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Tübingen testet den Nulltarif im Stadtverkehr

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Modellprojekt des Bundesumweltamtes Stadtverkehr 2030. Der „Nulltarif“ ist in der Verkehrsdebatte seit vielen Jahren ein Vorschlag, der immer wieder vorgebracht und doch nie ernsthaft realisiert wurde. Die Idee ist simpel: Wenn öffentliche Verkehrsmittel ohne Fahrschein benutzt werden können, steigen mehr Menschen ein. Volkswirtschaftlich kann sich das rechnen.

Denn der Umstieg vom Auto auf Bus und Bahn spart Kosten für Gesundheitsschäden, Unfallfolgen, Staus und Straßenbau. Der Verzicht auf eine Ticket-Barriere spart den Verkehrsbetrieben überdies die Kosten für Fahrscheinverkauf und Kontrolle.

In Tübingen wird seit September 2009 der Nulltarif an einem Tag der Woche erprobt. Die Stadt hat sich dafür den Samstag ausgesucht. Das ist wie überall der Haupteinkaufstag. Oberbürgermeister Boris Palmer erhofft sich durch diese Maßnahme mehr Kunden in der Tübinger Innenstadt und mehr Aufmerksamkeit für das qualitativ hochwertige Angebot des Tübinger Stadtverkehrs.

Ein kostenloser Tag in der Woche hat zwar nicht alle Vorteile des Nulltarifs. Das Fahrscheinsystem muss aufrecht erhalten werden. Dafür halten sich die Einnahmeausfälle in Grenzen. 200.000 Euro pro Jahr nehmen die Tübinger Verkehrsbetriebe durch Einzelfahrscheine an Samstagen gewöhnlich ein. Bei einem Jahresumsatz von 10 Millionen Euro eine überschaubare Summe.

Dafür gehen die Verkehrsbetriebe offensiv auf potenzielle Neukunden zu. Schon heute wird jede vierte Fahrt im Tübinger Stadtgebiet mit dem Bus zurück gelegt. Dabei teilt sich die Bevölkerung aber in Viel- und Niefahrer auf. Den Niefahrern ist der Preis von vier Euro für eine Hin- und Rückfahrt mit Einzelfahrschein zu hoch. Sie halten den Busverkehr für teuer und machen deshalb auch keine positiven Erfahrungen mit dessen Qualität, Geschwindigkeit, Taktfolge und Zuverlässigkeit. Palmer hofft, dass viele Bürgerinnen und Bürger, die den Bus bisher nicht benutzt haben, sich zu Probefahrten verführen lassen und dauerhaft zu Kunden werden.

„Idealerweise finanziert sich der Nulltarif am Samstag selbst durch mehr Umsatz in der Innenstadt und mehr Fahrgäste für den Stadtverkehr auch an den übrigen Tagen“ beschreibt Oberbürgermeister Palmer seine Hoffnung. Der Tübinger Handel findet die Idee charmant. Um das Weihnachtsgeschäft zu unterstützen, wird die ursprünglich auf Ende November befristete Testphase der blauen Samstage nun bis Weihnachten verlängert. Die Farbe blau steht in Tübingen für Klimaschutz, denn „Tübingen macht blau“ ist das Motto der kommunalen Klimaschutzkampagne, die durch das Bundesumweltministerium als bundesweit beste ausgezeichnet wurde.

Anfang 2010 soll der Versuch ausgewertet werden. Die wissenschaftliche Begleitung des Versuchs übernimmt der renommierte Verkehrswissenschaftler Prof. Heiner Monheim (Uni Trier). Die Ergebnisse werden in ein Projekt „Stadtverkehr 2030“ einfließen, das vom Umweltbundesamt in Tübingen durchgeführt wird. Ziel dieses Projekts ist es, bis 2030 nicht weniger als 50% der CO2-Emissionen im Stadtverkehr einzusparen. Der Nulltarif könnte dafür ein wesentliches Element werden.

Quelle: Pressestelle der Universitätsstadt Tübingen vom 13.11.09

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