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Die Streiklust wächst

Während der Staat an Rettungspaketen herumtüftelt, kämpfen die Arbeitnehmer um mehr Lohn. Denn nicht überall herrscht Verständnis für Einbußen, die den Chefetagen zugeschrieben werden. "Die Wut wächst", fasst es ein DGB-Sprecher zusammen.

Alle reden von Krise. Gleichzeitig verhandeln die Gewerkschaften für mehrere Branchen über Lohnerhöhungen mit den Arbeitgebern, rufen zum Warnstreik auf - wie zum Beispiel die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) heute bei der Dortmunder Actien-Brauerei. Die Arbeitgeber bieten 1,5 % mehr Lohn, die Gewerkschaft will bis zu 7 % für die Brauer. NGG-Sekretär Manfred Sträter: „Der Oetker-Konzern, dem die DAB gehört, berichtet von einem zufriedenstellenden Ergebnis 2008. Wir haben in der Ernährungsindustrie keine Krise.” Die Produktion schäume zwar nicht über, aber 1,5 % seien einfach zu wenig. Wenn Oetker Renditen von zwölf Prozent erziele, dann sei Luft für Lohnerhöhungen: „Es müssen ja nicht 12 % sein.”

"Gibt nicht viel zu verteilen"

Zügig zum Ergebnis ist die IG-Metall in der Nacht zu Mittwoch mit den Arbeitgebern der Eisen- und Stahlindustrie gekommen. Hans-Jürgen Meier, Erster Bevöllmächtigter der IGM Dortmund und Mitglied der Tarifkommission: „Wir wollten keine langen Diskussionen. Es gibt nicht viel zu verteilen. Vor allem die Sicherung von Arbeitsplätzen haben wir in den Mittelpunkt gestellt”. Neben einmal 350 Euro für acht Monate wurden 2 % mehr Lohn (Laufzeit 17 Monate) vereinbart. Zudem wurde vereinbart, dass Auszubildende 24 Monate übernommen werden müssen. Das Thema Arbeitsplatzsicherung sei das zentrale gewesen. Altersteilzeit wird weiter ermöglicht.

Vor wenigen Tagen protestierten Verdi-Mitglieder bei der Firma Drauschke, deren Inhaber Gerhard Drauschke Vorsitzender des Arbeitgeberverbandes Großhandel ist. Die Gewerkschaft fordert 8 % mehr Lohn, mindestens 175 Euro/Monat. Verdi-Sekretärin Birgit Haverkemper: „Die Lage ist schwierig. Aber es hat für die Beschäftigten 2008 einen Reallohnverlust gegeben.” In Betrieben wie beispielsweise Thyssen-Schulte, die drastische Auftragsrückgänge spüren, sei die streikerprobte Belegschaft nicht bereit, mit Lohnverzicht für die Fehler anderer zu bezahlen. Bei der Rewe Großhandelsgenossenschaft und im Ikea Europalager sehe es ähnlich aus.

"Die Wut wächst"

Das Gefühl, zur Kasse gebeten zu werden für die Fehler der Finanzjongleure, mache sich bei Arbeitnehmern breit, so Eberhard Weber, Vorsitzender des DGB Östliches Ruhrgebiet: „Die Wut wächst. Nicht unverschämte Gehaltsforderungen haben zur Krise geführt. Ich habe den Eindruck, dass viele Arbeitnehmer denken, dass sie gedemütigt werden, wenn sie durch Lohnverzicht Verantwortung zeigen, die Zeche zahlen sollen. Das macht Leute wütend.”

Weber räumt ein, dass er in seinem 40jährigem Berufsleben eine Lage wie aktuell noch nicht erlebt hat. Aber: „Arbeitgeber handeln im eigenen Interesse, wenn sie Mitarbeiter fair bezahlen.” Zufriedene Belegschaften seien ein wichtiges Kapital für die Unternehmen.

Quelle: WAZ vom 02.04.09

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