bis 3 Monate benötigt, ebenso wie für den Prozess einer demokratischen Ansprüchen gerecht werdenden Auswahl von VertreterInnen der Bewegung, sofern es nicht zufällig sein soll, wer dort teilnimmt.

Darüber hinaus finden wir dass, das von Gerd Pfisterer vorgeschlagene Vertretungsprinzip, nachdem je eine Gruppe eine Stimme auf der Bundesweiten Versammlung haben soll, zu verzerrten Ergebnissen führt. Nach seinem Vorschlag sind 30.000 Demonstranten in Berlin genauso zu gewichten wie 20 Demonstranten in Leverkusen und die Summe der Orte in den alten Ländern, die insgesamt nicht einmal so viele Demonstranten auf die Straße bringen, wie in den neuen Ländern allein die Stadt Magdeburg, würde stets die Entwicklung bestimmen können. Mit seinem Vorschlag wird vollständig verwischt, dass in wenigen Städten in den neuen Ländern, die Mehrzahl der Demonstranten kämpft und dass diese Mehrheit auch ein Recht darauf erwirbt, den Kurs der Bewegung wesentlich mitzubestimmen.

Unser Anspruch an eine solche Versammlung muss außerdem sein, dass die Breite der Bewegung in jeder Beziehung gegeben ist. Dies bedeutet, dass vorab sicher gestellt sein muss, dass die unterschiedlichen politischen Kräfte entsprechend ihren Anteilen an der Bewegung beteiligt sind. Eine Einladung zu einer solchen Versammlung sollte dies bereits durch Unterzeichner und Beteiligte wiederspiegeln. Die vorliegende Einladung genügt diesem Anspruch nicht. Gerd Pfisterer als Mitglied der MLPD ergreift die Initiative, nachdem wenige Tage zuvor das Zentralkomitee der MLPD die Notwendigkeit dazu politisch begründet und öffentlich gemacht hat. Weitere politische Kräfte sind hinter dieser Initiative nicht erkennbar. Auf einer so schmalen Basis kann auch eine durchaus konstruktive Idee nicht so umgesetzt werden, dass nicht ein einseitiger Führungsanspruch und die Gefahr einer Spaltung der Bewegung daraus folgt.

Wir fordern daher Gerd Pfisterer und die übrigen Unterstützer der Konferenz auf, diese Bundesweite Versammlung am 28.8.04 um drei Monate zu verschieben und in der Zwischenzeit der Bewegung den Raum und die Zeit zu geben, sich selbst zu organisieren, aber auch die notwendigen Gespräche mit den übrigen in der Bewegung arbeitenden Kräften zu führen, so dass eine ausgewogene Zusammensetzung einer dann stattfindenden Versammlung gewährleistet ist. Gespräche um dies zu erreichen, könnten z.B. auf der Bundesweiten Aktionskonferenz der Bewegung gegen den Sozialkahlschlag am 18./19. September in Frankfurt/Main geführt werden. Bei dieser zu leistenden Arbeit sagen wir gern unsere Unterstützung zu.

Koordinierungskreis NRW-Netzwerk gegen Sozialabbau i.A. Ulrich Achenbach, Edith Bartelmus-Scholich, Helmut Born



Attac-Brief zu Vernetzungstreffen der Montagsdemonstrationen

Von: "Sabine Leidig" (25. Aug. 2004)

An Alle Mitglieder, Lokalgrupppen und Mitgliedsorganisationen von Attac 25.08.2004

Info zu überregionaler Vernetzung der Montagsdemonstrationen

Liebe Freundinnen und Freunde,

nach mehreren erfolgreichen Montagsdemonstrationen stellt sich inzwischen die Frage, ob die lokalen Aktionen nicht stärker überregional oder bundesweit miteinander vernetzt werden sollten. Außerdem taucht immer wieder der Vorschlag auf, eine bundesweite Demonstration durchzuführen.
Das sind naheliegende Überlegungen, denn auf Dauer ist es nicht durchzuhalten, Montag für Montag nur lokale Demos durchzuführen. Überregionale Vernetzung, Absprachen, Koordination und Aktionen sind notwendig, um der Bewegung eine weiterreichende Perspektive zu geben. Allerdings hat eine Vernetzung dabei die Dynamik und den Charakter der Bewegung zu berücksichtigen, zum Beispiel die Ungleichheit der Mobilisierung zwischen alten und neu-en Bundesländern oder die Heterogenität der Akteure, die an den Demos beteiligt sind, usw. Daher wäre die Etablierung von festgefügten, zentralen Strukturen zum gegenwärtigen Zeit-punkt wohl eher kontraproduktiv. Vielmehr sollte nach Wegen gesucht werden, in einem offenen, transparenten und partizipativen Prozess zu einer schrittweisen Bündelung der Kräfte und zur kontinuierlichen Verbreiterung der Proteste zu kommen.

Unterschiedliche Vernetzungsansätze

Wir sind natürlich nicht die einzigen, die diese Fragen diskutieren. So haben sich in Berlin und in Leipzig bereits unabhängig voneinander zwei unterschiedliche Initiativen gebildet, die zu Vernetzungstreffen einladen. Allerdings besteht keine Veranlassung, von einer “Spaltung der Bewegung³ zu sprechen, wie dies z.B. Die Welt (23. 8.) aus durchsichtigem Interesse tat.
Bisher gibt es keine einheitliche, sondern eine höchst vielfältige Bewegung, und daher gibt es auch nichts zu spalten. Die beiden Vernetzungsinitiativen sind Ausdruck dieser Heterogenität und der Schwierigkeiten der Selbstorganisation, wie sie am Anfang eines solchen Prozesses unvermeidlich sind.

Die Berliner Initiative Die Berliner Initiative wird getragen von einem breiten Bündnis, zu dem u.a. das Haus der Demokratie und Menschenrechte, der Runde Tisch der Erwerbslosen und Sozialhilfeempfänger und IG Metall und Ver.di Berlin, das Berliner Sozialforum sowie Attac Berlin gehören. Das Bündnis hat bereits die beiden großen Berliner Montagsdemonstrationen organisiert.
Hauptziel des Treffens sind Informations- und Erfahrungsaustausch, Kommunikation zwi-schen den lokalen Initiativen sowie die Diskussion einer bundesweiten Demo.

Die Initiative in Leipzig Die Initiative in Leipzig geht von Einzelpersonen der Bürgerrechtsbewegung, insbesondere Winfried Helbig und dem Sozialforum Leipzig aus. Darüber hinaus rufen mit eigenständigen Einladungen auch noch andere Gruppen zu dem Leipziger Treffen auf. Ursprünglich hatte die MLPD (Marxistisch Leninistische Partei Deutschlands) eine Einladung lanciert, in der der Eindruck erweckt wurde, dass neben Helbig auch einer ihrer Aktivisten zu den Initiatoren gehöre. Die MLPD ist eine stalinistische Splitterpartei, die gegenwärtig große Anstrengungen unternimmt, die Proteste für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Dabei tarnen sich ihre Aktivisten gern unter dem Mantel lokaler Anti-Hartz-Bündnisse oder von harmlos klingenden Vorfeldorganisationen. Sympathien versuchen sie gegenüber den weniger politisierten Teilen der Protestbewegung zu gewinnen, z.B. mit der Mobilisierung antigewerkschaftlicher Ressentiments im Tenor von “die Bonzen da oben³.
Zwar nehmen die Gewerkschaftsspitzen in der gegenwärtigen Situation tatsächlich zu viel Rücksichten auf die SPD und deren Angst vor den anstehenden Wahlen, allerdings verändert man das nicht durch konfrontative Rhetorik, sondern dadurch, dass man immer mehr Gewerkschaftsgliederung zum mitmachen gewinnt. Die Politik von selbsternannten Avant-garden (Zitat des Parteivorsitzenden: “Es gibt tatsächlich keinen Zweifel, dass die MLPD zu den Hauptakteuren und Organisatoren der Montagsaktionen bundesweit gehört³) läuft dagegen darauf hinaus, die Verbreiterung der politischen Basis der Bewegung zu blockieren.
Winfried Helbig und das Sozialforum Leipzig haben sich inzwischen von der MLPD distanziert. Dennoch ist abzusehen, dass die MLPD massiv nach Leipzig mobilisieren wird und dort versucht, der Versammlung ihren Stempel aufzudrücken. Sie werden durch massive Präsenz den Eindruck erwecken wollen, eine demokratische Mehrheit zu repräsentieren. Insbesondere ist ihr Ziel die Etablierung einer “bundesweiten Koordinierungsgruppe³, in der die Partei maßgeblichem Einfluss anstrebt, sowie die Durchsetzung eines “Marschs auf Berlin³ am 3. Oktober.
Unter den gegebenen Umständen kann eine solche Koordination nicht den Anspruch auf demokratische Repräsentativität und Legitimität erheben. Ebenso wenig ist ein “Marsch auf Berlin³ am 3. Oktober für uns akzeptabel. Zum einen wird mit der Formulierung “Marsch auf Berlin³ eine unerträgliche Assoziation mit Mussolinis “Marsch auf Rom³ geweckt, zum anderen ist auch die Verkopplung mit dem deutschen Nationalfeiertag ein historisch-politischer Missgriff.

Bundesweite Aktion? Im Gespräch ist auch eine bundesweite Demo am 2. Oktober in Berlin. Wir haben darüber noch keine abschließende Meinung. Natürlich spricht alles dafür, einen solchen Bewegungs-höhepunkt anzustreben, andererseits ist die Dynamik der Bewegung gegenwärtig schwer vorhersehbar. Bei den beiden letzten Montagsdemos waren jeweils ca. 150.000 Menschen auf den Beinen. Bei einer bundesweiten Demo müsste demgegenüber auch in den Zahlen eine neue Qualität sichtbar werden. Es wird sich auch zeigen, ob mit dem Ende der Sommerferien im Westen so viele Leute auf die Straße gehen, dass wirklich von bundesweiter Mobilisierung gesprochen werden kann. Daher kann eine endgültige Entscheidung nicht ü-bers Knie gebrochen werden.

Orientierung auf politische Breite und Kooperation Dass es gegenwärtig zwei parallele Vernetzungsinitiativen gibt, ist noch ein unbefriedigender Zustand. Attac wird sich daher weiterhin bemühen, dass die Protestbewegung über die lokale Eben hinaus überregionale Handlungsfähigkeit gewinnt. Wenn die Situation dafür reif ist, werden wir auch zu bundesweiten Initiativen aufrufen. So lange sollten entsprechend dem dezentralen Charakter von Attac die lokalen Gruppen selbst entscheiden, ob und an welchen Initiativen sie sich beteiligen.

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Mit solidarischen Grüßen
Attac-AG “Genug für Alle³



Anfrage aus Dortmund nach dem Gründungstreffen der "Bürgerinitiative Dortmunder Montagsdemo" vom 20.08.04:

"Gerd Pfisterer hat für eine neue bundesweite Vernetzungsinitiative geworben. Seine etwas einseitige Diskussionsführung hat nicht dazu beigetragen, näheres über dieses Treffen, zu dem er im Namen der Bürgerinitiative fahren will, zu erfahren. Weiß jemand etwas näheres von diesem Vernetzungstreffen am 28.8. in Leipzig? Gibt es einen Aufruf dazu?"



Stellungnahme aus Bochum vom 19.08.04:

hallo !
sollte mensch sich sicher mit beschäftigen [mit der Einladung;Red.]. damit aber jeder richtig im bilde ist, möchte ich darauf hinweisen, dass das projekt "bundesweite vernetzung der montagsdemos" aus den kreisen der mlpd angeschoben wurde. daher kommt wohl auch das wort aktionseinheit (was soll das sein?) in dem aufruf vor und gleich auch die wahl eines koordinierungsgremiums, bevor klar ist, ob da überhaupt eine gemeinsame basis existiert. der gegenseitige austausch und gemeinsame forderungen zu erarbeiten, wäre doch jetzt erstmal viel wichtiger. das ganze mag deswegen nicht vom teufel sein. bloss haben parteien manchmal die unangenehme angewohnheit, sich da etwas weit sehr in den vordergrund zu schieben, anstatt gleichberechtigter teil des ganzen zu sein. so erklärt sich wohl auch die einladung der sogenannten wahlalternative an oskar lafontaine dort zu reden, entgegen dem wunsch des leipzger sozialforums. wenn wer zum leipziger treffen fährt, wäre das sicher nicht schlecht. es wäre vielleicht sinnvoll, nicht gleich eine ganz neue struktur zu gründen, sondern das ganze mit dem franfurter treffen am 19.9. zusammen zu bringen.



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