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Wem nutzt der viel zu niedrige Hartz-IV-Regelsatz ? Regelsatzbemessung – Manipulation – Auswirkungen

Flugblatt zur Veranstaltung am Freitag, den 21.11.2008, ab 19:00 Uhr im Dietrich­-Keuning­-Haus, Leopoldstr. 50­58 (U-­Bahn ­Haltestelle Leopoldstraße) Raum 227/228

Wie viel brauchen Sie pro Tag für Essen und Trinken ?

Reichen Ihnen 3,85 €?
Oder 0,77 € fürs Frühstück und je 1,54 € für Mittag und Abendessen? Probieren Sie's aus!
So viel oder - treffender - so wenig  ist im aktuellen Regelsatz eines/einer alleinstehenden Hartz IV-EmpfängerIn für Essen und Trinken vorgesehen. Sofern dieser Betrag überhaupt zur Verfügung steht - denn andere not­wendige Ausgaben werden vielfach nicht anerkannt (als nicht “regelsatzrelevant”) und können oft nur auf Kosten der Ernährung gedeckt werden.

In Dortmund müssen inzwischen 100.000 Menschen – gut ein Sechstel der Bevölkerung – auf diesem Armutsniveau leben!

“ 3,85 € sind noch immer zu viel  –  2,69 € müssen reichen ”
Das meinen alle Unternehmerverbände in Deutschland, vor allem die der Banken und Konzerne. Sie halten die 3,85 € für Lebensmittel für einen “Fehlanreiz”, der die Motivation schwächt, Arbeit aufzunehmen. Und fordern eine Senkung um 30 %. Wer Hungerlöhne durchsetzen will, der muss den Hunger von Erwerbslosen fördern, um sie (und die Noch-Beschäftigten) gefügig zu machen:  0,54 € fürs Frühstück und je 1,07 € für die beiden anderen “Mahlzeiten” müssen dann reichen!

Hartz IV  =  Lohndumping und Niedriglohnsektor
Das Hartz-IV-Niveau (Regelsatz plus Warmmiete) definiert hier und heute eine Art Mindestlohn. Das Kapital will den Regelsatz weiter senken, um Lohndumping zu fördern. Und es hetzt Arbeitslose und Beschäftigte gegeneinander, um Sozial- und Lohnabbau durchzusetzen. Arbeitslose werden als Arbeitsscheue dargestellt, die auf Kosten der Arbeitenden in der “sozialen Hängematte” liegen und Beschäftigte als Besitzstandswahrer, die Arbeitslose daran hindern, in Arbeit zu kommen - zu niedrigeren Löhnen.

Manipulationen noch und noch
Kapital und Hartz-IV-Parteien wissen natürlich, dass man/frau mit diesen Beträgen nur wie ein Hund leben kann. 2004, vor Einführung von Hartz IV, waren für Lebensmittel im Regelsatz  noch 4,36 € täglich drin, also 15% mehr als heute. Keine Manipulation ist zu billig, um den Eck-Regelsatz herunterzurechnen.  ....

Die Preise für Lebensmittel sind von 2004 bis Mai 2008 um 13 % gestiegen. Ein Alleinstehender müsste demnach heute einen Regelsatzanteil von 147 € erhalten, um sich dieselben Nahrungsmittel leisten zu können. Kaufkraftmäßig wurden ihm in diesen 4 Jahren 22 % der Mittel ent­zogen, die ihm 2004 für Essen und Trinken zur Verfügung standen.

Doch alle Initiativen zugunsten einer Anhebung wurden bislang erstickt.

Anhebung zu teuer ?
Eine deutliche Anhebung des Eckregel­satzes käme den Staat zu teuer. So die Erklärung der Hartz-IV-Parteien, und die spricht Bände. Eine Regelsatzerhöhung auf 500 Euro würde einschließlich der aus ihr folgenden Regelsatzanhebungen für Haushaltsangehörige etwa 10-15 Mrd. Euro kosten. “Peanuts” gegen die ca. 500 Milliarden, die jetzt den Banken und Finanzjongleuren aus Steuergeldern zugeschoben werden. Eben jenen, die nicht müde werden, Sozial- und Lohnabbau zu fordern.

Hartz IV   - Wachstumsbedarf von Kindern gestrichen
Nicht minder skandalös als die Art der Berechnung des Eckregelsatzes ist die Festsetzung der Sätze für Kinder in der sog. “Bedarfsgemeinschaft”: Die Hartz-IV-Parteien gestehen 7- bis 13-jährigen Schulkindern keinen höheren Bedarf zu als Säuglingen. Vor Hartz IV bekamen sie noch rd. 20% mehr. Ihnen sind mit Hartz IV erhebliche Mittel für Essen/Trinken gestrichen worden. Ausgaben für Schulausbildung:  im Kinderregelsatz nicht drin!

Kinder hören erst zwischen 16 und 19 Jahren auf zu wachsen. Früher wurde daher anerkannt, dass sie bis 18 einen höheren Bedarf haben. Die Hartz IV-Parteien haben das abgeschafft. Sie gestehen 14- bis 18-jährigen nicht mehr 90% (wie vor Hartz IV), sondern nur noch 80% des Eckregelsatzes zu. Was viele nicht wissen: Das Kindergeld wird beim Alg II als eigenes Einkommen des Kindes gewertet und folglich vom oben genannten Monatssatz abgezogen. Kein Freibetrag! Und so wird auch die kürzlich angekündigte Anhebung des Kindergeldes an den Kindern von Langzeitarbeitslosen sang- und klanglos vorbeigehen ...

In Dortmund leben 3 von 10 Kindern unter 15 J. in Familien ohne oder ohne ausreichendes Erwerbseinkommen, also im Hartz-IV-/Sozialleistungsbezug (Quelle: Sozialbericht der Stadt Dortmund, 2007). Lebensperspektiven? Chancengleichheit?

  • Die Kürzung der Regelsätze für Kinder von 7 bis 17 Jahren muss zurückgenommen werden! Und zwar sofort!
  • Anhebung des Eckregelsatzes bei Alg II und Sozialhilfe auf  mindestens 500 € monatlich!
  • Gegen Lohndumping - Löhne rauf statt Sozialhilfe runter:
    Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von 10 € die Stunde!

 


Vortrags- und Diskussionsveranstaltung:

Wem nutzt der viel zu niedrige Hartz-IV-Regelsatz ?
Regelsatzbemessung – Manipulation – Auswirkungen

Freitag, den 21.11.2008,  ab 19:00 Uhr
Dietrich-­Keuning­-Haus, Leopoldstr. 50-­58, Raum 227/228
(U­-Bahn­ Haltestelle Leopoldstraße)


Mit Prof. Rainer Roth, Sozialwissenschaftler, Frankfurt
Langjähriger (Mit-)Herausgeber des “Leitfaden Alg II / Sozialhilfe von A – Z”
u.a. Verfasser von “Nebensache Mensch -  Arbeitslosigkeit in Deutschland”

Eintritt frei

Zur Veranstaltung haben wir als Referenten einen Experten gewinnen können:
Rainer Roth, im Februar emeritierter Professor an der FH Frankfurt für Sozialarbeit, mit allen Haken und Ösen der Regelsatzberechnungen vertraut, durch seine Armutsforschung sowie sein soziales Engagement bekannt. Der bis Oktober 2006 von ihm langjährig – zuletzt zusammen mit Harald Thomé von Tacheles e.V. - herausgegebene “Leitfaden Alg II / Sozialhilfe von A – Z” wurde nicht umsonst vom ehemaligen Superminister Wolfgang Clement in dessen  berüchtigter “Parasiten”-Broschüre als “Anleitung zum Betrug” verleumdet.

Das Flugblatt zum ausdrucken und verteilen im pdf-Format

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