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Trostpflaster, doch hilfreich: das Dortmunder Sozialticket

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Inzwischen sind bereits recht viele Dortmunder mit dem verbilligten Sozialticket auf Bus und Bahn innerhalb der Stadt unterwegs. Im März sind weitere 6.700 Ticketinhaber/-innen hinzu­gekommen (WR v. 28.2.), so daß die Gesamtzahl bereits über 10.000 Menschen beträgt.

Das seit Jahresbeginn geltende Angebot der Stadt Dortmund für einkommensschwache Haushalte dieser Stadt ist leider nicht ganz das, was wir wollten: Ein Sozialticket zum Preis von 15 € monatlich ist aus unserer Sicht immer noch 15 € zu teuer, die Gestaltung in Form eines Jahresabos zudem zu starr. Dennoch bedeutet das neue Angebot für einen großen Teil der betroffenen Haushalte eine echte Entlastung – sowie einen Zugewinn an Möglich­keiten, am allgemeinen gesellschaftlichen Leben in dieser Stadt teilzuhaben.

Im Vergleich zu anderen Städten nimmt Dortmund mit dem 15 €-Ticket einen Spitzenplatz ein. Eine Heldentat des Rats der Stadt Dortmund ist die Einführung des Sozialtickets gleich­wohl nicht, und schon gar kein “sozialpolitischer Meilenstein”, wie der DGB-Vorsitzende Eberhard Weber und der örtliche SPD-Fraktionsvorsitzende Ernst Prüsse meinen. Dazu kam die Maßnahme viel zu spät (wir drängten schon seit Jahren darauf), und sie bleibt halbher­zig, weil sie die durch Hartz IV und Niedriglöhne verursachte Not vieler Menschen in ihrem Ausmaß nicht wirklich aufnimmt.

Man kann es nicht häufig genug betonen: Die 14,11 Euro, die dem Alg II-Empfänger oder dem Empfänger von Grundsicherung nach SGB XII im Rahmen seines Regelsatz-Waren­korbes monatlich für “fremde Verkehrsleistungen” zugestanden werden, sollen nach Auf­fassung der Bundesregierung für sämtliche Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln langen, also neben den Fahrten innerhalb der Stadt auch für Fahrten im Regional- oder Fernverkehr. Schöpfen die örtlichen Verkehrsbetriebe diesen Satz bereits vollständig ab, dann sitzt nicht einmal ein schlichtes Zusatzticket mehr drin, es sei denn zulasten einer der anderen - durchweg ebenfalls viel zu niedrig angesetzten - Bedarfspositionen des Regelsatzes.

Natürlich sind die 14,11 € ein makabrer Scherz, und natürlich kann es auch nicht Aufgabe der Städte und Gemeinden sein, sämtliche Löcher in den Leistungssystemen zu stopfen, die durch die sog. Sozialreformen der Bundesregierungen aufgerissen wurden – allen vorweg durch das von Rot-Grün zu verantwortende Hartz IV-Gesetz. Und dennoch sei die Frage an die Damen und Herren Ratsvertreter von SPD und Grünen sowie von CDU und FDP/Bürger-liste erlaubt: Haben Langzeitarbeitslose etwa kein Recht, mal einen Kollegen in Watten­scheid, ein Museum in Essen oder die Angehörigen in Stuttgart (oder wo auch immer) zu besuchen? Von Urlaub ganz zu schweigen – der sitzt ohnehin nicht drin.

Das Wort vom “sozialpolitischen Meilenstein” muß den Betroffenen bei solch prekären materiellen Verhältnissen – und der damit verbundenen Einschränkungen in Mobilität und Teilhabe – wie Hohn in den Ohren klingen.

Und lassen wir uns nichts vormachen: Ohne den beharr­lichen Druck von außen (des Sozialforums, des von uns initiierten Aktionsbündnisses “Sozialticket zum Nulltarif” so­wie weiterer Bürger und Organisationen), ohne die ständige Thematisierung der unzureichenden Mobilität und der seit Hartz IV rapide gewachsenen Armut in dieser Stadt hätte es auch dieses 15 €-Ticket nicht gegeben.

In den Jahren zuvor waren alle Anträge von Linkem Bündnis und PDS auf Einführung eines Sozialtickets vom Rat der Stadt Dortmund noch ersatzlos abgelehnt worden. Inzwi­schen jedoch sitzt den Parteien der rot-grünen Rathaus­koalition offenbar die Angst im Nacken, bei den kommenden Kommunalwahlen unter Umständen erhebliche Stimm­verluste einzufahren.

Wenn schon kein Nulltarif, dann verlangen wir als Ergänzung zum Sozialticket vergünstigte Einzeltickets (wie in Köln), um die Wahlmöglichkeiten für die Betroffenen zu verbessern. Auch die Abgabe des Sozialtickets in Form eines Jahresabos darf nicht der Weisheit letzter Schluß sein: Wieso soll der/die Einzelne nicht monatsweise, ent­sprechend seinen/ihren jeweiligen Plänen und Bedürfnis­sen, zwischen der Nutzung des Sozialtickets oder der Nut­zung von (vergünstigten) Einzeltickets entscheiden können? Der Zusatzaufwand für die Verkehrsbetriebe wäre gering.

Erwartungsgemäß hat sich die rot-grüne Rathauskoalition auch den übrigen konkreten Anregungen aus unserem Offenen Brief vom 3.12.07 an die Ratsfraktionen nicht an­schließen mögen. Außer einem unverbindlichen Auftrag an die Verwaltung, eine Ausweitung des Berechtigtenkreises zu prüfen, ist nichts dabei herausgekommen.

An den Konditionen des Dortmund-Passes, und damit auch den Zugangsvoraussetzungen zum Sozialticket, ändert sich damit (zumindest vorläufig) erst mal nichts. Das bedeutet: Menschen, die – sei es aus Scham oder Unwissenheit, sei es, um sich nicht der oft schikanösen und erniedrigenden Behandlung durch die ARGE auszusetzen – auf einen (Rest-) Anspruch auf Alg II oder Grundsicherung verzichten, gehen auch beim Dortmunder Sozialticket leer aus.

Gekniffen auch die Leute mit Kinderzuschlag (nach Kinder­geldgesetz) sowie diejenigen, die mit ihren Einkünften und/oder Rücklagen knapp über den offiziellen Bedürftig­keitsgrenzen liegen, nach normalen Standards aber gleich­falls als arm gelten müssen.

Wir meinen: Das Sozialticket muß zumindest auch allen Ge­ringverdienern, Rentnern und sonstigen Leistungsbeziehern gewährt werden, deren laufende Einnahmen sich innerhalb oder nur geringfügig über den Regelsätzen nach SGB II/
SGB XII bewegen. Die derzeitige Regelung bedeutet – auch mit Blick auf die unterschiedliche Behandlung bei Rundfunkgebühren etc. – eine eindeutige Ungleich­behandlung. Es gilt, in dieser Frage nicht locker zu lassen und die rot-grüne Rathauskoalition mit Nachdruck an den o.g. Prüfauftrag zu erinnern.

Das alles ändert aber selbstverständlich nichts an der grundsätzlichen Entwicklung, daß immer mehr Menschen unverdient in Armut geraten und die Schere zwischen Reich und Arm in dieser Republik immer weiter auseinanderklafft. Hier liegt der eigentliche Skandal – Hartz IV und Niedrig­lohn-Politik lassen herzlich grüßen! Selbst über die sog. Beschäftigungsprogramme wird systematisch Druck auf Löhne und Beschäftigte ausgeübt.

Die Folgen der Agenda-2010-Politik lassen sich auf örtlicher Ebene allenfalls abmildern. Um so wichtiger ist es, der Forderung nach Einführung eines Mindestlohns von 10 Euro/Std. sowie einer Regelsatzanhebung bei Alg II, Grundsicherung und Sozialhilfe auf mindestens 500 € noch mehr Gehör zu verschaffen.

 

Was ist das Sozialticket und wer bekommt es?


Das Sozialticket berechtigt zur beliebig häufigen Nutzung von Bus und Bahn innerhalb Dortmunds und kostet monatlich 15 €.

Das Sozialticket kann von allen Leistungsbeziehern nach SGB II (also Hartz IV), SGB XII (Grund­sicherung bzw. Sozialhilfe) und Asylbewerberleistungsgesetz beantragt werden.

Antragstellung
Zuständige Stelle ist das städtische Sozialamt in der Luisenstr. 11-13. Hier werden die Anträge bearbeitet. Abgegeben werden können Anträge aber auch in den städtischen Sozial-/Seniorenbüros in den Vororten oder im Jobcenter der ARGE. Antragsformulare gibt es überall dort, ferner im Arbeitslosenzentrum oder als Download im Internet unter www.sozialticket.dortmund.de

Die Vorlaufzeit für die Bearbeitung des Antrags beträgt ungefähr einen Kalendermonat. Wer beispielsweise das Sozialticket ab Mai 2008 nutzen will, muß den vollständigen Antrag spätestens am 4. April (Postein­gangsstempel!) eingereicht haben. Die Zustellung des Tickets erfolgt in der Regel per Post.
 
Wie wird das Sozialticket bezahlt?
Das Sozialticket gibt es nur in Form eines Jahresabos. Der Monatsbeitrag von 15 € wird zu Beginn jeden Monats vom Konto abgebucht. Für Menschen, die kein Bankkonto besitzen, ist auch eine Barzahlung möglich (Näheres hierzu s. unter www.sozialticket.dortmund.de)
 
Was geht mit dem Sozialticket und was nicht?
Der Leistungsumfang (und auch das Aussehen des Tickets) entspricht einem normalen VRR-Ticket 1000, Preisstufe A. Das Ticket ist grund­sätzlich personengebunden (also nicht übertragbar) und gilt nur für das Stadtgebiet Dortmund (inkl. DB-Verkehrsmittel).

Anders als beim Ticket 2000 gilt: Für Fahrten über die Stadtgrenzen hinaus ist generell ein Zusatzticket pro Fahrt und Person zu lösen. Gleiches gilt für die Mitnahme von Fahrrädern (auch innerhalb der Stadt).

Zu bestimmten verkehrsarmen Zeiten (werktags ab 19 Uhr, an Wochen­enden und Feiertagen ganztägig) erlaubt das Ticket die kostenlose Mitnahme von weiteren Personen, nämlich eines Erwachsenen plus bis zu drei Kindern unter 15 Jahren (aber nur bei Fahrten innerhalb der Stadt­grenzen).

Bevor für sämtliche Haushaltsmit­glieder der Bedarfsgemeinschaft Sozialtickets beantragt werden, sollte genau überlegt werden, ob sich mit der genannten Mitnahmemöglichkeit nicht Geld sparen läßt. Denn schließ­lich bedeutet ja jedes zusätzliche Sozialticket 15 € im Monat mehr.

Weitergehender Tipp
Am besten zusammen mit dem Sozialticket gleich den sogenannten DORTMUNG-PASS beantragen! Er ermöglicht Eintrittsermäßigungen bei Hallenbädern und diversen städt. Kultur- und Freizeiteinrichtungen. Der Eintritt in Westfalenpark und Zoo ist damit sogar umsonst.

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