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Köln: Zahltag und Prozess

Heute war es wieder soweit, "Zahltag" in Kölle. An die achtzig AktivistInnen aus den sozialen Bewegungen nahmen morgens das Foyer der ARGE in Beschlag und veranstalteten einen Umsonstflohmarkt. Zudem gab es anschließend einen Prozess gegen zwei AktivistInnen.

Geld her!

Aus Anlass eines Prozesses gegen zwei AktivistInnen aus den sozialen Bewegungen startete um 9:30 morgens, zum wiederholten Male, ein Zahltag in der ARGE an der Luxemburgerstraße in Köln. Diesmal konnten ohne Probleme an die achtzig AktivistInnen das Foyer der Arge entern. Sogleich wurde eine Raumumgestaltung vorgenommen. Eine Anlage und Musikband untermalten den Aufbau des Umsonst-Flohmarktes und des all for free Frühstückes. Die Polizei und die ARGE-Leitung hatten wieder eine Deeskalation-Strategie auf die Tagesordnung gesetzt und hielt die Hunderschaft in einer Seitenstraße bereit, während innerhalb der ARGE 15 Streifenhörnchen und eine Menge Zivi-Bullen umherstreunten. Zudem waren die alten Bekannten von Kötter Security gekommen, um neben den Ständen des Flohmarktes planlos rumzustehen.

Der Flohmarkt wurde gut angenommen, und viele zeigten sich erfreut »Nikolaus« Geschenke mit nach Hause nehmen zu können. Ein spontaner ARGE Rundgang offenbarte nebenbei, dass die Polizei inzwischen getarnt als »Kunden« der ARGE in den Arbeitszimmern rumlungerte und auf Besuch wartete. Aber vielleicht haben einige Cops ja auch keine Lust mehr der Knüppel für das System zu sein. Mehrere echte »Erwerbslose« jedenfalls suchten wieder Beratung und Hilfe, denn auch heute wollte die ARGE wieder nicht auf Willkür und Demütigungen verzichten. So ging der Zahltag ohne größere Zwischenfälle kurz vor 12 Uhr zu Ende.

Hintergrund des Prozess:

Immer wieder greifen die ARGE´n zu Repression und Kriminalisierung der sozialen Bewegungen. So entwickelte sich letzte Woche in der ARGE Mülheim in Köln, nach einem Übergriff von Kötter Securitys gegen einen Erwerslosenaktivisten, ein kleiner Kampf um die Hohheit über die Wartemarken (www.die-keas.org). Der Hintergrund zum heutigen Prozess war eine Begleitung am 9. Juni 2009. Damals hatten AktivistInnen eine Diabetikerin zur ARGE begleitet, die ihre Geldbörse verloren hatte, aber dringend Insulin brauchte. Wie sich herausstellte, hatten ARGE-Mitarbeiter die Person von der Krankenkasse abgemeldet und ihr dies nicht mitgeteilt, weshalb sie nicht krankenversichert war.

Die Sachbearbeiterin hatte sich stur gestellt – also sind die Betroffene und Begleitung zur Standortleitung gegangen und haben gefordert, sofort zu helfen. Die Frau war bereits am Ende ihres Insulinvorrats angelangt. Was dann geschah, nennt mensch einen »kleinen Zahltag«: Das unangekündigte Auftreten der Begleitgruppe zeigte seine Wirkung, so oder so. Diese setzte sich aus bis zu 20 Leuten zusammen, die vor Ort oder über Mailing-Listen mobilisiert wurden. Die herbeigerufene Polizei stellte sich auf Seiten des Amtes und entschied, die AktivistInnen hätten das Haus zu verlassen. Die Situation eskalierte im weiteren Verlauf. Einer Filmemacherin wurde ihr Film entwendet und sie wurde dabei verletzt. Zusätzlich wurde ein sechsmonatiges Hausverbot gegen zwei AktivistInnen erteilt, um diese von der ARGE fernzuhalten.

Prozess-Bericht

Wieder einmal erging ein Klassenurteil von der politischen Justiz Kölns. Richter Wiegelmann, zuständig für die Bestrafung Linker in Köln, konnte wieder in voller Fahrt erlebt werden. Die Herren in den Roben legten sich eine interessante Story zurecht, die an manch einen Schauprozess in anderen Ländern erinnerte. Dananach hätten gemeingefährliche Linksradikale am 9. Juni eine lang vorbereitete Aktion in der ARGE inzeniert, um das "Schweinesystem" mal wieder vorzuführen. Zu diesem Zwecke seien die »Krawallmacher« auf die Suche nach einer Diabetikerin gegangen, die so voraussehend war, dass sie sich von der ARGE bei der Krankenkasse hat abmelden lassen, dann ihr Portmonai verliert, dann ohne Erfolg bei der ARGE vorstellig wird, um Geld für Insulin zu beantragen und schlußendlich auf die »Politkriminellen« in der ARGE trifft, die sich der Frau aufdrängen. Staatsanwalt zu der Betroffenen: "Wenn man das Portmonai verliert, dann muss man selber sehen, wo das Geld halt herkommt!".

Nachdem diese Wahnvorstellungen von Staatsanwaltschaft und Richter ausgeführt worden waren, wurde es seitens der BesucherInnen im Gerichtsaal ein wenig lauter, so dass sich der Richter gezwungen sah, die Hundertschaft als möglicherweise notwendige Reserve wieder zu rufen. So wurde unter Polizeischutz und Entzug des Rederechts der Angeklagten der »Wahrheitsfindung« gedient und »deutsches Recht« gesprochen. 45 Tagessätze und 40 Tagessätze für Hausfriedensbruch und Widerstand gegen Bullenschweine. Naja, vielleicht sollen kranke Menschen und Hungernde auch in der ARGE zusammenbrechen. Bullen und Gerichte sind halt Teil des Schweinesystems BRD. Achja, passend zur Aussage des Staatsanwalt: "Wenn Polizeibeamte angegriffen werden, dann hört der Spass auf!". Der Spass ist schon lange zu Ende und eure Fressen stehen auf unseren Zetteln!

http://www.zahltag-jetzt.org

Quelle: indymedia vom 30.11.09

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