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Erstes Bossnapping in Deutschland

Polizeieinsatz gegen soziale Unruhe - Autoarbeiter in Osnabrück sperrten Bosse ein. Passive Rolle der Linkspartei. Eine Nachricht die völlig unterging...

"Wir lernen Französisch" - Lektion I: Bereits am 7. Mai hatten Arbeiter des insolventen Automobilwerks Karmann in Osnabrück eine Versammlung des Aufsichtsrates (also auch die Eigentümer) eingesperrt. Die Aktion war spontan. Etwa 400 Arbeiter sollen sich beteiligt haben. Die Aktion war mit einer Arbeitsniederlegung verbunden. Das Zufahrtstor zur Eigentümerversammlung wurde dabei mit Kabelbindern verriegelt. Es kam zu einem Polizeieinsatz. Der Polizeibericht ist online nicht mehr einsehbar.

Die Nachricht wurde aber weder auf indy (interessiert keinen, klar!) noch von junge welt (wieso nicht?) noch anderen linken Publikationen wie labornet oder DKP verbreitet. Es gab nur eine kleine Notiz in der örtlichen Zeitung.

Hintergrund des Protestes sind die Massenentlassungen beim Osnabrücker Autozulierer Karmann und die von den Gesellschaftern betriebene vorsätzliche Insolvenz um ihre Profite in der Krise zu sichern.

Fast 1900 Arbeiter sind von der Entlassungswelle betroffen, insgesamt sind es über 3000 die durch die Insolvenz und Entlassungen ihren Arbeitsplatz bedroht sehen. Vielen droht Hartz IV.

KAPITALISTEN WIE AUS DEM BILDERBUCH - "RÄUBERBANDE" KARMANN UND DIE RAFFGIER

Die Gesellschafter/Eigentümer hatten sich jahrelang mit einer geschickten Konstruktion aus dem erarbeiteten Vermögen Karmanns bedient. Das Unternehmen Karmann musste den Gesellschaftern hohe Summen für die Pachtung der Werkanlagen und des Firmen-Geländes zahlen. So sicherten die Eigentümer sich seit 1938 gegen Insolvenz ab - und gleichzeitig ihre Profite. Auf die Familie Karmann trifft jede verkürzte Kapitalismuskritik zu. Die Eigentümer sind als gierig verschrien. Familie Karmann gilt als "Räuberbande". So war die verstorbene Eigentümerin dafür bekannt sich gerne offizielle Banquette und Empfänge zu finanziellen Sonderkonditionen von mit der Stadt verbundenen Firmen ausrichten zu lassen. Mit Hinweis auf die ihre Verdienste für die Bewohner Osnabrücks. Tasächlich erschnorrten Karmanns jahrzehntelang Steuererlasse und andere Vergünstigungen von der Stadt Osnnabrück und anderen Körperschaften.

Mit der geplanten Insolvenz wurde auch vorerst eine Auffanggesellschaft verhindert, die die Entlassenen für zunächst ein Jahr vor Arbeitlosigkeit sichern sollte. Das Land Niedersachsen hatte dafür Gelder bereitsgestellt, die aber an einen von den Eigentümern zu zahlenden Einsatz gebunden waren. Weitere Folge der Insolvenz waren zunächst das Tausende ihre Löhne nicht erhielten und dadurch teilweise von Spenden der Kirche und der Gewerkschaft abhängig wurden. Auch jetzt ist nur für 500 Arbeiter die Produktion gesichert. Zulieferer und Abnehmer hungern das Werk quasi aus.

ANGST VOR SOZIALER UNRUHE

Die Nachricht ist deshalb so interessant weil immer wieder kolportiert wird, die deutschen Arbeiter und insbeondere die Karmannbelegschaft seien zu passiv und unpolitisch, wollten sich nicht ausreichend wehren. Im Gegensatz zu "den Franzosen". Tatsächlich gab es mehrere spontane Arbeitsniederlegungen und Protestmärsche zur Villa der Familie Karmann.

Allem Anschein können die Karmänner und -Frauen doch Französisch. Die Aktion entstand spontan weil sich die Eigentümer aus aus Angst vor der Belegschaft entschieden hatten die Aufsichtsratsversammlung nicht auf dem Werksgelände abzuhalten sondern außerhalb in einem separaten Gebäude. Dorthin zog die Mittagsschicht in einer Demonstration, dabei sperrte sie das Zufahrtstor. Die Gesellschafter hatten nicht auf den offenen Brief des Betriebsrats geantwortet, worin die Eigentümer zur finanziellen Unterstützung zum Erhalt des Werkes aufgefordert wurden.

LINKSPARTEI ALS SOZIALE UNRUHESTIFTER? .....VERGISS ES!

Warum weder DKP und Linke die Situation nutzen UM MEHR FÜR DIE BELEGSCHAFT RAUSZUSCHLAGEN ist unklar. Klar ist dass es im Betriebsrat IGM-Gewerkschafter gibt, die jeden Anschein von "sozialer Unruhe" vermeiden wollen und das es - wie überall - zunächst nur eine Minderheit in der Belegschaft ist, die Bereitschaft zu kämpfen zeigt. Von der LINKEN muss man aber verlangen, dass sie ihrer Rolle gerecht wird.

Auch wenn ihr die Rolle des sozialen Unruhestifters nur von Realos wie Wechselberg unterstellt wird. Die Linksfraktion im Landtag Hannover hatte in der Vergangenheit eine ihrer Versammlungen vor dem Werksgelände abgehalten. Aber insgesamt nutzt die Linke die Situation bei Karmann nicht dazu aus klarzumachen, dass sie "original sozial" sind (Neues Werbeplakat der Linken). Weder Lafontaine noch Gysi noch Klaus Ernst werden in Osnabrück sprechen. Die Linke plant keine Wahlkampfkundgebungen. Als Ausrede muss immer wieder die angebliche Passivität der Belegschaft herhalten.

Passiv ist aber die Linkspartei.

weitere Infos: http://www.arbeit-fuer-karmann.de/Pressespiegel/Pressespiegel-Dateien/Artikel-pdf/08.05.09%20-%20Belegschaft%20blockiert%20Aufsichtsrat%20(NOZ).pdf

Auch in Belgien

Etwa 2000 Stahlarbeiter aus Belgien haben am Dienstagvormittag mit Gewalt vor dem Luxemburger ArcelorMittal-Hauptsitz für die Sicherung ihrer Arbeitsplätze demonstriert. Rund 20 Demonstranten schlugen eine gläserne Eingangstür zu dem Gebäude in der Avenue de la Liberté ein und warfen mit Knallkörpern, Steinen und Absperrgittern.

Die Polizei, die sich zum Teil im Gebäude befand, setzte Tränengas, Plastikgeschosse und Pfefferspray ein, während einige Demonstranten nicht davor zurückschreckten, Pflastersteine, Glaskugeln, Schraubenmuttern und stählerne Kugellager auf die Beamten zu werfen. Etwa 50 Polizisten und vier Panzerwagen warteten hinter dem Hauptsitz auf ihren Einsatz. Erst gegen 13.15 Uhr beruhigte sich die Lage wieder einigermaßen. Gewerkschaftsvertreter versuchten, die aufgebrachten Stahlarbeiter zu beruhigen.

http://www.wort.lu/wort/web/letzebuerg/artikel/20974/polizei-setzt-traenengas-und-gummigeschosse-ein.php

Quelle: indymedia vom 03.06.09

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