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Sozialticket für Leipzig ab August 2008

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"Nun ist es geschafft: Eine klare Mehrheit im Leipziger Stadtrat hat gestern die Einführung des Sozialtickets ab August 2008 beschlossen! Damit ist Leipzig die erste ostdeutsche Großstadt, in der für nahezu 90.000 von Armut betroffene Bürgerinnen und Bürger die Wahrnehmung oder Erhaltung der Mobilität ermöglicht wird."

So der Text einer Zuschrift von Pia Witte aus Leipzig. Weiter heißt es in der Mitteilung an alle Sozialticket-Initiativen:

"Dieser Erfolg hat viele Mütter und Väter - ihnen allen gilt unser Dank! Wir danken den seit fast 2 Jahren unentwegt und engagiert Mitwirkenden in unserer Bürgerinitiative, wir danken den vielen Vereinen, Verbänden, Initiativen und Organisationen für ihre Unterstützung, wir danken den Leipzigern Gewerkschaftsverbänden ebenso wie den 3 Parteien SPD, DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen mit ihren Fraktionen, die nunmehr die Entscheidung ermöglichten. Auch der Leipziger Stadtverwaltung gebührt Dank dafür, dass eine fundierte Begründung für die Notwendigkeit eines Sozialtickets vorgestellt wurde, die über Leipzig hinaus wirkt. Aber unser ganz besonderer Dank gilt natürlich den Leipziger Bürgerinnen und Bürgern selbst. Sie haben ein weiteres Mal demonstriert, dass es lohnt  sich einzumischen.

Jedoch, wir werden uns nicht zur Ruhe setzen. Es gibt noch viel zu tun! Zunächst werden wir die Vorbereitungen zur Einführung aktiv begleiten und zum 1. August 2008 zum Volksfest einladen. Zugleich haben wir bereits begonnen, die Ausdehnung des Sozialtickets über Leipzig hinaus auf das Tarifgebiet des MDV zu betreiben. Eine nicht weniger anspruchsvolle und alle Kräfte erfordernde Aufgabe.

Wir machen also weiter!
Mit freundlichen Grüßen
Petra Weißfuß
Sprecherin der Bürgerinitiative "Leipzig braucht ein Sozialticket"
http://www.sozialticket-leipzig.de/

 

Die LVZ berichtete am 22.05.2008:

Erregte Debatten ums Sozialticket

„Leipzig Mobil Card“ wird zum 1. August eingeführt / CDU und FDP sind dagegen

Sozialbürgermeister Thomas Fabian (SPD) wirkte gestern sichtlich entspannt. Nach der Dienstberatung im März musste
er das Sozialticket, für das er sich eigentlich immer ausgesprochen hatte, offiziell ablehnen. Denn die Verwaltung sah
angesichts der prekären Haushaltslage keine Möglichkeit, dem Stadtrat diese freiwillige Leistung vorzuschlagen. Die
Einführung des verbilligten Tickets für Straßenbahn und Bus, das sozial schwachen Menschen zugute kommen soll, kostet
die Kommune ab 2008 jährlich 1,4 Millionen Euro. Doch die Stadtratsfraktionen von SPD, Grüne und Die Linken sprangen
der Verwaltung bei. Sie wollten das Ticket unbedingt. Deshalb stellten sie einen gemeinsamen Antrag, es ab 1. August
befristet bis Ende 2010 einzuführen.

„Ein großer Teil der Bürger Leipzigs benötigt jetzt unsere Hilfe und Solidarität“, sagte SPD-Fraktionschef Axel Dyck.
„Deshalb haben wir uns nach kontroverser Diskussion entschlossen, zuzustimmen.“ Dies sei keine geldliche Zuwendung,
sondern eine Rabattierung für eine bestimmte Bevölkerungsschicht. „Und ich sehe dass im Zusammenhang mit unseren
Tarifen im öffentlichen Nahverkehr, die sich nahe an der Akzeptanzgrenze bewegen.“ Katharina Krefft (Grüne): „Es ist
richtig, die Menschen nicht hängen zu lassen und als Stadt Verantwortung zu übernehmen.“ Ilse Lauter (Die Linke)
verwies auf die Initiative von Leipziger Bürgern, die das Ticket mit mehr als 20 000 Unterschriften eingefordert hatten.
„Das kann man ebenso wenig ignorieren wie die soziale Lage in unserer Stadt.“

CDU-Fraktionschef Alexander Achminow meinte hingegen: „Dies ist keine faire und zielführende Sozialpolitik, sondern ein
klares Wahlgeschenk auf Kosten der Leipziger Durchschnittsfamilien.“ Er betonte, dass alle Leipziger „Opfer der
Hochpreispolitik unserer städtischen Unternehmen“ seien. Weil Leipzig kein Geld habe, müssten die Durchschnittsfamilien
alles bezahlen. Deshalb lehne seine Fraktion den Sozialfahrschein ab. „Jede ideologische Absurdität wird herangezogen,
um das Wahlgeschenk zu rechtfertigen“, kritisierte er. So solle das Ticket sogar zur Senkung der Feinstaubbelastung
beitragen. CDU-Stadtrat Gerd Heinrich sprach von einer „schallenden Ohrfeige ins Gesicht aller am Bruttosozialprodukt
Beteiligten“. Widerspruch kam auch von Sven Morlok (FDP). „Mobilität muss möglich sein. Doch müssen wir gleich eine
Monatskarte einführen?“ Da gebe es preiswertere Varianten, sagte Morlok.

Das Ticket, das offiziell den Namen „Leipzig Mobil Card“ tragen soll, wurde mit Stimmen von SPD, Grünen und Linken
beschlossen. Es wird 25 Euro kosten und kann von allen erworben werden, die den Leipzig-Pass besitzen.

Leipzig: Zahl der Armen-Haushalte sinkt

Bürgermeister Fabian stellt Report für 2007 vor / Sozialticket ab August

L e i p z i g (A.Rau./M.O.). Der Anteil der Leipziger Haushalte, die laut Rathaus als arm gelten, ist im Vergleich zum Jahr
2005 gesunken. Das besagt der gestern vorgestellte Sozialreport 2007 der Stadt. Hatte das Analysewerk noch für das
Jahr 2005 – bezogen auf das hiesige Einkommensniveau – eine Armutsquote von 19 Prozent ausgewiesen, lag diese
Ende 2006 bei 14 Prozent. Das heißt, dass die betreffenden Haushalte monatlich weniger als 600 Euro zur Verfügung
haben, sagte Sozialbürgermeister Thomas Fabian (SPD).

Insgesamt stagniert die Entwicklung der Einkommen in Leipzig seit mehr als zehn Jahren. Die Tendenz sei sogar leicht
rückläufig. Eine Situation, die bundesweit zu verzeichnen sei, wie es hieß. Für die Messestädter bedeutet das konkret,
dass – die gestiegenen Lebenshaltungskosten eingerechnet – das reale Budget pro Haushalt Ende 2006 im Schnitt 1276
Euro betrug, wobei es etwa 1993 noch 1574 Euro waren. Dabei klaffe allerdings auch an der Pleiße die Schere zwischen
Arm und Reich stetig weiter auseinander, so Peter Dütthorn vom Amt für Statistik und Wahlen. Die
einkommensschwächsten 20 Prozent der Bevölkerung müssten im Monat mit weniger als 700 Euro zurechtkommen. Den
20 Prozent der Einkommensstärksten stünden hingegen mehr als 1500 Euro zur Verfügung.

Für sozial schwache Leipziger wird es ab dem 1. August das Sozialticket für Bus und Bahn geben. Das hat der
Stadtrat gestern Abend auf Initiative von SPD, Grünen und Die Linke mehrheitlich beschlossen. Die drei Parteien
hatten im Vorfeld ein Bündnis geschmiedet, um es trotz der schwierigen Haushaltslage durchzusetzen. CDU und
FDP lehnten das Ticket, das „Leipzig Mobil Card“ heißen soll, ab.

Laut Prognosen der Stadtverwaltung kommen 88 000 Leipziger als Inhaber eines Sozialtickets in Betracht. So
viele haben derzeit Anspruch auf den Leipzig-Pass, der verschiedene Vergünstigungen ermöglicht. Die neue Card
soll 25 Euro kosten. Eine reguläre Monatskarte gibt es bei den Leipziger Verkehrsbetrieben für 47,50 Euro, im Abo
für 39,58 Euro. Um das Angebot für Einkommensschwache zu stützen, bekommen die LVB einen Zuschuss von
1,4 Millionen Euro von der Stadt. Die Bürgerinitiative „Leipzig braucht ein Sozialticket“ hatte sich im Vorfeld für
das Ticket stark gemacht.

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