Ausschluss von EU-Migranten aus der Sozialhilfe und aus dem Arbeitslosengeld 2 bedroht Schulkinder
Pressemitteilung des Sozialforums Dortmund v. 13.6.2016 zu einem Gesetzesvorhaben der Bundesregierung
Wie aus einem aktuellen Referentenentwurf der Bundesregierung bekannt wurde, sind erhebliche Einschränkungen beim Arbeitslosengeld 2 und bei der Sozialhilfe geplant.*
Eine der gravierendsten geplanten Verschlechterungen besteht darin, für EU–Migranten, die nicht oder nur geringfügig erwerbstätig sind, den gesicherten Bezug von Arbeitslosengeld2 so lange zu verweigern, bis sie 5 Jahre in Deutschland gelebt haben (nachgewiesen durch ordnungsrechtliche Anmeldung).
Für viele Familien und insbesondere für Alleinerziehende würde diese Gesetzesänderung eine Katastrophe bedeuten.
Wie auch bei manchen Deutschen, ist es für bestimmte EU–Migranten nicht mehr oder nur in geringem Umfang möglich, erwerbstätig zu sein und dadurch den Lebensunterhalt zu sichern. Alleinerziehende zum Beispiel. Besonders, wenn die Kinder noch kleiner sind, so im Grundschulalter, wenn die Schulzeiten noch nicht so lang sind und in der unterrichtsfreien Zeit wie in Ferien oder bei Krankheit die Mutter gebraucht wird.
Die europäische Union gesteht den Kindern und ihren Eltern aus anderen EU – Ländern, die hier schon mal gearbeitet haben, das Recht zu, die Schule hier zu besuchen und bis zum Ausbildungs- bzw. Schulende zu bleiben (Art. 10 der VO 492/2011). Das Landessozialgericht NRW hat bestätigt, dass für diese Zeit Anspruch auf Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld 2 besteht (LSG NRW; 16. März 2015; L 19 AS 275/15 B ER).
Diesen Anspruch will die große Koalition (SPD/CDU) jetzt per Gesetzesänderung kippen (Referentenentwurf der Bundesregierung vom 28.04.2016)*.
Für Familien, die noch keine 5 Jahre Aufenthalt in Deutschland nachweisen können, würde das bedeuten, dass sie dann plötzlich ohne diese Hilfen dastehen und die Kinder u.U. die Schule hier nicht weiter besuchen könnten (Art. 1 und 2 des o.a. Referentenentwurfes).
Stattdessen soll diesen Familien dann noch für 4 Wochen Hilfe angeboten werden, einschließlich einer Fahrkarte ins Heimatland – auf Darlehensbasis (Art. 2 des Referentenentwurfes).
Für diese Familien, insbesondere für
die Kinder, die hier eine Schule besuchen, wäre dies eine
Katastrophe!
Verelendung, Kindeswohlgefährdung,
Ausbeutbarkeit, Obdachlosigkeit, Gesundheitsgefährdung,
Schutzlosigkeit, Schwarzarbeit, Parallelgesellschaften wären die
Folgen.
Richtig wäre es nach unserer Auffassung, den Zugang von EU–Bürgern im Aufenthaltsrecht dem Freizügigkeitsgesetz entsprechend zu regeln. Wenn danach diesen Menschen der Aufenthalt hier zusteht, darf eine „Ausweisung“ nicht „hintenrum“ durch Entzug der Sozialleistungen erfolgen.
Dortmund, den 13.6.2016
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* Referentenentwurf für
ein „Gesetz zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in
der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch
Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch
Sozialgesetzbuch"
s.
www.harald-thome.de/media/files/Referentenentwurf-Ausl-ndische-Personen-im-SGB-II-und-SGB-XII.pdf