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Energiewirtschaftsgesetz: Verbraucherzentrale NRW erprobt neues Aufsichtsinstrument

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Wegen eines Verstoßes gegen das Energiewirtschaftsrecht hat die Verbraucherzentrale NRW erstmals beim nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministerium die Einleitung von Aufsichtsmaßnahmen beantragt. Ein Vorstoß mit erfolgreichem Abschluss: Nach Intervention der Regulierungsbehörde räumte der betroffene Energieversorger Fehler im Mahnwesen bei all jenen Kunden ein, die Zahlungen mit dem Hinweis auf unbillige Preiserhöhungen gekürzt hatten. Die Tücken im System hat er umgehend abgestellt.

Einem Kunden, der sich mit dem Einwand der Unbilligkeit gemäß § 315 BGB gegen überhöhte Gaspreise gewehrt, eine Offenlegung der Preiskalkulation gefordert und seine Zahlungen gekürzt hatte, hatten die Stadtwerke Brühl nicht nur Mahnungen ins Haus geschickt, sondern ihm auch mit einer Versorgungssperre gedroht. Sogar ein gerichtliches Mahnverfahren war bereits eingeleitet worden.

Für die Verbraucherzentrale NRW war das Anlass, juristisches Neuland zu betreten und beim Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie des Landes NRW zum ersten Mal einen Antrag gemäß §§ 65 ff. Energiewirtschaftsgesetz vom Juli 2005 zu stellen: Hiernach sind Betroffene selbst, insbesondere aber auch die Verbraucherzentralen befugt, bei der zuständigen Aufsicht Maßnahmen zu beantragen, damit Verstöße gegen das Energiewirtschaftsrecht abgestellt werden.

Im Fall der Stadtwerke Brühl hatte die Verbraucherzentrale NRW moniert, dass die nach der Gasgrundversorgungsverordnung (GasGVV) erforderlichen Voraussetzungen für ein Mahnverfahren nicht vorliegen und das Wirtschaftsministerium deshalb aufgefordert, den Versorger zum Abstellen dieser Praxis zu verpflichten. Denn nach den Bestimmungen der Verordnung ist der Kunde zur Zahlungsverweigerung berechtigt, wenn er sich auf § 315 BGB beruft. Mahnungen oder Versorgungssperren sind für die Versorger dann tabu. Erst wenn der Versorger die Bedenken des Kunden zur Billigkeit der Preise ausgeräumt hat, muss dieser auch seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen.

In ihrer vom Wirtschaftsministerium angeforderten Stellungnahme räumten die Stadtwerke Brühl ein, dass die Sperrandrohung gegen den Kunden auf einen Fehler im Mahnwesen des Unternehmens zurückzuführen sei: Das EDV-gestützte Mahnsystem sei noch nicht an die aktuelle Gasgrundversorgungsverordnung angepasst worden, sodass der Kunde aufgrund der einbehaltenen Teilzahlungen automatisch eine Sperrandrohung erhalten habe. Durch eine interne Dienstanweisung belegte der Versorger gegenüber der Aufsicht, dass Kunden des Unternehmens, die den Unbilligkeitseinwand nach § 315 BGB erheben, nicht mehr in das EDV-gestützte Mahnverfahren geraten.

Übrigens: Die Verbraucherzentrale NRW wird bei der Regulierungsbehörde weitere Verfahren beantragen – zahlreiche Verbraucherbeschwerden belegen, dass auch andere Versorger Kundenrechte in ähnlicher Weise missachten. Auch bei Verstößen gegen die Pflicht zur Stromkennzeichnung oder bei einer verspäteten Mitteilung über eine geplante Preisänderung (hier gilt die Sechs-Wochen-Frist) kann die Aufsicht eingeschaltet werden.
„Die Verbraucherzentrale NRW wird das Verfahren nach dem Energiewirtschaftsgesetz aktiv nutzen, um Verbraucherrechte durchzusetzen und Verstößen der Versorger gegen energiewirtschaftliche Vorschriften wirkungsvoll zu begegnen“, kündigte NRW-Verbraucherzentralen-Vorstand Klaus Müller an.

Quelle: Pressemitteilung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen 27.11.2007

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