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Wie weiter mit dem Sozialticket?

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Die Erprobungsphase für das Dortmunder Sozialticket läuft im Januar 2010 aus. Wir möchten von den Dortmunder Parteivertretern wissen, wie das mit den ermäßigten Tickets nach dem 'Pilotversuch' weitergehen soll.

In den letzten Monaten mochte sich – außer den Grünen und der Partei die Linke – kaum noch jemand aus der Stadtpolitik öffentlich zum Thema Sozialticket für einkommensschwächere Haushalte äußern. Und das, obwohl bis zum offiziellen Ende des 2-jährigen Pilotversuchs nur noch ein knappes ¾ Jahr liegt!

Das verbreitete Schweigen lässt nichts Gutes ahnen, was den Erhalt des Sozialtickets zum Preis von15 € über den Januar 2010 hinaus angeht. Dabei hat die Verkehrsbilanz der DSW21 für 2008 noch einmal eindrucksvoll unterstrichen, wie groß der Bedarf nach einer solchen Fahrpreisvergünstigung ist:

Die Zahl der DSW-Fahrgäste ist – im wesentlichen aufgrund des Sozialtickets - innerhalb eines Jahrs von 130,0 Mio. (2007) auf 138,9 Mio (2008) hochgeschnellt – der höchste Stand seit dem Ende des 2. Weltkriegs. "Damit fahren Dortmunds Busse und Bahnen dem allgemeinen Trend einmal mehr davon", kommentierte beispielsweise die Westfälische Rundschau am 14.3. und führte entsprechende Vergleichszahlen aus BRD und VRR an. Dieser Befund unterstreicht eindrucksvoll, was für ein enormer - aber unter normalen Umständen eben nicht zahlungskräftiger - Mobilitätsbedarf bei Hartz IV-Haushalten und Geringverdienern besteht.

Im gleichen Zuge verbuchten die Stadtwerke – sozialticketbedingt - einen weit überdurchschnittlichen Einnahmenzuwachs aus dem Vertrieb von Ticket1000-Abos. Statt vorher (2007) knapp 13.500 zählten die Dortmunder Stadtwerke DSW21 im vergangenen Jahr 35.700 feste Ticket1000-Kunden (s. DSW-Verkehrsbilanz 2008).

Dies sind einige Hintergründe unseres Offenen Briefs. Wir möchten gerne von den Parteien und ihren OB-Kandidaten wissen, was sie für die Dortmunder Bürger und Bürgerinnen, die an oder auch unterhalb der Armutsgrenze leben müssen, tun wollen, um für diese das Grundrecht auf Mobilität und gesellschaftlicher Teilhabe zumindest ansatzweise sicherzustellen. Wir fragen: Bleibt es auch auch dem Januar 2010 beim Sozialticket zum Preis von 15 Euro? Und wir erwarten ihre Antwort selbstverständlich noch vor den anstehenden Kommunalwahlen!

Offener Brief

an die im Rat der Stadt Dortmund vertretenen politischen Parteien
und die Herrn Sierau, Pohlmann, Krüger und Manz

An
SPD-Unterbezirk Dortmund
CDU-Kreisverband Dortmund
FDP-Kreisverband, Kreisverband Dortmund
B90/Die Grünen, Kreisverband Dortmund
Die Linke, Kreisverband Dortmund
Linkes Bündnis Dortmund
und die Herren Pohlmann, Sierau, Krüger und Manz

14. Mai 2009

Betrifft: Sozialticket Dortmund


Sehr geehrte Damen und Herren,

in wenigen Monaten finden die Kommunalwahlen statt -  Zeit und Gelegenheit auch für program­atische Festlegungen, in welche Richtung es mit dieser Stadt weitergehen soll. Wir möchten gerne von Ihnen wissen, was Sie und Ihre Partei für Dortmunder BürgerInnen, die an oder auch unterhalb der Armutsgrenze leben müssen - unabhängig, ob im Bezug von Hartz IV-Leistungen, Grundsicherung im Alter, Bezug von Kinderzuschlägen oder sog. Aufstocker – , nach der Wahl tun wollen, um das Grundrecht „auf Mobilität und gesellschaftlicher Teilhabe  in Dortmund“  für diese Bürger und Bürgerinnen ansatzweise zu garantieren.

Wie wir ja alle wissen, läuft die Erprobungsphase für das Dortmunder Sozialticket Ende Jan. 2010 aus. Unabhängig von einer wünschenswerten landesweiten Lösung – diese dürfte wohl nur mit anderen Mehrheiten im Landtag NRW möglich sein – sollten auch die Parteien in Dortmund den betroffenen BürgerInnen frühzeitig - d.h. vor den Kommunalwahlen - sagen, wie das mit den ermäßigten Tickets nach dem 'Pilotversuch' weitergehen soll. Denn dass eine Notwendigkeit dafür besteht, haben die Ergebnisse der jüngsten DSW-Verkehrsbilanz noch einmal eindrucksvoll unter­strichen.

Wir meinen: Eine Stadt, in deren „Aktionsplan Soziale Stadt“ das Sozialticket als wesentlicher Bestandteil aufgeführt wird, hat das Recht, von den kandidierenden Parteien samt ihrer OB-Kandi­daten zu erfahren, was ihnen Mobilität und gesellschaftliche Teilhabe von mehr als 100.000 Dort­munder BürgerInnen wert ist.

Wir bitten Sie von Antworten abzusehen, die ausschließlich auf die Kosten einer Weiterführung abstellen und uns glauben machen wollen, die Fortführung sei – auch mit Blick auf den abge­schafften Großkundenrabatt - nicht machbar.

Wir kennen die ganze Diskussion der letzten 1 ½  Jahre über angeblich dramatische Mehrbe­lastungen der Verkehrsbetriebe und damit des Stadtsäckels zur Genüge. Die Ergebnisse der sog. „repräsentativen Erhebungen“ der DSW21 sind – nicht nur in unseren Augen – unglaubwürdig. Und wir würden Ihnen dringend empfehlen, im Falle eines erneuten Vertragsabschlusses mit den DSW auf die sorgfältige Gegenrechnung aller Mehrerlöse – aufgrund von Neukunden, weniger Schwarzfahrern etc. - und alle Minderbelastungen zu bestehen.[1]

Dies aber nur am Rande. Dass ein Sozialticket unter den gegebenen Umständen nicht ohne eine städtische Bezuschussung auskommt, ist auch uns klar. Sozialpolitik ist nun mal nicht zum Nulltarif zu haben.

Wir möchten Sie bitten, uns innerhalb der nächsten 3 Wochen eine aussagekräftige Antwort auf unsere Fragen zu diesem  wichtigen Dortmunder sozialpolitischen Problem zu geben. Auch Nicht­antworten werden wir entsprechend kommunizieren.

Mit freundlichen Grüßen
Für den Unterstützerkreis
Heiko Holtgrave, Sozialforum Dortmund
Friedrich-Wilhelm Herkelmann, SoVD Kreisverband Dortmund
Axel Frerk, Erwerbslosenausschuss ver.di

Dieser Brief wird ferner unterstützt vom Arbeitslosenzentrum Dortmund e.V., von Pfarrer Friedrich Laker, Manfred Sträter (NGG-Sekretär Dortmund), dem Akoplan-Institut, dem VdK Kreisverband Dortmund, der Pro Bahn Ortsgruppe Dortmund und dem verdi Erwerbslosenausschuss Bezirk Emscher Lippe Süd, Bündnis gegen Rechts, VCD Dortmund, GEW Stadtverband Dortmund


Fußnote:
1  Zur weiteren Information empfehlen wir Ihnen ein Info unter der Webadresse: http://agora.free.de/sofodo/themen/do-spez-1/kommunale-pol/zur-entwicklung-des-dortmunder-sozialtickets-im-jahr-2008

 

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