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Einstellung gegen Zahltag – eine Provokation

Zwei Mitstreitern des ersten 'Zahltag!' in Köln im Oktober 2007 wurde vorgeworfen, den zweifelhaften Hausfrieden der ARGE Köln gebrochen, sich Polizeibeamten widersetzt und diese dabei verletzt zu haben. 90 lautstarke UnterstützerInnen verwandelten am 15. Juni nicht nur das Foyer der ARGE sondern auch den Gerichtssaal in ein „offenes Forum“. Der Tag endete zwar mit einer Einstellung gegen Geldbuße - diese entpuppte sich jedoch als inakzeptable Provokation ...

Auseinandersetzungsort ist und bleibt die ARGE und nicht irgendein daher gelaufenes Amtsgericht. Und so startete der Tag mit einem gut besuchten Zahltag! in der ARGE Mitte (unmittelbar neben dem Amtsgericht) - also genau dem Ort, an dem die Zahltag-Geschichte ihren Anfang nahm und an dem der angebliche Hausfrieden gestört worden sei. Die ARGE hatte zwar reichlich Polizei im Gebäude postiert, hielt diese jedoch bei der Umwandlung des Foyers in einen Veranstaltungs- und Diskussionsort zurück. Das war letzte Woche Dienstag bei einer Gruppenbegleitung im Rahmen eines kleinen Zahltags anders. Da gab es einen massiven Polizeiübergriff und Hausverbote (bis Ende des Jahres!!) für einige BegleiterInnen ( http://www.die-keas.org/polizeieinsatz). Dieser Versuch die Anzahl der unliebsamen AktivistInnen bei den Begleitungen nach und nach auszudünnen ist ungeheuerlich und wartet auf eine angemessene Antwort!

Nach zweistündiger Diskussion wanderte der Zahltag ins Kölner Amtsgericht, benötigte wegen zahlreicher Schikanen jedoch über eine Stunde zum „Einchecken“. Der Prozess konnte nicht vorher beginnen, da die beiden Angeklagten am Ende der BesucherInnenschlange standen.

Folgenden Beitrag im Erwerbslosenforum nahm das Gerichtspräsidium zum Vorwand, völlig überzogene Sicherheitsmaßnahmen anzuordnen: kurzfristige Prozess-Verlegung in den Schwurgerichtssaal, Abtrennung des Zuschauerbereichs per Trennscheibe, zweifache Durchsuchung mit Metalldetektoren, Ablichtung der Personalausweise aller ZuschauerInnen, Eine Hundertschaft der Kölner Bereitschaftspolizei im Gerichtsgebäude, Zivilpolizei im Zuschauerbereich:

„Es ist zynisch und dumm, den gebrochenen „Hausfrieden“ einer Institution wie der ARGE zu beklagen. Hier werden täglich und massenhaft Existenzen und deren menschliche Würde gebrochen. Brüchig ist längst der soziale Frieden. Ihr Hausfrieden wird Ihnen bald um die Ohren fliegen. Oui, ca va peter – es wird knallen.“

Bereits bei der Verlesung der Anklage wurde es (wegen der penetranten Ignoranz der Staatsanwaltschaft, zur Herstellung der Öffentlichkeit das Mikro zu benutzen) turbulent. Aus dem ZuschauerInnenbrereich gab es aber nicht nur eine Rhetorikschulung sondern auch deutlich mehr verhandlungsrelevante Wortbeiträge als von der Anklage. Die geladenen Zeugen befanden sich teilweise in lautstarkem Dialog mit den „ZuhörerInnen“ jenseits der Trennscheibe.

Nach einer Prozesserklärung der Angeklagten (siehe Anhang) folgte die Vernehmung des Geschäftsführers für Sicherheit und Gebäudemanagement der Arbeitsagentur Köln. Diese ergab erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des im Oktober 2007 von ihm gestellten Strafantrags auf Hausfriedensbruch gegen die beiden Angeklagten. Wer ist in der Kompetenzverteilung zwischen Arbeitsagentur und ARGE (im gleichen Haus untergebracht) für was zuständig? Ein äußerst wackeliges „Gewohnheitsrecht“ anstelle einer klaren Dienstregelung konnte auch nach eifrigem Herbeibringen und Verlesen alter Arbeitsverträge und Dienstvorschriften nicht überzeugen. Damit blieb unklar, ob der Hausfriedensbruch von Herrn Peter Picker überhaupt gestellte werden durfte.

Beim Vorwurf „Widerstand gegen die Staatsgewalt“ vertrat die Richterin trotz äußerst widersprüchlicher Polizeizeugenaussagen die eigentümliche Auffassung, dass bereits das Nicht-Befolgen polizeilicher Anordnungen eine „für sie unbegreifliche“ Widerstandsbereitschaft aufzeige und die Armbewegungen der Videoaufzeichnung bei zumindest einem der beiden Angeklagten eine leichte Widerstandshandlung erahnen ließen.

Die eigentliche Provokation kam dann zum Schluss. Eine Einstellung des Verfahrens gegen Geldbuße wurde akzeptiert. Dass dieses Geld jedoch an das SOZIALWERK DER KÖLNER POLIZEI zu überweisen sei, da die Polizei „der eigentlich Geschädigte in dem Verfahren sei“ (wie bitte?) ist völlig inakzeptabel ...

Quelle: indymedia vom 17.06.09



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