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Gefragt: der lange Atem

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Gelsenkirchen: Industriepfarramt und Verdi-Erwerbslose luden zur Podiumsdiskussion übers Sozialticket ein.Viele Ansätze und eine zentrale Botschaft: ÖPNV-Vergünstigungen für sozial Schwache müssen her

Gefühlte 13 Ansätze und Variationen zur Einführung eines Sozialtickets schwirrten gestern Abend bei der Podiumsdiskussion des Industrie- und Sozialpfarramts und des Verdi-Erwerbslosen-ausschusses durch den Raum. Zumindest in einem Punkt gab es im IG-Metall-Haus aber einen Konsens: Gegen die Einführung eines Sozialtickets bzw. die Schaffung kostenloser ÖPNV-Angebote für sozial Schwache (nicht nur für Hartz-IV-Empfänger) sprach sich keiner der rund 40 Teilnehmer aus.

"Wir müssen dieses Ticket haben. Es kocht massiv in der Bevölkerung", sagte Bärbel Kapteina-Hielscher (Diakonie) am Ende der zweistündigen Diskussion. Doch auch das war allen klar: "Wir brauchen einen langen Atem", so Industriepfarrer Dieter Heisig.

Dies konnte Heiko Holtgrave (Sozialforum Dortmund) aus eigener Erfahrung nur bestätigen: 2005 habe man in Dortmund eine Kampagne zur Einführung eines Sozialtickets gestartet, im Herbst 2007 habe sich Rot-Grün - vor allem auf Druck der Linken - "umentschieden" und einen Ratsbeschluss für ein zweijähriges Pilotprojekt durchgesetzt.

In Gelsenkirchen sei ein solches Projekt wegen der unterschiedlichen Voraussetzungen nicht ohne Weiteres möglich, so SPD-Fraktions-Vize Dworzak und Grünen-Chef Küppers (die als Besucher teilnahmen). Das leuchtete nicht allen ein: Durch Einführung des Sozialtickets würden nicht mehr Kosten entstehen, so ihre Rechnung - im Gegenteil.

Ein anderer Ansatz: Es gebe bei der Bogestra über Bären-, Schoko- oder Studi-Tickets Ermäßigungen für alle möglichen Bevölkerungsgruppen. "Warum sind hier ausgerechnet die Erwerbslosen außen vor?", so die Frage.

Zum Ende der Veranstaltung setzte sich mehrheitlich dieser Ansatz durch: Alleingänge machten wenig Sinn bzw. erschwerten die Erfolgsaussichten. Zur Einführung eines stark verbilligten oder kostenlosen ÖPNV-Angebots für sozial Schwache sei ein gemeinsames Vorgehen mindestens der Bogestra-Städte nötig. Und noch besser sei dieses Ziel auf der Ebene des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) anzustreben - auch und gerade vor dem Hintergrund, dass der Rhein-Sieg-Kreis für sich bereits ein Sozialticket eingeführt und als kostendeckend bezeichnet hat. Wie merkte Franz Schart (Verdi-Erwerblosenausschuss) am Ende doch an: "Der stete Tropfen höhlt auch den VRR."

Das Sozialticket ist heute Thema im Sozialausschuss (16 Uhr; Emscherstraße 66).

Quelle: WAZ vom 14.04.08

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