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Erklärung zu den Demonstrationen vom 28. März und 16. Mai 2009

vom Bündnis 31. Januar

Wir - das Bündnis 31. Januar - gehen gemeinsam vom Standpunkt aus, dass die kapitalistische Produktionsweise selbst für die jetzige Krise verantwortlich ist.

Wir lehnen die Erklärung ab, dass eine falsche - neoliberale - Politik, eine falsche Ideologie oder gar eine falsche moralische Haltung ursächlich für die Krise sei.

Wir sind nicht bereit, den Kapitalismus in der einen oder anderen Form zu verteidigen, sondern lasten ihm die jetzige tiefe Krise an.

Wir halten die Rede von einem gerechten oder solidarischen Kapitalismus für illusorisch. Wir setzen uns dafür ein, dass die Kapitaleigner und die Reichen für die Folgen der Krise im möglichst großem Umfang zahlen.

Wir setzen uns auf der Basis von konkreten Forderungen für ein breites, kämpferisches Bündnis gegen das Kapital ein, ein Bündnis, in dem keine der beteiligten Strömungen versucht, ihre weitergehenden strategischen Forderungen anderen überzustülpen.

Ausgehend von dieser Positionsbestimmung erklären wir zu den Demonstrationen:

Dass am 28. März 55.000 Menschen in Berlin und Frankfurt und am 16. Mai noch einmal 100.000 in Berlin gegen die Abwälzung der Krisenfolgen auf ihren Rücken demonstriert haben, ist unter den heutigen Bedingungen als Erfolg zu betrachten.

Wir betrachten es auch als Erfolg, dass sich zum ersten Mal bei allen drei Demonstrationen unter Beteiligung unseres Bündnisses Blöcke unter den Forderungen 10 Euro Mindestlohn - 30 Stundenwoche bei vollem Lohn- und Personalausgleich - 500 Euro Eckregelsatz gebildet haben.

Aufrufe und Reden zeigen allerdings, dass auf allen Demonstrationen die Vorstellung vorherrschend ist, einen Kapitalismus erkämpfen zu können, der auf Solidarität und sozialer Gerechtigkeit beruht.

Das von attac und Linkspartei entgegen der Absprachen durchgesetzte Motto „Wir zahlen nicht für eure Krise! Für eine solidarische Gesellschaft“ unterscheidet sich im Grundsatz nicht vom Motto der DGB-Demo vom 16. Mai „Die Krise bekämpfen. Sozialpakt für Europa. Die Verursacher müssen zahlen.“ Bekanntlich sieht DGB-Chef Sommer die „Soziale Marktwirtschaft“ als Mittel an, Krisen zu verhindern. Die Losungen „Menschen vor Profite“ im Aufruf zum 28.3. und „Die Politik muss endlich dafür sorgen, dass die Menschen wieder im Mittelpunkt stehen“ im DGB-Aufruf zum 16.5. gehen beide davon aus, dass in einer Gesellschaft auf der Basis der Kapitalverwertung menschliche Bedürfnisse den Vorrang vor Kapitalverwertung haben könnten. „Wir brauchen eine Marktwirtschaft für Menschen“, so Sommer (einblick 6/09) und natürlich auch Müntefering usw. Es ist eine alte Losung der SPD.

Vorherrschend bei den Organisatoren der drei Demonstrationen ist ferner die Erklärung der Finanz- und Wirtschaftskrise aus der Umverteilung von unten nach oben, aus einer falschen Politik. Daraus folgt, dass sich angeblich mit einer Steigerung der Binnennachfrage durch Konjunkturprogramme bzw. soziale „Schutzschirme“ Krisen vermeiden ließen.

Die Organisatoren aller drei Demonstrationen halten es für möglich zu verhindern, dass die Kosten der Krise auf uns abgewälzt werden, obwohl dieser Prozess doch schon in vollem Gange ist.

Typisch für alle Demonstrationen ist auch die Verschwommenheit der Forderungen. Höhere Löhne und Sozialleistungen werden verlangt, ohne Beträge zu nennen.

Dennoch gibt es natürlich Unterschiede. Sie resultieren daraus, dass der 28. März unter dem Haupteinfluss der Linkspartei stand, während der 16. Mai vom SPD-beherrschten Bundesvorstand des DGB gestaltet wurde. Während am 28.3. Lafontaine und Gysi sprechen konnten, hievten Sommer und Co. am 16.5. ausgerechnet Müntefering und Künast in die erste Reihe der Demonstration. Der DGB-Bundesvorstand lehnte es ab, zum 28.3. aufzurufen bzw. die Organisatoren des 28. März an der Vorbereitung des 16. Mai zu beteiligen, geschweige denn, auch nur einen einzigen von ihnen zu Wort kommen zu lassen. Der DGB ging so gar soweit, Stände, die ihm nicht passten, am 16.Mai zu zerstören bzw. von der Polizei abräumen zu lassen. Die DGB-Chefs fürchten nicht nur eine etwas radikalere Kritik am Kapitalismus, sondern auch die etwas radikaleren Forderungen.

Beide Demonstrationen zielten auch auf die Bundestagswahlen. Die am 16. Mai sollte seitens der Veranstalter die Bedingungen für SPD-Grün verbessern. Die am 28. März wurde genutzt, die Linkspartei in eine bessere Ausgangsposition zu bringen.

Ein wichtiges Bindeglied zwischen beiden Strömungen ist das Verbindungsbüro Soziale Bewegung beim Hauptvorstand der IG Metall unter der Leitung von Horst Schmitthenner. Im November 2008 wurden in diesem Zusammenhang Vorstellungen und Forderungen zivilgesellschaftlicher Bewegungen verabschiedet. Es hieß: “Die übergreifende Perspektive ist die der Rekonstruktion und Mobilisierung einer solidarischen Gesellschaft. ... Eine solidarische Gesellschaft braucht eine solidarische Verteilung des Reichtums.“
(http://www.wissenstransfer.info/wissen/pages/news.php?id=99)

Die Projekte hießen Gute Arbeit, soziale Gerechtigkeit, Bildung für Alle und globale soziale und ökologische Rechte. „Sie bilden einen Rahmen für einen Politikwechsel“ für das Wahljahr 2009. Auch einige der Organisatoren des 28. März aus Linkspartei und Attac haben diesen Text unterschrieben.

Die IG Metall selbst fordert in ihrem Frankfurter Appell eine Marktwirtschaft, die nicht zügellos ist und nicht von Profitgier geprägt ist. Sie appelliert an die Unternehmensvorstände, ihre Strategien auf die Sicherung von Arbeitsplätzen auszurichten und an die Bankvorstände, sich öffentlich zu entschuldigen und an der demokratischen Regulierung der Finanzmärkte mitzuwirken.

Die IG Metall bietet eine linkere und eine weniger linke Variante für einen Politikwechsel mit einer SPD-Regierung an.

Die jetzige Finanz- und Wirtschaftskrise steht erst an ihrem Beginn. Die faulen Werte in den Bankbilanzen sind erst zu einem geringen Teil abgeschrieben, die Industrieproduktion bricht weltweit drastisch ein. Das führt zu höherer Arbeitslosigkeit, Lohnabbau und Einbrüchen bei den Steuereinnahmen. Die Krise wird mit einer Explosion von Staatsschulden und milliardenschweren Garantien von Bankkrediten bekämpft, die wir am Ende mit Sozialabbau und Erhöhungen der Massensteuern bezahlen sollen..
Frankfurt, den 13.06.2009

Kontakt (vorläufig):
Sturmi Siebers, Am Heedbrink 42, 44263 Dortmund, sturmisiebers@web.de

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