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WR Dortmund 10.02.2004

Bericht über die SoFoDo-Veranstaltung "Anhörung zur sozialen Lage in Dortmund" am 09.02.04

[ aus: Westfälische Rundschau Lokalausgabe Dortmund 10.02.2004 ]

Einschnitte: Forum beklagt soziale Kälte

Arbeitslosigkeit und Armut steigen, die Verschuldung nimmt zu. Es gibt mehr Obdachlose und hungernde Menschen im eigentlich reichen Deutschland. Dieses Resultat, dass das Dortmunder Sozialforum ermittelt hat, überrascht nicht. Doch abfinden dürfe sich damit niemand, appellierte das Forum.

Im Wichernhaus fand die Anhörung zur sozialen Lage in Dortmund statt. Mehr als 100 Interessierte waren gekommen, um die Einschätzung von sieben Einrichtungen und Vereinen zu hören, aber auch selbst ihre Meinung einzubringen. Im Mittelpunkt standen die Folgen der Agenda 2010 und die beabsichtigten Kürzungen auf Landesebene. Ursula Schulze von der Suppenküche Kana fasste ihre Erfahrungen zusammen: "Unser Wirtschaftssystem geht über Leichen!" Denn immer mehr Leute sind auf die Mahlzeiten der Küche angewiesen.

Ähnliches kann Alessandra Alberti vom Verein für internationale Freundschaft bereichten, der sich vor allem um ältere Migranten kümmert. "Viele von ihnen sind verzweifelt", so Alberti. Alleine die zehn Euro Arztgebühr könnten sie sich nicht leisten. Die Konsequenz: "Sie gehen nicht mehr zum Arzt." Im Saal seien die "die Opfer" der Sparpläne zu sehen: Jugendarbeit, Kindertagesstätten, Arbeitslosenzentrum und Altenarbeit. Niemand komme ungeschoren davon, beklagten die Diskutanten. Ihre Beispiele illustrierten: die sozialen Sicherungssysteme, die bislang Elend verhindert hätten, drohten nun zusammenzubrechen.

Dass Arbeitslosigkeit in Zukunft gleichbedeutend mit Armut ist, machte Gisela Tripp vom Arbeitslosenzentrum deutlich. Über 52 000 Arbeitslose - die zweithöchste Quote in NRW - gibt es in Dortmund, knapp die Hälfte von ihnen ist länger als ein Jahr arbeitslos. Mit Agenda 2010 und Hartz drohe nun der soziale Absturz. "Wir merken es tagtäglich", berichtete Tripp, "die Nachfrage nach Beratung und Hilfe wird größer. Wir können kaum nachkommen." Ganz im Gegensatz zum steigenden Bedarf ist die Zukunft des Arbeitslosenzentrums nur noch für ein Jahr gesichert. Das geht den anderen Initiativen nicht anders: Die Beratungsarbeit werde immer mehr, die Mittel dafür aber würden gestrichen.

Der Stadt Dortmund warf Heiko Holtgrave im Namen des Sozialforums vor, "über das absehbare Fiasko bisher kein Wort verloren zu haben". Die sich in Dortmund ausbreitende Armut und die damit vielfach einhergehende soziale Ausgrenzung werde kleingeredet. "Das wollen wir nicht, ganz im Gegenteil wollen wir sie öffentlich machen." Das Sozialforum sehe einen "dringenden Bedarf" an der Aufstellung eines Armuts- und Reichtumsberichtes. Daraus müsse die Stadt dann Konsequenzen ziehen.

Von Alexander Völkel

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